Hey kennt sich jemand mit dem Helvetischen Krieg aus?

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Auslösung des helvetischen Krieges

Der Krieg ist durch eine bestimmte Art der Reaktion Caesars auf einen Wanderauszug der Helvetier ausgelöst worden.

Gaius Iulius Caesar war 60 v. Chr. mit Gnaeus Pompeius Magnus, Gaius Iulius Caesar und Marcus Licinius Crassus einen Dreibund (oft als erstes Triumvirat bezeichnet, auch wenn dies kein amtliches Kollegium von triumviri war, sondern nur ein inoffizielles Bündnis, eine Zusammenarbeit aufgrund von Absprachen, ein politisches Zusammengehen [ein lateinischer Ausdruck für so etwas ist coitio]).), eingegangen. 59 v. Chr. war Caesar Konsul (consul).

Die 60 v. Chr. vom Senat als proconsularischer Amtsbereich/Aufgabenbereich (Provinz) für die designierten Konsuln Gaius Iulius Caesar und Marcus Calpurnius Bibulus (offenbar zur Einschränkung von Caesars Machtehrgeiz) beschlossenen Wälder und Viehtriften (silvae callesque) Italiens waren nicht die von Caesar gewünschte Fortsetzung seiner Laufbahn.

Durch ein von einem Volkstribunen eingebrachtes und vom Volk beschlossenes Gesetz (Lex Vatinia) wurde er Prokonsul (proconsul) Statthalter der Provinzen Gallia Cisalpina und Illyricum. Díes wurde er für etwas mehr als 5 Jahre (voraussichtlich konnte Caesar seine Befehlsgewalt bis mindestens Ende 53 v. Chr. behalten). Nachdem im April 59 v. Chr. ein Statthalter unerwartet gestorben war, bekam Caesar vom Senat auf Antrag des Pompeius dessen Provinz Gallia Transalpina (auch Gallia Narbonensis genannt) hinzugefügt (dies war allerdings jährlich zu bestätigen).

Als Konsul im Jahr 59 v. Chr. hatte Caesar sich mehrfach auf harte Weise durchgesetzt und Gegnern von ihnen als demütigend empfundene Niederlagen zugefügt. Er hatte beachtliche Gegner unter den Optimaten (Anhänger einer auf den Senat gestützten Politik mit einer Vorherrschaft der Nobilität, der Spitzengruppe der politischen Führungsschicht), die ihn anklagen und wegen Gewaltmaßnahmen verurteilen wollten. Caesar drohte das Exil und das Ende seiner politische Karriere, wenn es ihm nicht gelang, eine hervorragende politische Position einzunehmen (als Privatmann konnte er angeklagt werden, solange er in ein politisches Amt ausübte, nicht).

Nach Wertmaßstäben der römischen Gesellschaft brachten insbesondere bedeutende militärische Leistungen Ansehen/Ehre/Würde/Prestige (dignitas) und Autorität (auctoritas). Erfolgreiche militärische Unternehmungen boten zusätzlich auch Chance auf finanziellen Gewinn, der Caesar Machtmittel vergrößern konnte.

Diese Umständ legen nahe. Gaius Iulius Caesar suchte eine günstige Gelegenheit zu einem Konflikt, bei dem er in einem größeren Krieg Erfolge erzielen konnte.

Für den Krieg mit den Helvetiern (Bellum Helveticum) wie für den Gallischen Krieg insgesamt ist Caesar die Hauptquelle. Andere antike Autoren beruhen in ihrer Darstellung meistens auf Caesar, ohne darüber hinausgehende Informationen. Archäologische Funde sind davon unabhängig, aus ihnen können aber kaum Rückschlüsse gezogen werden, was genau den Krieg ausgelöst hat.

Nach Caesars Darstellung haben die Helvetier 61 v. Chr. die Auswanderung ihres ganzen Volkes beschlossen und versuchten dies 58 v. Chr. durchzuführen. Archäologische Ergebnisse bestätigen dieses Ausmaß, also ein völliges Verlassen des bisherigen Siedlungsgebiets durch alle Helvetier, nicht.

Als Gründe des Auszugs der Helvetier nennt Caesar (Commentarii de Bello Gallico 1, 2) Überredung durch vornehme Herkunft und Reichtum herausragenden Aristokraten Orgetorix, der den Helvetiern ein Gewinnen der Herrschaft über ganz Gallien in Aussicht gestellt habe, und ihre Meinung ihre Gebiet sei im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungsanzahl, ihrem Kriegsruhm und ihrer Tapferkeit zu beschränkt. Der Tod des Orgetorix ändert an der Absicht nichts (Cassius Dio 38, 31,3 schildert den Auszug sogar, als ob der unter Führung des Orgetorix stattgefunden hat): Orgetorix wird von Caesar unterstellt, in einem Bündnis mit dem Häduer Dumnorix und dem Sequaner Casticus jeweils die Königsherrschaft in ihrem Stamm und zusammen die Herrschaft über ganz Gallien angestrebt zu haben. Orgetorix wurde von politischen Gegnern bei den Helvetiern mit dem Vorwurf auf eine Königsherrschaft zielender Umsturzpläne angeklagt. Beim dem Gerichtsverfahren entzog er nach Caesars Darstellung sich mit Hilfe von etwa 10000 Anhängern/Gefolgsleuten (clientes) einer Verurteilung. Die Amtsinhaber des Stammes boten bewaffnete Truppen auf, Orgetorix starb. Wie die Helvetier meinten, sei der Verdacht nicht fernliegend, Orgetorix habe sich selbst getötet (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 4). Orosius 6,7,4 erzählt Aristokraten (optimates) hätten Orgetorix ergriffen und zum Tod genötigt.


Albrecht  19.03.2013, 15:00

Die genauen Gründe für die Wanderungsbewegung der Helvetier, denen sich aus aus benachbarten Stämmen, den Raurakern, Latobrigern /Latobiken, Tuligern und Boiern, Leute den Helvetiern anschlossen, lassen sich mangels Quellen kaum sicher angeben. Es gibt verschiedene Vermutungen:

  • Druck rechtsrheinischer Germanen (Hinweise auf so etwas sind enthalten bei Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 1, 4; 1, 40, 7; vgl. 1, 28, 4)

  • Auswanderungsabsicht (Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 10 berichtet, er habe eine Mitteilung bekommen, die Helvetier wollten in das Gebiet der Santonen, an der Atklantikküste, ziehen , doch fehlen dafür deutliche Anzeichen)

  • Hoffnung auf Gewinn und Beute

  • Unternehmung gegen Ariovist und seine Germanen

Ein Krieg wird auf jeden Fall erst durch Caesars Reaktion ausgelöst. Seine Darstellung verfolgt den Zweck, sein Vorgehen zu rechtfertigen und gegenüber einem römischen Publikum darzulegen, er habe einen bellum iustum, einen regelgerechten Krieg geführt.

Caesar schildert die Helvetier als wild und kriegerisch, von den Römern feindseliger Gesinnung. Nach seiner Darstellung wollten sie zuerst einen Weg durch römisches Provinzgebiet einschlagen, aber Caesar ließ eine Brücke über die Rhône abreißen. Gesandte der Helvetier, die um Einwilligung zu einem Durchzug baten, hielt er zunächst mit dem Nehmen von Bedenkzeit hin, um Zeit zu gewinnen, alle seine Soldaten zusammenzubringen, und ließ den Weg mit Befestigungen versperren. Dann lehnte Caesar einen Durchzug durch die römische Provinz ab. Die Helvetier hätten einen erfolglosen Versuch unternommen, die Sperrlinie am Fluß zu durchbrechen.

Daraufhin hätten die Hevetier den Weg durch das Gebiet der Sequaner gewählt und der Häduer Dumnorix hätte von ihnen den Auftrag übernommen, eine Durchzugserlaubnis zu erreichen, und die Stämme dazu gebracht, einander Geiseln zu stellen (die Sequaner dafür, den Durchgang nicht zu verwehren, die Helvetier dafür, ohne böswillige Schädigung und Gewalttätigkeit durchzuziehen (Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 9).

Caesar stellt das Unternehmen als für die römische Provinz gefährlich bedrohlich, da die Helvetier in das Gebiet der Santonen, die nicht weit weg von den Tolosaten wohnten, einem Stamm der römischen Provinz, zögen und damit kriegerische Menschen, Feinde des römischen Volkes, Nachbarn der offenstehenden und getreidereichen Gegenden sein würden (Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico 10, 1 – 2). Caesar nutzt anscheinend schwache geographische Kenntnisse einer römischen Leserschaft aus. Denn tatsächlich betrug die Entfernung, die angeblich nicht weit weg war, rund 200 Kiloenter.

Nach Caesars Darstellung hat er Bitten um Hilfe gegen die Helvetier von Gesandten der Häduer erhalten, deren Felder verwüstet, deren Kinder in die Sklaverei fortgeführt und deren Städte erobert würden, gleichzeitig hätten Ambarrer Freunde und Stammesverwandte der Häduer gemeldet, ihre Felder seien verwüstet und sie könnten den Ansturm der Helvetier kaum noch von ihren Städten abwehren und die Allobroger hätten Zuflucht bei Caesar gesucht und berichtet, außer dem Grund und Boden ihrer Felder sei nicht mehr übrig (Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 11).

Die Häduer hätten sich darauf berufen, sich jederzeit um das römische Volks verdient gemacht zu haben, und Caesar erwähnt später, die Häduer seien vom römischen Senat oft Brüder und Blutsverwandte (fratres consanguineosque) genannt worden (Commentarii de Bello Gallico 1, 33, 2). Ein Eingreifen außerhalb der Provinz erscheint so als Hilfe für Freunde und Bundesgenossen berechtigt.

Bei einem Durchzug von Menschenmassen sind einige Reibereien und Abnahme von Lebensmittelvorräten möglich. Die behaupteten schweren bösartigen Übergriffe mit kriegerischem Angriff sind in ihrem Wahrheitsgehalt aber sehr zweifelhaft. Dies könnten von römerfreundlichen Galliern wie Diviciacus wunschgemäß gelieferte Berichte sein, die maßlos übertreiben, verzerren und entstellen. Caesar benötigte einen handfesten Vorwand. Als die Helvetier die Saône überqueren, überfällt Caesar die Nachhut, etwa ein Viertel der Helvetier und in Großteil von ihnen wird getötet (Commentarii de Bello Gallico 1, 12, 2 -3).

In einem Gespräch mit helvetischen Gesandten, die sich bei friedlicher Behandlung bereit zeigen, sich an einer von Caesar festsetzten Stelle anzusiedeln, verlangt Caesar für einen Frieden von den Helvetiern, Geiseln zu stellen und die den Häduern und ihren Verbündeten und den Allobrogern Entschädigung zu leisten (Commentarii de Bello Gallico 1, 13 – 14). Eine Einigung kommt so nicht zustande und als die Helvetier aufbrechen, verfolgt Caesar sie.

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Albrecht  19.03.2013, 15:02

Häduer, Diviciacus und Dumnorix

Römerfreundliche Häduer, besonders Diviciacus, sind insofern an der Auslösung des Helvetischen Krieges beteiligt, als sie mit Hilfsersuchen Caesar einen Rechtfertigungsgrund geben. Außerdem unterstützen sie ihn bei der Kriegsführung. Forderungen für die Häduer spielen danach auch eine Hauptrolle bei der Rechtfertigung des Krieges gegen Ariovist (vgl. Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 30 – 37), auch wenn keine vertragliche Beistandsverpflichtung bestand.

Diviciacus hatte 61 v. Chr. den römischen Senat erfolglos um Hilfe gegen die Sequaner und Ariovist gebeten (vgl. Caesar, Commentarii de Bello Gallico 6, 12, 5). Sein Bruder Dumnorix bekam mehr Macht. Caesar stützte Diviciacus und bekämpfte mit seiner Hilfe die Helvetier und danach Ariovist (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 16, 5; 1, 18, 1 – 8; 1, 19, 2- 3; 1, 20, 1- 6; 1, 31; 1, 32, 4, 1, 41, 4). Er blieb für ihn eine Schlüsselfigur bei den Häduern. Diviciacus half Caesar 57 v. Chr. gegen die Belgae und bewirkte eine Schonung der Bellovaci (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 2, 5, 2; 2, 10, 5; 2, 14, 1 – 15, 2). Danach kommt Diviciacus nicht mehr vor (möglicherweise ist er gestorben).

Dumnorix, der jüngere Bruder, war einer römerfreundlichen Politik gegenüber eher abgeneigt. Diese war wohl beiden Häduern nicht unumstritten. Caesar stellt Dumnorix als einen Einzelnen dar, der aus Machtgier handelt und die Leute davon abgebracht hat, den Römern Getreide zu liefern, außerdem bei einer Niederlage in einem Gefecht der Reiterei gegen die Helvetier als Anführer der Reiterei der Häduer zuerst die Flucht ergriffen habe (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 18).

Nach Caesars Darstellung hatte er ausreichend Grund, Dumnorix streng zu bestrafen oder eine solche Bestrafung von den Häduern zu verlangen, Nur der einzige Grund, Diviciacus, der höchste Ergebenheit gegenüber dem römischen Volk, ausgezeichnete Treue, Gerechtigkeit und Mäßigung erkannt, hätte dem entgegengestanden, weil er fürchtete, mit einer harten Bestrafung des Bruders Diviciacus zu kränken (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 19).

Diviciacus habe mit Tränen Caesar angefleht, Dumnorix nicht allzu hart betrafen (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 1, 20). Caesar erklärte, ihm zuliebe Dumnorix zu verzeihen. In Gegenwart des Bruders ließ er Dumnorix rufen, wies darauf hin, was er mißbilligte, und ermahnte ihn, in Zukunft zu vermeiden, in Verdacht zu geraten. Caesar nahm ihn unter Kontrolle und ließ durch Beobachter überwachen, was Dumnorix tat und mit wem er sprach.

Caesar hat Dumnorix wohl nicht bestraft, sondern nur beobachten lassen, um sein Bündnis mit den Häduern nicht zu gefährden. Dumnorix war einflußreich und bei vielen beliebt. Ein hartes Vorgehen hätte zu einer Abwendung der Zusammenarbeit mit Rom oder zumindest zu einer scharfen inneren Spaltung führen könne.

Als Caesar 54 v. Chr. zu seinem zweiten Zug nach Britannien aufbrach, ließ er sich von Dumnorix als Geisel begleiten, wie auch von Reihe anderer gallischer Anführer, weil er einen Aufstand in Gallien in seiner Abwesenheit befürchtete (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 5, 5). Dumnorix versuchte mit Bitten eine Erlaubnis zu bekommen, in Gallien zu bleiben, gab die nicht gewohnte Seefahrt und Angst vor dem Meer sowie religiöse Gründe an. Als Caesar dies verweigerte, forderte er andere gallische Anführer auf, zurückzublieben, äußerte die Befürchtung, Caesar habe die Absicht, sie alle in Britannien zu töten (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 5, 6).

Als die Anfahrt bevorstand, verließ Dumnorix mit seinen Reitern das Lager. Caesar befahl einem großen Teil seiner Reiterei, ihn zu verlogen und zurückzubringen und bei Gegenwehr zu töten. Dumnorix verteidigte sich mi dem Schwert, rief um Treu felhend sein Leute um Hilfe an und rief, er sei ein freier Bürger eines freien Volkes. Dumnorix wurde getötete (Caesar, Commentarii de Bello Gallico 5, 7).

Bücher enthalten Informationen zu der Auslösung des Krieges und Caesars Darstellung, z. B.:

Gerold Walser, Bellum Helveticum : Studien zum Beginn der Caesarischen Eroberung von Gallien. Stuttgart : Steiner, 1998 (Historia : Einzelschriften ; Heft 118). ISBN 3-515-07248-9

Bernhard Kremer, Das Bild der Kelten bis in augusteische Zeit : Studien zur Instrumentalisierung eines antiken Feindbildes bei griechischen und römischen Autoren. Stuttgart : Steiner, 1994 (Historia : Einzelschriften ; Heft 86), S. 133 – 142 und S. 219 – 240

zu den Personen:

Wolfgang Spickermann, Diviciacus [2]. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 3: Cl - Epi. Stuttgart ; Weimar, Metzler, 1997, Spalte 706

Wolfgang Spickermann, Dumnorix. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 3: Cl - Epi. Stuttgart ; Weimar, Metzler, 1997, Spalte 837

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