Kasus in anderen Sprachen

2 Antworten

Spannende Frage!

Fälle so zu unterteilen, wie wir es heute kennen, beruht, wie du sagst, auf der lateinischen Grammatikographie. Allerdings passen durchaus nicht alle Sprachen (nicht einmal alle indoeuropäischen) zu diesem Schema. Im Englischen unterscheidet sich z.B. der Nominativ morphologisch nicht vom »Akkusativ«, es ist nur eine syntaktische Unterscheidung (die Wortstellung macht den Unterschied):

  • Joe loves Tanya.
  • *Tanya loves Joe.

In vielen Sprachen, z.B. Latein, Griechisch oder Russisch, wird klar zwischen Nominativ und Akkusativ unterschieden, aber nicht überall.

Andere Sprachen, z.B. das Baskische, haben gar keinen Akkusativ. Man nennt solche Sprachen Ergativsprachen. Was bei uns der Akkusativ ist, ist in diesen Sprachen der Absolutiv und damit der eigentliche »Normalfall«.

Und auch Akkusativ und Dativ können morphologisch ineinanderfallen, auch wenn sie semantisch eigentlich streng getrennt werden müssten. Ein Beispiel dafür ist das Englische, wo man eigentlich nur zwischen Casus rectus (»Nominativ«) und Casus obliqui (gebeugte Fälle) unterscheidet, z.B.:

  • I love her (her = Akk.)
  • I gave her a book (her = Dat.)
Riverplatense  12.10.2012, 23:08

Im Englischen unterscheidet sich z.B. der Nominativ morphologisch nicht vom »Akkusativ«

Kleine Korrektur: Bei den Pronomina unterscheiden sich, wie ich auch später sage, Nominativ und Akkusativ schon.

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Johann242  01.01.2018, 17:16

In Russisch unterschiedet man sogar 6 Fälle deutlich, in Griechisch 5, in Latein 6.

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In den indoeuropäischen Sprachen ist die Kennzeichnung des Kasus historisch auf dem Rückzug. Englisch und Niederländisch unterscheiden Kasus nur noch in den Personalpronomina. Im Niederländischen hat es praktisch nie einen Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ gegeben. Der einzige Unterschied hun/hen ist eher schriftsprachlich-künstlich. Im Plattdeutschen umfasst "mi" auch beide Fälle.

Spanisch als romanische Sprache hat auch keine Kasusmarkierer mehr. Ähnlich wie die Entwicklung "des Vaters" => "von dem Vater" im Deutschen werden ersatzweise Präpositionalkonstruktionen verwendet.

Die Aufgabe von Kasusmarkierungen hat den Nachteil, dass Subjekt und Objekt nicht mehr klar unterschieden werden können, so dass man das durch rigorosere Regeln der Satzteilstellungen ersetzen muss.

Im Esperanto wird deshalb das Objekt mit der Endung -n (wie im Deutschen und einigen anderen Sprachen) gekennzeichnet. Dadurch ist die Reihenfoige der Satzteile (Subjekt, Prädikat, Objekt) beliebig, und das ermöglicht flexible und klarere Satzstrukturen. Vergleiche im Deutschen: Der Jäger schießt den Hasen. Den Hasen schießt der Jäger.