Warum sprechen Niedersachsen kaum Dialekt?

10 Antworten

Ich kann nur aus den vorigen Generationen berichten, dass die Eltern zu Hochdeutsch übergingen, sobald die Kinder eingeschult wurden. Dort durfte nur Hochdeutsch geredet werden.

Plattdeutsch ist derart weit vom Hochdeutschen entfernt, dass ich von einer Lehrerin (vor 40 Jahren) gehört habe, sie habe die Platt sprechenden Bauernkinder in der Eingangsklasse nicht verstanden und musste sich das, was sie sagten, übersetzen lassen :-))

Ich selbst bin in quasi "zweisprachigem" Umfeld groß geworden, mit Hochdeutsch erzogen, wobei aber Platt im Alltag so häufig zu hören war, dass ich es bis heute mühelos verstehe (aber nur mühsam spreche).

Im Münsterland, wo ich wohne, stirbt das Plattdeutsch langsam aus. Auch die Bauern mischen immer mehr Hochdeutsch in ihr Platt, ohne das zu merken. Erst auf Heimatabenden, in denen noch einige sehr gute Sprecher zu ort kommen, merkt man, wie viel schon verloren ist.

Der Fragesteller fragt nach dem Grund. Ich denke, es war immer eine Prestigefrage. Platt galt als Sprache der "dummen Bauern", das daher bei jedem Kontakt mit Hochdeutschsprachigen gleich aufgegeben wurde. So lernte natürlich kein Hochdeutscher Platt.

Wie der heutige Deutsche sein Deutsch im Kontakt mit Ausländern gleich zugunsten des Englischen aufgibt (wenn beide es denn können). Man muss befürchten, dass Deutsch auf Dauer das Schicksal des Plattdeutschen teilt, wenn Englisch hier immer mehr Bildungs- und Prestigesprache wird.

Plattdeutsch ist kein Dialekt, sondern eine eigenständige Sprache, irgendwo in der Mitte zwischen Deutsch, Holländisch und Englisch. Die Generation meiner Groß- und Urgroßeltern hat Hochdeutsch häufig erst in der Schule gelernt, und dann eben akzentfrei. Auch meine Eltern wuchsen noch zweisprachig auf. Untereinander und mit Nachbarn, Verwandten etc. unterhielten sie sich auf Platt, mit mir aber sprachen sie meist Hochdeutsch. Daher verstehe ich zwar noch Platt (zumindest die regionalen Dialekte, denn auch innerhalb des Plattdeutschen gibt es viele Dialekte), aber ich spreche die Sprache leider nicht. Und so wird es vielen Menschen in Norddeutschland ergangen sein.

Niedersachsen spricht ein sauberes gutes Deutsch. Das beste in diesem Land. Lieber das Deutsch der Niedersachsen als das "Deutsch" dieser Menschen in Bayern.. wenn man das noch als Deutsch bezeichnen kann

Die Situation in Norddeutschland ist eben eine andere als im Süden.

Im Süden spricht man diverse hochdeutsche Dialekte, die dem Standard­deutschen (das ja ebenfalls in die hochdeutsche Gruppe gehört) sehr ähneln. Die Unterschiede zwischen dem muttersrachlichen Dialekt und der hoch­deutschen Standardsprache sind so gering, daß die Sprecher keine neue Sprache zu lernen brauchen, sondern eben in Diglossie leben. Zwischen den bei­den zu wechseln braucht kein richtiges code-switching wie bei erschiedenen Sprachen, sondern wird mit demselben Mechanismus bewältigt, mit dem man auch zwischen verschiedenen Stilebenen wechselt.

Im Norden, denn die niederdeutschen Sprachen sind eben nicht mehr hoch­deutsch, und man braucht echte Zweisprachigkeit, um beides zu beherrschen. Der Auf­wand ist also wesent­lich höher, und deshalb sterben die niederdeutschen Dialekte aus.

Im Mittelalter lag die Grenze zwischen Hoch- und Niederdeutsch noch knapp nörd­lich von Köln, mittlerweile ist sie praktisch an Nord- und Ostsee angekommen. Hoch­deutsch im Norden ist also ein recht junges Phänomen, und daher haben sich noch keine lokalen Dialekt­varian­ten entwickelt — deshalb klingt das Deutsch im Norden eigent­lich überall sehr ähnlich, außer im kulturellen Schmelztiegel Berlin.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
Neckarjunge 
Fragesteller
 08.04.2018, 02:21

Wenn Niederdeutsch so viel anders ist, sind wir dann historisch zwei Völker, die zusammengewachsen sind?

Berlin hingegen hat doch einen typischen Dialekt, den jeder kennt.

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Veldrin  14.09.2018, 09:36

Strenggenommen ist Standarddeutsch (Hochdeutsch) eine Mischung aus Ost-Mitteldeutsch und Oberdeutsch PLUS einer gemäßigten norddeutschen Aussprache (bzw. das was Norddeutsche für richtig hielten) So ungefähr.

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Plattdeutsch / Niederdeutsch ist eine Sprache ;-)

Die ist regional aber sehr unterschiedlich und hat kaum noch aktive Sprecher.Die Schulen in NDS bieten das und Saterfriesisch als Unterrichtsfach an.

Der Norddeutsche kann i.d.R. heraushören , aus welcher Region ein anderer Norddeutscher kommt.

Dazu muß der andere nicht einmal platt sprechen.

Die Hamburger Region hat z.B. sprachliche Besonderheiten in NDS gibt es da auch einige .