Psychiatrie gefährlich?

14 Antworten

Lebst du noch im Mittelalter? Natürlich wird man dort nicht in Ketten gelegt und Gummizellen gibt es vereinzelt zwar noch, sehen aber viel moderner und patientenfreundlicher aus. Gefährlich ist es auch nicht, oft sind verhaltensauffällige und aggressive Patienten mit ihren Betreuern unterwegs.

Zu den Medikamenten: Oft ist es tatsächlich so, dass medikamentöse Therapien anderen alternativen Therapien vorgezogen werden, da hierfür die Kosten und der Aufwand der Behandlung am geringsten sind. Hab 6 Wochen in einer Psychiatrie ein Praktikum absolviert.

stimmt es eigentlich, dass eine Psychiatrie sehr gefährlich ist ?

Als Mitarbeiter kommt es auf die Station drauf an, aber grundsätzlich nein.

Also so wie in Psychofilmen ?

Nope, eher wie nen großes Krankenhaus oder auch betreutes Wohnen.

Wird man dort in Ketten gefesselt und in einer Gummizelle eingesperrt ?

Nur mit richterlichen Beschluss, aber mit Ketten schon gar nicht. Personen werden (mit Beschluss), wenn sie eine Gefahr für sich selbst oder anderen sind meistens akut an ein Bett mit Gurten fixiert. Diese tuen normalerweise aber auch nicht weh. Es gibt verschiedene Fixierungsarten. Bei uns wurden 2 bis 11 Punkt angewandt.

Die Unterbringung in eine Gummizelle ist auch nur temporär.

Wird man Medikamenten vollgepumpt ?

Eine medikamentöse Einstellung ist in 98% der Fälle von Nöten, allerdings ist diese dafür da, den Menschen zu helfen und nicht diese ruhigzustellen oder sie vollzupumpen.

Quelle: Habe 1 Jahr in einer Psychiatrie gearbeitet.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Qimpsotmarpf  15.08.2021, 16:16

Die Ruhigstellung ist eine traurige Tatsache. Ich habe sehr viel davon mitbekommen, weil wir eine gute Freundin aus den Fängen der Psychatrie befreit haben. Die Ruhigstellung findet zumeist dann statt, wenn die Leute einfach weniger Arbeit und mehr Ruhe haben wollen. Meine Freundin war garnicht psychisch krank, sie war nur alkohol- und medikamentenabhängig und hatte den frühen Tod ihrer Mutter nicht verarbeitet. Welchen Sinn soll es denn machen, eine medikamentenabhängige Person zusätzlich zu sedieren, wie es bei ihr oft genug geschah? Es dauerte lange, bis wir sie mit guten Anwälten, aufwändigen Gutachten und einigen tausend gesammelten Euros aus dem Bekanntenkreis da raushauen konnten. Und warum in aller Welt haben sie die ausgerechnet an den Tagen, wenn ein Gutachter vorbeikam oft so sediert, dass dieser seine Arbeit nicht machen konnte?

Die Ruhigstellung erfolgt übrigens nicht nur in der Psychatrie. Das geschieht auch in normalen Altersheimen. Das habe ich immer dann festgestellt, wenn ich meine Großmutter unangemeldet besucht habe. Sie war regelmäßig so heftig medikamentös ruhiggestellt, dass sie kaum ansprechbar war. Als ich nachfragte hat mich die Pflegerin sogar angeschrien, was ich mir einbilden würde, einfach unangemeldet zu kommen. Ich hätte mich gefälligst einen Tag vorher anzukündigen, damit sie sie wach werden lassen. Aber wozu gibt es dann allgemeine Besuchszeiten? Meine Großmutter war nur altersschwach, leicht dement und benötigte eine Erwachsenenwindel. Es gab absolut keinen Grund für so eine Betäubung. Später fanden wir heraus, dass sie sie stundenlang in der vollen Windel liegen gelassen haben. Die Sedierung erfolgte nur, weil sie sich öfter darüber beschwert hat.

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jonas129  15.08.2021, 18:07
@Qimpsotmarpf

Tut mir sehr leid von solchen Fällen zu hören, allerdings kann ich mit reinem Gewissen sagen, dass das nicht meinen Erfahrungen in einer Psychiatrie entspricht.

Wenn wir gemerkt haben, dass eine Person die Medikamente nicht verträgt oder zu abgeschossen ist, werden sie sofort abgesetzt und der Arzt für eine neue Einstellung hinzugezogen.

Es wurden bei uns sowieso eig kaum Sedativa eingesetzt.

Meine Freundin war garnicht psychisch krank, sie war nur alkohol- und medikamentenabhängig und hatte den frühen Tod ihrer Mutter nicht verarbeitet

Ohne ihr zu nahe treten zu wollen, aber eine Abhängigkeit ist so gut wie immer eine psychische Krankheit und letzteres hört sich nunmal nach einer Depression an.

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Ich glaube, du liest/hörst/siehst zu viele dummerhaftige Bücher/Filme usw. Dort wird nicht die Realität geschildert!

Eine Psychiatrie ist ein ganz normales Krankenhaus, nur dass die Menschen nicht im Bett liegen und psychische und keine körperlichen Krankheiten haben.

Dass Menschen fixiert werden, ist die absolute Ausnahme und dient ihrem eigenen Schutz und dem Schutz anderer.

Klar, es werden Medikamente verabreicht, aber eben nur die Medikamente, die im Einzelfall sinnvoll und erforderlich sind. Auch in einem "normalen" Krankenhaus bekommen die Patienten Medikamente verordnet.

Was man von der Psychatrie halten soll, kann man am besten mit dem folgenden Versuch beschreiben:

Für ein Experiment wurden völlig gesunde Menschen angeworben. Sie wurden mehrfach von voneinander nicht bekannten und nicht informierten Psychatern untersucht und in mehreren unabhängigen Gutachten als vollständig gesund beurteilt.

Dann begann das Experiment. Mit einem falschen Befund wies man die Probanten nun in die Psychatrie ein. Bei den Befragungen und Gesprächen sagten die Probanten nun, dass sie gesund sind. In keiner einzigen Anstalt und von keinem einzigen Psychater wurde erkannt, dass die Probanten in Wahrheit gesund sind. Das Gegenteil war der Fall. Die Angabe gesund zu sein wurde ausnahnslos als "fehlende Krankheitseinsicht" betrachtet. Das völlig normale Verhalten der Probanten wurde wo es nur geht falsch verstanden und als krank fehlinterpretiert.

Das Ergebnis war niederschmetternd: Keiner der gesunden Probanten wurde in der Psychatrie als gesund erkannt, selbst als sie sich kooperativ zeigten und sich völlig normal verhielten. Dazu kam, dass es in einigen Fällen schwierig wurde die Probanten wieder aus der Psychatrie herauszubekommen. Erst nach dem Aufdecken des Experiments und dem Hinzuziehen der vorherigen unabhängigen Gutachter konnte man die übrigen Probanten aus der Psychatrie befreien.

Hugito  15.08.2021, 13:39

Wann, wo und von wem wurde dieser Versuch gemacht?

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Qimpsotmarpf  15.08.2021, 16:05
@Hugito

Das ursprüngliche Experiment in dieser Richtung wurde von David Rosenhan in den USA gemacht. Es folgten später weitere Experimente dieser Art, sogar besser vorbereitet und mit größeren Gruppen an Probanten auch in Deutschland.

Hinzuzufügen ist noch die Gegenprobe: man kündigte den Anstalten einen Versuch an, bei dem gesunde Probanden gefunden werden sollten. Im folgenden Zeitraum diagnostizierten die informierten Anstalten ca. 30% der Patienten mehr als gesund als vorher. Der Knackpunkt aber war: Den Anstalten wurden überhaupt keine gesunden Probanden geschickt.

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Hugito  15.08.2021, 20:50
@Qimpsotmarpf

Ich verstehe. Ich denke auch, dass man solche Fehler vermeiden muss.

Allerdings ist offenbar die Wissenschaftlichkeit dieser Studie umstritten. Herr Rosenhan soll z.b. selber teilgenommen haben und Suizidgedanken vorgespielt haben. Damit ist klar, dass er damit entsprechend eingestuft wurde. Rosenhan-Experiment – Wikipedia

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Nein das sind nur Gespräche mit Ärzten und Phyologen