Löslichkeit von Feststoffen in Wasser abhängig von Druck?
Ist die Löslichkeit von Feststoffen in Wasser abhängig von Druck? Wenn ich bei 1 Bar bei 50˚C Zucker in Wasser löse, kann ich die gleiche Menge bei niedriger Temperatur lösen mit weniger Luftdruck? Die Moleküle haben schließlich einen größeren Abstand zueinander.
2 Antworten
Ja alle Gleichgewichte hängen vom Druck ab, also auch die Lösungsgleichgewichte. Allerdings ist der Effekt minimal, weil die Volumsänderung bei chemischen Reaktionen typischerweise sehr, sehr klein ist (außer, wenn Gase entstehen oder verbraucht werden).
Man kann das sofort nach dem Prinzip von Le Chatelier verstehen: Wenn eine chemische Reaktion Volumen verbraucht (also die Produkte ein kleineres Volumen einnehmen als die Edukte), dann verschiebt höherer Druck das Gleichgewicht zur Produktseite (der Ablauf der Reaktion „macht Platz“ und senkt daher den Druck, wenn auch nur marginal).
Um zu sehen, wie groß dieser Effekt ungefähr ist, ein Rechenbeispiel: Wasser hat eine Dichte von ρ₁=0.998 g/ml, fester Zucker (Saccharose) ρ₂=1.587 g/cm³, und eine w=50%ige Zuckerlösung (Sirup) hat ρₛ=1.230 g/ml. Letzte Zahl stammt ohne Kontrolle aus dem Internet, und ja, eine weitere Stelle bei den Dichten wäre gut.
Wir nehmen also je 1 kg Wasser (V₁=m/ρ₁=1002 ml) und Zucker (V₂=m/ρ₂=630 cm³) und machen daraus 2 kg Sirup (Vₛ=m/ρₛ=1626 ml), wir beobachten also eine Volumskontraktion von ΔV=−6 cm³. Das gibt einen Beitrag zur freien Lösungsenthalpie ΔG in der Größenordnung von ≈p⋅ΔV also bei Atmosphärendruck ≈−0.6 J K⁻¹. Da unsere Kilomenge ungefähr 3 mol Saccharose entspricht, beträgt die molare Volumsänderung nur ΔVₘ≈2 cm³ und der Beitrag zum molaren ΔG nur ≈−0.2 J mol⁻¹ K⁻¹
Das ist sehr wenig. Die molare freie Lösungsenthalpie von Saccharose beträgt ≈−6 kJ/mol, gemessen bei hoher Verdünnung in einem Acetatpuffer (ich habe nur die Zahl genommen und den Rest des Papers nicht gelesen). Vermutlich ist sie für konzentrierten Sirup kleiner, aber da mußt Du selber Zahlen finden, wenn es Dich interessiert. Der Beitrag aus der Druckabhängigkeit ist also 4½ Zehnerpotenzen kleiner und kann getrost vernachlässigt werden. Auch bei stark erhöhtem Druck (z.B. 1000 bar) gibt der Druckterm nur einen Beitrag von 3% zum ΔG.
Das Beispiel zeigt also, daß man absolut irrwitzig exotische Drücke braucht, wenn man den Einfluß des Druckes auf die Löslichkeit von Festkörpern sehen will. Solche Drücke können in der Natur durchaus auftreten (im Erdmittelpunkt haben wir z.B. einen Druck von ⪆10⁶ bar), und da spielen solche Effekte bestimmt eine Rolle (dann muß man allerdings etwas anders und genauer rechnen, weil die freien Standardbildungsenthalpien ja selbst druckabhängig sind).
Die Kompressibilität von Flüssigkeiten ist sehr gering. MMn hat der Druck nur einen marginalen Einfluss auf die Löslichkeit von kondensierten Stoffen. Bei Gasen ist das natl. anders.