Historischer Hintergrund über das Buch Antigone?
Hallo, ich muss morgen einen Vortrag über den historischen Hintergrund von "Antigone" halten. Mein Problem ist, dass ich nicht gut vorbereitet bin, da ich gestern und vorgestern Klausuren in zwei meiner Leistungskurse geschrieben habe. Ich möchte mich auf mögliche Fragen meiner Lehrerin vorbereiten. Dabei muss ich auf Parallel und Unterschiede zum Werk eingehen.Könntet ihr euch das mal durchlesen und mir sagen, was ihr an ihrer Stelle fragen würdet?
"In Sophokles' 'Antigone' erhalten wir einen faszinierenden Einblick in das goldene Zeitalter Athens im 5. Jahrhundert v. Chr. Trotz des Glanzes dieser Epoche war der Schatten des Peloponnesischen Krieges präsent, eines Konflikts zwischen Athen und Sparta. Inmitten dieser Herausforderungen erlebte Athen eine kulturelle Blüte, insbesondere im antiken Theater.
Sophokles' Tragödie 'Antigone' spiegelt nicht nur seine künstlerische Genialität wider, sondern auch die Fragen, Ängste und Konflikte einer von Krieg und politischen Unruhen geprägten Gesellschaft. Ein bedeutender Aspekt des Stücks ist die begrenzte Rolle der Frauen in der antiken griechischen Gesellschaft, die durch die Hauptfigur Antigone verkörpert wird. Sie stellt göttliche Gebote über weltliche Gesetze und wirft somit Fragen zur Position der Frauen in dieser Zeit auf.
Das Drama bringt auch politische Unterschiede zum Vorschein, indem es die monarchische Struktur durch König Kreon darstellt, obwohl Athen eine Demokratie war. Dies könnte eine kritische Haltung gegenüber Monarchien symbolisieren und das Stück zu einem kraftvollen Ausdruck politischer Kritik machen.
Insgesamt zeigt 'Antigone' nicht nur Sophokles' künstlerisches Talent, sondern auch die sozialen, politischen und kulturellen Dynamiken eines turbulenten 5. Jahrhunderts in Athen. Dieses Zusammenspiel von Gemeinsamkeiten und Unterschieden macht das Werk zu einem faszinierenden Spiegel der Geschichte."
1 Antwort
Das ist ganz gut geschrieben. Kréōn ist zwar nicht gänzlich unsympathisch gezeichnet, aber sein Staatsverständnis, das er anläßlich seiner Thronrede klar artikuliert, kollidiert mit den demokratischen Werten Athens: Er setzt sich selbst mit dem Staat gleich, er ist mißtrauisch gegenüber den Bürgern und will auch gegen den Willen der Bürger herrschen. Deshalb fällt er in die Falle seines Stolzes und begeht Unrecht gegenüber Antigónē, und seine Familie wird zerstört. In einer Demokratie wäre das nicht passiert.
Ich habe vor nicht allzu langer Zeit das Stück vollständig gelesen und mit einigen anderen Leuten, u.a. einem Gräzisten, ausführlich diskutiert. Vieles an der Sprache ist schwierig, und ich frage mich immer mehr, ob die feministische Lesart, die heute natürlich sehr populär ist, wirklich im Stück drinnensteckt. Antigónē wird in dem Stück durchaus starrköpfig, unnachgiebig und todessehnsüchtig dargestellt, Kréōn als pragmatisch, irgendwie verantwortungsvoll gegenüber dem Staat aber mindestens genauso stur und vor allem sehr stolz (hýbris). Die Rolle des Chors finde ich besonders verwirrend, weil der niemandem im Stück eine Hilfe ist sondern immer nur nachplappert, was vorher schon andere gesagt haben, nämlich zuerst Kréōn und dann Teiresías. Eine eigene Meinung hat er nicht, und ich lese das so, daß in einer Monarchie, anders als in einer Demokratie, die Bürger aus Angst nie sagen was sie denken sondern sich immer auf die Seite der Mächtigen schlagen, und dann sind sie kein Korrektiv mehr sondern verstärken das Unheil.
Insgesamt finde ich das Stück faszinierend.