Kennt die westliche Welt einen neuen Polytheismus?
Es gibt ja viele kulturelle Feste und Bräuche, die aus dem Christentum und anderen Religionen entstammen, und von dieser Religion entfernt wurden, sodass sie auch Traditionen für "Atheisten" sein können. Beispielsweise: Weihnachten, Ostern, Nikolaustag etc. und ihre Figuren der Weihnachtsmann, der Geschenke für die Familie unter eine geschmückte Fichte oder Tanne legt, der Osterhase, der im Frühling Eier versteckt, der Nikolaus, welcher Sauberkeit am Schuhwerk belohnt. Diese Figuren werden, insbesondere von und für Kinder, mystifiziert und verehrt, und ersetzen für viele der sogenannten
"Atheisten" auch schon fast den Glauben (ohne einen Vorwurf zu machen).
Deswegen denke ich, dass sich diese Figuren schon als Götter einordnen lassen. Des Weiteren sehe ich eine gewisse Parallele zwischen den kulturellen Praktiken und religiösen Ritualen: Das Gedicht "Lieber Guter Weihnachtsmann" ließt sich wie ein Gebet. Das Herausstellen von Keksen und Milch kann man als "Opfergabe" werten (nicht negativ gemeint). Die Götter haben Wertvorstellungen wie die Tugenden von Ordnung, Sauberkeit oder Redlichkeit, Anstand, Familientreue oder Neugier und Fleiß und diese Götter, zumindest der Weihnachtsmann, loben, belohnen und bestrafen, zumindest Kinder, je nach ihrer Einschätzung, ob die Tugenden erfüllt werden, nach ihrem Willen (wenigstens vom Glauben her). Dass sich die Feiertage einer vorherigen Religion geborgt werden, und so weit beschlagnahmt werden, dass sie mit dem Eigentlichen wenig bis gar nicht zu tun haben, ist auch selbst fürs Christentum üblich, die sich ja an diversen keltischen (heidnischen) Tagen bedient haben, um sie umzubenennen.
Was denkt ihr darüber? Mich würde auch interessieren, was es noch so dieser "Götter" im kulturellen Volksglauben (auch besonders bei Kindern) gibt, ich hatte ja lediglich drei angesprochen gehabt.
3 Antworten
Nikolaus gab es wirklich. Er hat soll die Armen heimlich beschenkt haben, nicht die Kinder. Daraus hat sich dieser Brauch entwickelt. Das sind so Nebengeschichten die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben um die Kinder zu bespaßen, ähnlich dem Osterhasen der die Eier versteckt. Die waren während der Fastenzeit verboten und tauchten erst zu Ostern wieder auf.
Grüß Dich NeonSchaf
Das diese Figuren zu Göttern mutieren könnten erscheint mir höchst unwahrscheinlich. Götterglauben ist sehr vormittelalterlich und nicht modern. Aber in gewisser Weise hast Du Recht, wenn im Jahreskreislauf z.B. religiöse Feste gefeiert werden. Dafür sind aber keine Götter und ist auch kein Gott notwendig. Als Mensch fühlt man durchaus schöpferische Kräfte die diesem Jahreskreislauf innewohnen. Ostern als Frühlingsfest, Sommersonnenwende als Leben auf dem Höhepunkt, Herbstfest als Erntedank und Weihnachten als Wintersonnenwende wären geeignete Feste das zu feiern.
So wie ich! Ich bin religiöser Atheist.
Die den Jahreszeiten zugehörigen Feste sind atheistisch, zumindest für die, die sich nicht als fundamentalistische Atheisten begreifen, die jegliche Transzendenz ablehnen. Und aus dem Jahreskreis lässt sich ganz ehrlich und nachvollziehbar Kraft für das Leben schöpfen. Jeder kann doch diese Jahreszeiten beobachten und fühlen, wie sie uns elementar beeinflussen und ergreifen.
Auf das Bild klicken dann wird es größer und scharf
Und immer mehr treten aus der Kirche aus und ich würde es begrüßen, wenn sich diejenigen eine neue religiöse Heimat in diesem Sinne suchen würden. Und die gibt es in freireligiösen (nicht freikirchlich, das ist ganz ws anderes) Religionsgemeinschaften. Davon gibt es zwei in der BRD. Zu einer davon gehöre auch ich.
Hier kannst Du in diesem Sinne etwas über Weihnachten lesen.
Licht im Dunkel
https://www.dropbox.com/s/s9j8jjqy0qhlm0j/Licht%20im%20Dunkel.pdf?dl=0
Und hier ein wunderschönes atheistisches Weihnachtslied passend zum Text
Sind die Lichter angezündet
Auf das Bild klicken dann wird es größer und scharf
Bild aus: https://www.living4media.de/bilder/12339382-Weihnachtsbaum-mit-Kerzen-Orangenscheiben-und-Geschenken
Herzlichen Gruß
Rüdiger
Modern heisst hier zunehmende Aufklärung in den montheistischen Religionen und damit auch der Abschied von dogmatischen und wissenschaftsfernen Inhalten. Alles andere ist mittelalterlich und daher eben nicht modern.
Aber passiert das wirklich? Mein Punkt ist eben gewesen, dass solche Figuren eben die Position von Göttern einnehmen (was nicht notwendigerweise schlimm sein muss).
Es gibt Menschen Leute , die hier unreflektiert vorgehen und ihr eigenen Selbstverständnis nach außen verlagern, das aber ist ungesund und indoktriniert. Ich habe anderswo eine ähnliche Frage beantwortet.
Vielleicht liest Du das mal durch(Link)? Das beantwortet sehr gut die Problematik. Und das wollen in Zukunft immer weniger Menschen.
https://www.gutefrage.net/frage/was-macht-gott-und-was-mache-ich#answer-517725005
An etwas zu glauben ist dem Menschen „in den Genen“ mitgegeben, jeder Mensch glaubt irgendetwas auch diejenige welche dies bestreiten. Schon die „Frühmenschen“ in der Steinzeit glaubten an Götter/Gott und meistens auch an ein Leben nach dem Tod. Ich führe dies darauf zurück dass es eben tatsächlich einen Gott gibt, woher sonst soll das kommen? Ein tatsächlich existierender Gott ist die logische Antwort darauf.
Da in unserer Gesellschaft der christliche Glauben immer mehr zurück gedrängt wird werden Ersatzgötter erfunden und der Glauben auf diese gelenkt. Im Kommunismus sind diese Ersatzgötter meist Menschen wie etwa Lenin, Stalin, Mao und dergleichen. Im Kapitalismus unserer Gesellschaft werden Sportler, Musiker, Gurus, Schauspieler oder andere Persönlichkeiten zu solchen Ersatzgöttern, man jubelt ihnen zu und betet sie an, es sind mehr als nur Idole, sie haben götterähnlichen Status. Es können auch „Symbole“ oder Gegenstände „angebetet“ werden.
Alle diese Ersatzgötter haben den Schwachpunkt dass sie nicht Gott sind, wer sie anbetet wird also enttäuscht werden. Einer der Gründe weshalb immer mehr Menschen desillusioniert sind und depressiv denn sie suchen Gott am falschen Ort.
Dem zu Grunde liegt der ewige Wunsch vieler Menschen selber Gott zu sein, da aber kein Mensch Gott ist scheitern diese Menschen mit allen Folgen daraus. Der Grund liegt im Stolz dieser Menschen welche niemanden über sich dulden können und sich selbst, ihr Ego immer an erster Stelle haben müssen.
So sonderlich logisch sehe ich das Argument nicht, denn nur weil jemand ein Bedürfnis für etwas hat, heißt das nicht, dass sich dieses Ziel erreichen lässt, oder überhaupt existiert. Andersherum bedeutet die Existenz von etwas nicht, dass man ein Bedürfnis danach hat.
Ich habe Sportler, Musiker und weitere Prominente heutzutage eher als eine Ersatzform des Adels, der früher rundum begutachtet wurde und als zu höherer Tugend verpflichtete Stand verehrt worden ist. Zudem werden prominente Personen neuerer Zeit nicht als Bringer und Botschafter von Hoffnungen oder Nutzen (auf magische Weise) angebetet, daher besteht in diesen wohl kaum eine Apotheose.
Kommunistische Idole und Diktatoren werden durch ihren Personenkult teilweise schon wie Götter verkauft, allerdings sehe ich in ihnen eher die Vorstellungen von Messiassen (die das komm. Utopia auf die Welt bringen) oder Propheten, im Falle von z.B. Marx oder Engels (die die Lehren des Komm. verkünden o. erfassen).
Aber in einer gewissen Weise werden ja dafür diese Figuren mystifiziert, und haben sehr götterähnliche Eigenschaften... Zu sagen, dass etwas "nicht modern" wäre, sehe ich nicht sonderlich als ein Argument dafür, dass es unwahrscheinlich ist, dass sich neue Mythen und Götter bilden könnten...