Judentum austreten?

10 Antworten

Das ist nicht so ganz einfach, da sich Juden traditionellerweise nicht nur als Religion, sondern auch als Volkszugehörigkeit betrachten. Die Religion kannst du ganz einfach ablegen, indem du den Glauben einfach nicht praktizierst. Mit der Volkszugehörigkeit ist das schon schwieriger, die Eltern, die einen geboren haben, die hat man nun mal. Das sind Wurzeln, die einen prägen - ein Teil von dir wird immer polnisch/jüdisch sein,ob du es willst oder nicht, weil es Teil deiner Familiengeschichte ist, aber das ist doch nichts Schlimmes, sondern etwas, was dein Leben bereichern kann, wenn du es annimmst. Das heißt aber noch lange nicht, dass du jüdischen Glauben leben musst. Naja, ich kann schon etwas verstehen, dass du dich vom Judentum distanzieren möchtest, wenn man sich die Geschichte der Juden der letzten 100 Jahre in Deutschland, Polen und Russland ansieht. Das war tief tragisch. Heute herrscht Religionsfreiheit in Deutschland, das heißt du bist niemandem verpflichtet zu sagen, ob du evangelisch, katholisch, Moslem, Hindu, Buddhist oder eben Jude bist. Wenn du keiner Religion angehören möchtest, lässt du dir auf amtlichen Formularen einfach eintragen: keine Religionszugehörigkeit. Und was die Nationalität anbelangt, bist du eben Pole oder Deutscher, je nach dem welchen Pass du mittlerweile hast.

nikolina96 
Fragesteller
 13.07.2012, 18:55

ja du hast recht aber meine familie will nun mal das ich alles mitmache von jüdischen festen bis was weiss ich, ich will sowas nicht mehr, ich will mich nicht an die 10000 regeln halten, milchhaltiges aufgarkeinen fall mit fleich zusammenessen, oder etc. ausserdem kennen mich alle aus der gemeinde und wie würd das ankommen?

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chog77  13.07.2012, 19:17
@nikolina96

Weißt du, ich komme aus einer sehr gläubigen, christlichen Familie und ich kann nachvollziehen, dass du keinen Bock darauf hast. Zum Erwachsen werden gehört auch, dass man seinen eigenen Weg finden muss. Die Werte, die einen überzeugen und die man gut hält, die sollte man leben. Aber es ist auch wichtig seine eigene Überzeugung zu finden und dazu auch zu stehen. Wenn du mit deiner Familie noch unter einem Dach lebst, wirst du manche Regeln so akzepieren müssen, deine Mutter wird koscher kochen, ob du willst oder nicht. Aber das heißt doch lange nicht, das du koscher essen musst, wenn du mit deinen nicht-jüdischen Freunden zusammen bist. Finde deinen Weg. Ich habe als Jugendliche sehr mit meinen Eltern um Regeln und den Verhaltenskodex gerungen und habe mich mit ihnen gestritten was Gemeindeveranstaltungen anbelangt. Aber letztendlich mussten sie akzeptieren, dass sie mich zu nichts zwingen können zu dem ich nicht will. Aber ich musste auch akzeptieren, dass meine Eltern trotzdem vor dem Essen beten, auch wenn ich keine Lust dazu hatte. Ich denke, man kann sich schon streiten und um Werte ringen, aber man sollte nie den Respekt voreinander verlieren und die andere Meinung respektiern. Aber für meine Eltern war es schon hart, dass ich ihnen ordentlich kontra gegeben habe. Auch in der Gemeinde kam das nicht immer so gut an und ich habe mich ein ganze Weile distanziert. Mittlerweile viele Jahre später gehe ich wieder in eine christliche Gemeinde, da es doch Wurzeln sind, die ich schätze und die mich prägen. Aber mein persönlicher Glaube und wie ich ihn lebe sieht ganz anders aus als der meiner Eltern. Auf Gesetzlichkeit und Enge hatte ich keinen Bock (das habe ich heute immer noch nicht), aber Gott und Menschen zu begegnen, das ist für mich eine bereichernde Sache. Wirf nicht gleich alles über Bord, sondern mach dich auf die Suche nach den Werten, die dein Leben wirklich bestimmen und tragen sollen. Die sind es Wert auch mal mit Menschen anzuecken. Ich wünsche dir alles Gute.

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Studycus  08.02.2024, 00:43

Die völkische Vorstellung von einem jüdischen Volk durch eine Abstammung ist selbst Religion. Das ist, als hieße es: Christ ist, dessen Vater Christ ist oder Bulgare ist, dessen Mutter Bulgare ist, wobei die Abgrenzung zum Nichtbulgaren, Nichtchristen oder Nichtjuden betont wird und Missionierung nicht erwünscht ist.

Ein Vaterkind ist talmudisch halachisch kein Jude, obwohl kulturell jüdisch sozialisiert, ein Mutterkind ist Jude, selbst wenn es mit seiner Mutter, Oma und Uroma erst gestern erfuhr, dass die Ur-Uroma Jüdin war.
Dadurch trifft ethnisches Volk, Kultur oder biologische Abstammung nicht zu.

Ethnie ist "sozialisiertes kulturelles Volk"

Das talmudische Judentum ist ein bedingungslos matriliniar genealogisches Volk (Genealogie = Generationen) mit gelegentlichen Zukonvertierungen.

Eine matriliniare Genealogie ist immer kulturell religiös definiert. Sie kann aber nur durch Löschen der Nachweise und dem Nichtouting vergessen werden.

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Woher stammen deine Nachweise? Das talmudische Judentum lebt von Dokumentation, Nachweisen und Beweisen untereinander. Das talmudische Judentum reproduziert entgegen dem vorchristlichen und karäischen Judentum seit etwa 150 n.Chr. ein kollektiv reproduziertes genealogisches Volk. Unabhängig, ob man überhaupt glaubt oder kulturell davon geprägt ist, oder nicht.
Durch die jüdischen Nachweise (Stammbäume, Urkunden, Register) und deinem Outing erst wirst du von anderen und Antisemiten zum Juden gemacht.

Ein Austritt ist möglich:
1. Alle Nachweise löschen lassen
2. Bei allem Schmerz, kein Outing
3. Deine Kinder dürfen das nie erfahren
Wissen es deine Kinder, verstehen sie das, werden sie dich irgendwann outen, da die Menschheit das talmudischen Judentum als genealogische Abstammung versteht und reproziert.

Auch die genealogische Abstammung (Von allen als Ethnie oder Nationalität beschrieben) ist eine reine religiöse Erfindung.

Das wichtigste ist, Sicherheit und Macht über sich selbst zu haben!

Alles Liebe!

Jein. Zum einen ist Religion nur ein Bruchteil dessen, was das Judentum ausmacht. Die Juden sind eine ethnische Volksgruppe, wie die Franzosen und Spanier. Und das ist nichts, was man einfach so wie ein Kleid wechseln kann - heute dies, morgen das. Austreten aus dem Judentum kannst du aber insoweit, wie man aus den christlichen Gemeinden austreten kann, und mit dem Praktizieren aufhören.

Studycus  08.02.2024, 01:03

Franzosen und Spanier sind ein ethnisches und ggf. phänotypisches Volk, was heutzutage nationalstaatlich definiert ist. Ein- und Austritt ist möglich. Zugehörigkeit definiert sich räumlich und sprachlich, also langfristig nach dem objektiven Wohnort und demokratischen Regeln.

Juden sind in der karaitischen oder talmudischen Halacha matrilinear oder patrilinear genealog definiert! Es ist ein spezifisch genealogisches Volk, was außerhalb Israels nicht nationalstaatlich definiert ist. Nur religiös definierte Eintritte sind, nicht immer, für Sprachgewandte in europäischen bzw. entwickelten christlich-wohlhabenderen Ländern, wo mehrheitlich alle Synagogen der Welt zu finden sind, möglich. In Ruanda, Jemen, Kambotscha oder Nordkorea wird ein Schwarzer seltener eine Synagoge finden.
Die Zugehörigkeit zum talmudischen Judentum definiert sich letztlich nur genealogisch.

Das Judentum wird gemeinhin als Religion verstanden, karaitische Juden definieren wie vorchristliche Juden ihre Zugehörigkeit patrilinear, die heute dominierenden rabbinischen Juden dagegen seit 150 n.Chr. matriliniear. Orthodoxe erkennen Liberale nicht als Juden an. Es kann also sein, dass zwei Juden sich das jüdisch sein durch verschiedene genealogische Definitionen absprechen.

Da das bis jetzt nicht weltlich definiert ist und Religion niemals zu einem weltlich agierenden Gesetz werden darf, ist auch die divers genealogisch definierte Zugehörigkeit nur Religion!

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Nein. Ist man als Jude geboren wurde oder übergetreten ist, bleibt man es bis zum Tod. Im Sanhedrin 44a, wird erklärt, dass ein Jude, auch wenn er sündigt , ein solcher bleibt. Selbst wenn sich jemand als aus dem Judentum ausgetreten bezeichnet (und das ist schon eine der größten Sünden) hat seine Erklärung für das Rabbinat keine Gültigkeit.

Bloodyrainbow  12.05.2013, 18:27

Bei Konvertiten sieht das wieder anders aus.

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also als ich deine beitrag gelesen habe ,war ich sehr traurig.weißt du wie viele menschen gerne an deiner stelle wären ,die von geburt an zum judentum gehören und damit das auserwählte volk ist. ich bin gerade dabei zum judentum zu konvertieren und seid ich diesen schritt gemacht habe ,fühle ich in mir wirklich ein frieden ,was ich leider vorher nicht hatte.außerdem ist das judentum keine religion ,was einen menschen in seinen persönlichen freiheiten einschränkt.natürlich kann ich dir nicht reinreden,musst selber wissen was du tust,aber das judentum ist ,meiner meinung nach,die friedlichste religion.shalom.