Philosophie: Wer kennt Beispiele dafür, dass Markus Gabriel als Erkenntnistheoretiker erst zu nehmen ist?

delvo1  16.12.2020, 14:43

Woher schließt du, dass er sich "wohl eher blamiert" hat?

grtgrt 
Fragesteller
 16.12.2020, 14:53

Da seine Argumentation alles andere als logisch einwandfrei war (rein schon aus handwerklicher Sicht heraus).


1 Antwort

Immerhin unternimmt er es, erfolgreich einzudringen in ein ziemlich fest gefügtes, historisch entstandenes Lehr- und Denkgebäude. Dieses System hat seine Beschränkungen, und um wirklich Fortschritte zu machen in der Erkenntnis der Welt, muss man darin eindringen und anfangen, es als unangreifbar in Frage zu stellen.

Mir gefällt das freilich, ebenso genau das hier zu machen, aber ich bin Laie und verfüge über keinerlei anerkannte Fachkompetenz. Bei Vertretern der neuen Philosophie oder Wissenschaftskritik wie Gabriel, Nagel oder Sheldrake fällt es mir auf, wie schwierig es ist, auf diesem Gebiet in Fachkreisen etwas in Bewegung zu bringen.

Hier z.B. die Kurzbeschreibung eines Buches von Markus Gabriel bei Amazon:

"Gibt es die menschliche Freiheit? Ist unsere gesamte Lebensform nur eine Illusion? Reicht das Vorhandensein eines Gehirns, um ein geistiges Lebewesen zu sein? Von den Naturwissenschaften ausgehend hat sich in den letzten Jahren ein Neurozentrismus herausgebildet, der auf der Annahme basiert, dass Ich gleich Gehirn ist. Markus Gabriel hingegen hegt begründete Zweifel, dass wir uns auf diese Weise selbst erkennen können. Er greift das wissenschaftliche Weltbild an und lädt ein zur Selbstreflexion anhand zentraler Begriffe wie Ich, Bewusstsein oder Freiheit mit Hilfe von Kant, Schopenhauer und Nagel, aber auch Dr. Who, The Walking Dead und Fargo. Mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer gegen den Neurozentrismus stellt Markus Gabriel eine neue Verteidigung des freien Willens vor und gibt eine zeitgemäße Anleitung zum philosophischen Nachdenken über uns selbst - mit Verve, Humor und blitz-gescheiten Erkenntnissen."


grtgrt 
Fragesteller
 16.12.2020, 16:24

Gabriel macht entscheidende Fehler in seiner Argumentation (die er lang und breit - aber wenig überzeugend - darlegt z.B. im Vortrag

Existent zu sein, so definiert er, bedeute, in einem Sinnfeld aufzutreten. Sinnfelder existieren, da die Welt das Sinnfeld aller Sinnfelder sei.  

Die Welt allerdings könne in keinem Sinnfeld auftreten, da es sonst umfassender als die Welt wäre.  Naturwissenschaftler erklären ihm, dass er sich hier irrt, denn jedes Sinnfeld tritt ja – als größter Teil seiner selbst – mindestens in sich selbst auf. Gabriel will das nicht einsehen. Ihm ist zwar klar, dass man Sinnfelder nicht als Mengen sehen darf, dennoch will er eines - die Welt gesehen als Sinnfeld aller Sinnfelder - auflisten.

Beim Versuch, das zu tun, merkt er, dass das Sinnfeld sich dadurch ständig verändert, sprich: mit jedem Listeneintrag eine neue Tatsache geschaffen würde und man so mit der Auflistung nie fertig würde. [ Kein Wunder, so denke ich: Es Ist doch schließlich jedes Sinnfeld die gedankliche Welt eines Gehirns. Auflisten lässt sie sich eben so wenig, wie die Form fließenden Wassers. Das will er nicht sehen, denkt aber, die Tatsache, dass es sich nicht auflisten lasse, schließe seine Existenz aus – ein völlig aus der Luft gegriffener Gedanke. ]

Würde Gabriel sein Modell dahingehend abändern, dass er sagt "in einem Sinnfeld aufzutreten bedeutet, Teil des Sinnfeldes zu sein", bestünde keine Notwendigkeit, irgend ein Sinnfeld aufzulisten und der von ihm gesehene Grund, warum es die Welt als Ganzes nicht geben kann, würde entfallen – sein "Forschungsergebnis" sich also in Luft auflösen, woraus man erkennt, dass es ohne jeden Wert ist (!).

Schlimmer noch:

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grtgrt 
Fragesteller
 16.12.2020, 16:37
@grtgrt

... z.B. im Vortrag:

Wer Gabriels Argumente auch nur flüchtig prüft, dem wird schnell klar, warum der renommierte österreichische Hochschullehrer für Philosophie, Prof. Peter Strasser, Gabriels Sinnfeld-Ontologie als “ontologisches Larifari” eingeordnet hat. Wer denkt, Strasser hätte da zu hart geurteilt, der sollte sich einfach mal anhören

Mir scheint all das hochtrabendes Geschwätz zu sein mit wenig Sinn.

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grtgrt 
Fragesteller
 16.12.2020, 18:18
@grtgrt

Gabriels Stärke scheint mir Philosophie der Gegenwart zu sein. Über seine Argumentation die Existenz unserer Welt betreffend, kann ich nur den Kopf schütteln (weniger seines ausgefallenen Ergebnisses wegen als vielmehr seiner viel zu wenig durchdachten Argumentation wegen). Existenzphilosophie ist definitiv keine seiner Stärken. Damit hat er sich zunächst mal nur lächerlich gemacht. [ Noch viel mehr blamiert haben sich natürlich jene, die ihm das abgekauft haben. Und was genau denn nun sein sog. Neuer Realismus sein soll, weiß er wohl selbst nicht so genau. Was er dazu in unterschiedlichen Vorträgen gesagt hat, war widersprüchlich, auf jeden Fall aber allzu wenig konkret: https://www.diepresse.com/1455349/hops-und-plops ]

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Ubald  16.12.2020, 18:23
@grtgrt

Ja, leider. Mir kommt es auch so vor. Und dann gibt es bei Youtube den Vortrag bei der Alanus-Hochschule. https://www.youtube.com/watch?v=goelcaEateQ. Es scheint unheimlich schwierig zu sein, eine Brücke zu bauen zwischen der herrschenden Lehrmeinung und der Anthroposophie.

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