Ist der Akkusativ nicht mehr modern?

8 Antworten

Ehrlich gesagt mache ich diesen Fehler beim Schreiben auch ganz gerne mal, wenngleich auch unbewusst. Ich bin beim Tippen manchmal so schnell, dass ich eben versehentlich ein "ein" statt "einen" auf das Papier banne.

Bein Nachlesen fällt mir der Fehler aber auf und ich korrigiere ihn dann.

Zusätzlich zu den bereits erwähnten Gründen (v.a. den von Adomox) könnte es auch dialektale, umgangssprachliche Gründe geben.

So heißt "kein" im Bairischen (im Nominativ) einfach "koa", also ohne abschließendes -n. Im Akkusativ wird dann daran einfach ein einzelnes -n angehängt; so wird aus "keinen" im Dialekt "koan". Wenn man dann versucht, Standard zu sprechen, und sich dabei verhaspelt, wird aus "Ich habe keinen Hund." "Ich hab kein Hund."

Hat das etwas mit der Genderisierung zu tun, also damit, dass man Dingen sprachlich kein Pronomen mehr geben will?

Nein.

Oder ist das einfach mangelndes Verständnis für den sprachlichen Text?

Das schon eher. Das syllabische /n/ bei vielen gesprochenen Akkusativen hört man nicht unbedingt - vor allem nicht, wenn man nicht weiß, dass es da ist. Das zeigt sich dann auch in der Schriftsprache. Alternativ oder zusätzlich ist es aber einfach schneller, die kürzere Form zu schreiben, wenn die längere sowieso kaum anders klingt.

PS: Übrigens erschreckend, dass hier manche Antworten von "Ausländer-Deutsch" und "Unterschichtenphänomen" schreiben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – ich forsche als Linguist zum Thema "Gender(n)"

Ich würde die Sache mit den Gendern da mal außen vor lassen.

Grausame Grammatik existierte schon vorher.
Nur wird das jetzt deutlicher, da es das Internet gibt und solche Fehler einfacher zu sehen sind als in der vor-Internet-Zeit.

Der zahlenmäßig stark angewachsene Verlust der maskulinen Akkusativendung -en bei Adjektiven und bei ein und kein auch in sonst ordentlichen Texten und Mails ist wirklich entsetzlich.

Ich kann es mir nur durch den Umstand erklären, dass die Silbe praktisch unhörbar wird, wenn sie auf ein Wort folgt, dessen Stamm schon mit einem –n schließt.

Im Lauf der Zeit  steigt die Abwesenheit  des –en zuerst beim  Hören , dann auch beim Denken und klettert schließlich bis aufs scheinbar formelle Standardniveau im Geschäfts- und Mailverkehr.   

Die bairische Umgangssprache mit Dialekteinschlag kann hierzu als Beweisstütze dienen, denn  wird ein Wortende auf -n in anderen Fällen weggelassen ( i hab a Freud, da is ka Weg), ist das –n im Akkusativ trotzdem eindeutig und deutlich vorhanden (i hab an Hunger,  da gibt’s kan Weg). Dass gerade im Dialekt in dieser Hinsicht nichts passiert ist, spricht auch gegen einen Genderisierungsprozess.ndet