War der Holmgang der Wikinger ein Vorläufer des mittelalterlichen Gottesurteiles?
Frage an alle Mittelalterfreude und Historiker unter euch:
Zur Zeit der Vikinger bis ca. 1000n.C war es bei einigen Völkern Brauch, das bei unlösbaren Streitereien zum Holmgang gerufen wurde. Es wurde ohne Rüstung mit Blackwaffen gegeneinander gekämpft, bis zum ersten Blute, oder bis eine Partei aufgibt. Schild und Schwert/Axt waren die traditionellen Waffen des ursprünglichen Holmgangs nach der Überlieferung der Wikinger.
Dieser Brauch verlor mit der zunehmenden Christianisierung allerdings an Bedeutung. So wurde der Holmgang einst von der Kirche als Heidentum gebranntmarkt und letztendlich verboten.
Im Mittelalter gab es einen ähnlichen Brauch, das Gottesurteil. Wenn vor Gericht kein eindeutiges Urteil gefällt werden konnte, so wurde nach einem Gottesurteil verlangt. Beide Parteien traten ähnlich wie bei dem Holmgang ohne Rüstung gegeneinander an. Auch hier wurde bis zum ersten Blut bzw. bis zur Aufgabe einer Partei gekämpft.
Dieser Brauch fand selbst noch im 15. Jahrhundert Anwendung. Hier zulande benutzete man allerdings als traditionelle Waffe das Bastard oder Lange Schwert. Das Motto war, es wird den Schuldigen schon treffen, da der Unschuldige Gott auf seiner Seite hatte. Der Verlierer war demach schuldig und musste weiterhin mit einer Verurteilung durch das Gericht rechnen.
Wenn man das mittelalterliche Gottesurteil mit dem ursprünglichem Holmgang vergleicht, so stellt man einige Gemeinsamkeiten in den Regeln fest, wie der Holmgang oder das Gottesurteil zu verlaufen hatte, und auch wann dieser Brauchtum nach damaligem Rechtsverständnis zu Anwendung kommen sollte.
Ich habe daher die Theorie das beide Bräuche ursprünglich mit einander zu tun haben. Und das diese Tradition trotz Christianisierung übernommen und daher selbst noch im Spätmittelalter Anwendung fand. Mit dem Unterschied das die Kirche diese Gottesurteile teilweise unterstützte. Immerhin war es ja angeblich Gottes Wille, während der ursprünglichen Holmgang als Heidenbrauchtum verboten wurde.
Was haltet ihr von dieser Theorie das der Holmgang trotz Verbot durch die Kirche übernommen wurde und als Gottesurteil im Mittelalter weiterhin Anwendung fand? Oder hatten der Holmgang und das mittelalterliche Gottesurteil zwei unterschiedliche Ursprünge?
3 Antworten
Im Grunde stimmt das, ja. Steht sogar bei Wikipedia:
"Der Ursprung des ritterlichen Gerichtskampfes liegt im Holmgang"
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerichtskampf#Urspr%C3%BCnge_und_Allgemeines
Allerdings scheint es so zu sein, dass im christilichen Raum auf harmlosere Varianten des Gottesturteils zurückgegriffen wurde. Etwa, indem die Kontrahenten die Arme so lange ausgebreitet vom Körper hielten, bis sie dem Ersten nachgaben.
Der Normalfall war der Zweikampf als Gottesurteil also in christlicher Zeit nicht mehr, zumal Gottesurteile ganz allgemein ab dem 13. Jahrhundert verboten wurden und verschwanden.
Beste Grüße!
Naja, Maenner halt... der eine nennt es so, der andere so, aber am Ende wollen sie immer beweisen wer den groesseren hat...
Nun hier ging es mehr um Gerichtsbarkeit. Im Mittelalter traten selbst Frauen zum Gottesurteil gegen Männer an. Allerdings musste der Mann bis zur Hüfte in einem Loch stehen, weil es früher hieß, eine Frau sei nur ein halber Mann. Mittelalterliche Manuskripte belegen diese Tatsache, auch wenn es aus heutiger Sicht skurril erscheinen mag.
Der Begriff Holmgang dürfte in diesem Zusammenhang ahistorisch sein. Selbst wenn die die nordischen und kontinentalen Ordalien ihren Ursprung im Altertum haben, spricht man besser vom "germanischen Zweikampf". Dass die Germanen um Christi Geburt Rechtsstreitigkeiten mit der Waffe austrugen wissen wir von Tacitus. Er verweist bereits auf den orakelhaften Aspekt, der für ein echtes Ordal zwingend erforderlich ist. Für die Zeit danach haben wir für einen relativ großen Zeitraum nur ganz vereinzelt Belege für germanische Ordalien. Viele sind legendarisch und nur ein Bruchteil davon bezieht sich auf Kampfordalien. So weit zu den Ordalien auf dem Kontinent.
Ob ein altgermanisches Kampfordal bei den Nordgermanen existiert hat, oder ob es erst mit der Christianisierung in den Norden gelangte, ist wegen der sehr schlechten Quellenlage nur schwer zu sagen. Das gleiche gilt auch für die anderen Ordalsformen, etwa für die Kaltwasserprobe, die nordischen Opferbräuchen des 11. Jhd. ähnelt. Es könnte sein, dass die Kaltwasserprobe ein alter umgedeuteter Opferbrauch war, oder aber, dass die Nordgermanen ihre Opfergebräuche quasi der Kaltwasserprobe angeglichen haben. Vielleicht besteht auch gar kein Zusammenhang. Gegen die Annahme, dass es ein vorchristliches Kampfordal in Nordeuropa gab spricht, dass die Islandsagas in Zweikämpfen kein Ordal sehen. Dem steht entgegen, dass die Ordalien bei den noch nicht lange christianisierten Völkern offenbar als etwas Heidnisches aufgefasst wurde - das würde das frühe Verbot im Norden bald nach 1000 erklären, sowie den Umstand, dass Ordalien im normannischen England nicht am Sonntag und Freitag durchgeführt werden durften. Das könnte für ein höheres Alter der Bräuche sprechen. So einfach ist es aber dann vielleicht doch nicht. Die Gesetze die den Zweikampf in Island verbieten, verbieten auch die Eisenprobe. Diese ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit christlichen Ursprungs.
Die erste vernünftige Antwort zu meiner Frage.👍 Vielen Dank.