Kritik an Faust?

2 Antworten

An der Person Faust, wenn es um sie geht, lässt sich sehr viel kritisieren, man muss allerdings den "Faust" zumindest Teil I lesen, um sich ein Urteil über ihn bilden zu können. So kann z.B. die Kritik an ihm ansetzen, dass er einen Selbstmord beabsichtigt, aber dann durch die Ostgerglocken davon abgehaltren wird, dass er als junger Mann als "Quacksalber" Menschen auf dem Gewissen hat (s.Osterspaziergang mit Wagner), dass er einen Pakt mit dem Teufel (Mephisto) geschlossen hat, dass er ein junges Mädchen verführt, ihr ein Kind gemacht und sie verlassen hat (Gretchen) usw. usw. Ohne den "Faust" gründlich und mit Interesse zu lesen, wird das nichts mit einem Beitrag zu der Unterrichtsstunde. Da Du sicher mindestens 16 Jahre alt sein wirst (früher kommt "Faust" nicht ins Lehrprogramm), ist vDir das auch zuzumuten.

Worum geht es bezüglich der Kritik an "Faust" ? "Lesarten und Interpretationen" sind mir zu wenig, zu vage, zu oberflächlich.

(Goethe selbst hatte sein opus magnum einst kritisch hinterfragt.)

In diversen Werken wurde vieles erörtert, diskutiert, kritisiert, so u.a.

  • die Chronologie der beiden "Studierzimmer"-Szenen (wie überhaupt die strukturelle Anordnung / Akt-Einteilung),
  • die verwirrenden (?) Inhalte von "Auerbachs Keller" und Hexenküche",
  • die Bedeutung / Funktion des "Walpurgisnachtstraums",
  • die zu komplexe, zu widersprüchliche Gestalt des Faust,
  • Sinn und Funktion generell der Magie in dem Werk,
  • "Faust" als Theodizee,

gar nicht zu reden von "Zueignung", "Vorspiel auf dem Theater" und "Prolog im Himmel"... Hier streiten sich bis heute und vermutlich in aller Zukunft angebliche und tatsächliche "Faust"-Experten vor allem über möööögliche Intentionen Goethes.

Ich beziehe mich NUR auf "Faust I", zu dessen Kritik es vor x Jahrzehnten das Werk eines Autoren-Kollektivs gab, etwa "Faust I - Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas" (oder so ähnlich).

pk

PS: Man bedenke, dass Goethe für "Faust" vom ersten bis zum letzten Buchstaben 60 (sechzig !!) Jahre benötigte und sich das Gesamtwerk durch mindestens zwei Epochen zog: Klassik, Sturm & Drang !