Unterschied Kommunismus chinesischer Prägung und sowjetischer Prägung?

4 Antworten

In beiden Fällen kann man weder von Kommunismus, also einer klassen- und staatenlosen Gesellschaft, sprechen noch von Sozialismus im leninistischen Sinn, also einer Übergangsgesellschaft zum Kommunismus unter der Kontrolle der Arbeiterklasse.

Sowohl in der Sowjetunion als auch in China entstanden stalinistische Systeme, die zwar auf gesellschaftlichem Eigentum und Planwirtschaft beruhten, in denen aber die Entscheidungsgewalt nicht bei den arbeitenden Massen, sondern bei einer undemokratischen Parteibürokratie mit einer zentralen Führungsfigur lag. Während die Rätedemokratie der Oktoberrevolution von der sowjetischen Bürokratie abgeschafft wurde, hat sie in China gar nicht erst existiert.

Mao bezog sich in vielen Punkten direkt auf Stalin als Vorbild, passte seine Ideen aber an die Verhältnisse in China an. Wo Stalin den Schwerpunkt auf Industrialisierung und die zentralen bürokratischen Apparate legte, fokussierte Mao sich auf die ländliche Entwicklung und Massenbeteiligung. Letzteres wird z.B. deutlich am Konzept der "Massenlinie", das sicherstellen sollte, dass Parteikader im Sinne der Bevölkerung handeln, und an der Kulturrevolution, in der Mao die gärende Unzufriedenheit in der Bevölkerung auf unliebsame Elemente in und außerhalb der Partei lenkte.

Ein weiterer Unterschied ist die völlig unmarxistische sowjetische Lehre vom "Sozialismus in einem Land", der Mao die Unterstützung von revolutionären Bewegungen in der dritten Welt entgegenstellte. Die ideologischen Gegensätze zwischen China und der Sowjetunion waren ein Grund für den Bruch zwischen ihnen, entscheidend ist aber, dass die jeweiligen Bürokratencliquen ihre eigennützigen, nationalen Interessen über die Sache des internationalen Sozialismus stellten.

In China setzte die Restauration des Kapitalismus durch Privatisierung und Öffnung der Märkte bereits kurz nach Maos Tod ein, in der Sowjetunion erst mit ihrer Auflösung. In China ist die gleiche stalinistische Bürokratie noch heute an der Macht, in Russland und den übrigen ehemaligen Sowjetrepublikem bestehen zumindest erhebliche Kontinuitäten zwischen der alten Bürokratie und der neuen Kapitalisten- und Oligarchenklasse.

Der Chinesische Kommunismus hat sich dem westlichen Markt geöffnet und westliche Technik und Wirtschaft abgekupfert. Die SU hat das nicht gemacht.

Chromat66  11.03.2023, 19:40

Unter Mao war das nicht so.

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UbuRoi  11.03.2023, 19:45
@Chromat66

Ja, um 1960 lag China so am Boden, dass Kannibalismus aufgetreten ist.

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Der "chinesische Kommunismus" ist lernfähiger als der sowjetische. China hat sich längst von allen kommunistischen Träumereien verabschiedet und hält nur noch formal an dem Begriff fest, um die offizielle Version der eigenen Geschichte nicht zu schädigen.

Tatsächlich wird das heutige Wirtschaftssystem der VR China im Englischen als "socialist market economy" bezeichnet. Das Hauptmerkmal sind starke Staatsunternehmen, denen ein wachsender und zunehmend effizienter Privatsektor gegenübersteht. Sogar ausländische Unternehmen aus der Welt der "bösen Kapitalisten" dürfen sich im heutigen China breitmachen, gern in Form von Joint-Ventures.

China war zu keinem Zeitpunkt "kommunistisch", auch nicht unter Mao. Zu der Zeit, als die "Volksrepublik China" proklamiert wurde, war das Land extrem unterentwickelt und weniger industrialisiert als das Russische Zarenreich am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Die Bevölkerung bestand nahezu ausschließlich aus lese- und schreibunkundigen Bauern. Das Land erfüllte im Jahre 1949 überhaupt nicht die Bedingungen, die Marx und Engels für den Kommunismus formuliert haben.

Es gibt und gab noch nie einen Kommunismus in irgend einem Land auf der Welt. Der Kommunismus kann nicht funktionieren da er das Ego des Menschen missachtet.