Urlaubsanspruch nach Kündigung?

1 Antwort

da ich ja nicht das seit 1.1.22 als normaler Arbeitnehmer, sondern bis Ende Januar als Auszubildender gearbeitet habe

Das spielt keine Rolle: Entscheidend ist, wie lange Du insgesamt bei diesem Arbeitgeber beschäftigt bist, dabei wird die Zeit der Ausbildung mit berücksichtigt.

Im Internet habe ich bisher herausgefunden, dass ich den vollen Urlaubsanspruch hätte wenn ich nach dem 30. Juni ausscheide.

Das ist richtig, wenn das Beschäftigungsverhältnis dann mehr als 6 Monate bestanden hat - und das ist bei Dir der Fall.

Das ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 4 "Wartezeit" in Verbindung mit § 5 "Teilurlaub" Abs. 1 (Ausschluss der Bedingungen nach den Buchstaben a - c, die formulieren, wann nur ein zeitanteiliger Anspruch auf den Urlaub besteht, was für Dich also nicht zutrifft).

Diese Regelung betrifft zunächst einmal nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch. Da Du mit 30 Tagen aber mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen (entsprechend einer 6-Tage-Woche, oder 20 Arbeitstagen entsprechend einer 5-Tage-Woche, 16 Arbeitstagen entsprechend einer 4-Tage-Woche usw.) hast, kommt es für diesen Fall darauf an, ob dazu etwas - und wenn ja: was? - einzel- oder tarifvertraglich vereinbart wurde oder ob es eine Unterscheidung zwischen gesetzlichem und zusätzlich gewährtem Urlaub gibt (z.B. "Der Arbeitnehmer erhält neben dem gesetzlichen Urlaub von ... Tagen einen weiteren Urlaub von .... Tagen."). Ohne eine entsprechende Vereinbarung oder differenzierende Vertragsformulierung hast Du auch Anspruch auf den zusätzlich gewährten Urlaub, also auf alle 30 Tage.

Wenn es aber - da zusätzlicher Urlaub über den gesetzlichen hinaus gewährt wurde - eine Vereinbarung zu einer zeitanteiligen Berechnung ("Zwölftelung") oder eine vertragliche Unterscheidung zwischen gesetzlichem und zusätzlichen gewährtem Urlaub gibt, dann darf zwar der Anspruch auf 1/12 für jeden vollen Beschäftigungsmonat reduziert, der gesetzliche Urlaubsanspruch von 24 Werktagen (6-Tage-Woche) bzw. 20 Arbeitstagen (5-Tage-Woche) aber nicht unterschritten werden, der auf jeden Fall erhalten bleibt.

Wenn du Dein Arbeitsverhältnis beendest und Du einen Dir noch zustehenden Urlaub ganz oder teilweise nicht mehr nehmen kannst (aus wirklich dringenden betrieblichen oder persönlichen - z.B. Erkrankung - Gründen), muss er Dir ausgezahlt werden (BUrlG § 7 "Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs" Abs. 4).

Nimmst Du den Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub wahr, hast Du allerdings keinen Anspruch mehr in diesem Kalenderjahr bei einem neuen Arbeitgber - es sei denn, einen zeitanteiligen auf einen zusätzlichen Urlaubsteil, wenn der neue Arbeitgeber Dir noch mehr Urlaub gewährt (was wohl eher unwahrscheinlich ist).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Beruf/Ehrenamt, lange private Beschäftigung mit Arbeitsrecht