Hallo, was sind die Stilmittel in diesem Gedicht? Ich muss das Gedicht morgen in Deutsch vorstellen und es gibt dazu nichts wirklich im Internet?

1 Antwort

In Joseph von Eichendorffs romantischem Gedicht „In der Fremde“ aus dem Jahr 1833 erinnern Naturphänomene und -schauspiele das lyrische Ich an seine verlorene Liebe. Es wird das Bild einer tristen Realität gezeichnet, in dem der Traum als letzter Fluchtweg gilt.

Das lyrische Ich befindet sich allein (V. 6: „Einsamkeit“) im Wald und lauscht den Bächen, den rauschenden Blättern und dem Gesang der Nachtigallen. Dieser Gesang und die durch den Mondschein erzeugte Illusion eines Schlosses mit Garten und darin auf ihn wartender Liebespartnerin erinnern das lyrische Ich an diese, vergangene, Zeit und versetzen es in eine träumerische und melancholische Stimmung.

Die Struktur des Gedichts mutet sehr regelmäßig an: Vier Strophen mit jeweils vier Versen beinhalten einen durchweg reinen Kreuzreim. Der Jambus herrscht durchgängig vor, die Verse 8, 12, 15 beginnen zusätzlich mit einem unbetonten Auftakt. Auch die alternierenden Kadenzen1 tragen zum gleichmäßigen, fast monotonen Fließen bei. Dieser Monotonie ist entscheidend für den Leseeindruck: Nur die Natur scheint lebendig, während das einsame lyrische Ich bewegungs- und orientierungslos lediglich in der Vergangenheit schwelgt.

Die beiden in diesem Gedicht vorherrschenden Subjekte sind das lyrische Ich und seine natürliche Umwelt. Dieser Eindruck wird in Vers eins verstärkt: Er beginnt mit „Ich“, das zweite Wort „hör’“ stellt die Beziehung zum Akkusativobjekt „die Bächlein“ her: Es ist eine auditive Beziehung. Diese Relation, die Korrespondenz zwischen lyrischem Ich und der Natur, ist ein Hauptmotiv dieses Gedichts.

Die Verse 2/3 und 4 stellen eine scheinbar paradoxe Situation dar: Nachdem es durch die Anapher „Im Walde“ eindeutig festgehalten hat, wo es sich befindet – nämlich im Walde, stellt das lyrische Ich im vierten Vers fest, dass es nicht wisse, wo es sich befindet. Das Paradoxon2 ist aufzulösen, indem diese Orientierungslosigkeit nicht auf die reale Lokalität, sondern auf den inneren Zustand des lyrischen Ichs zu beziehen ist. Es ist unsicher und verzweifelt, möchte sich gerne irgendwo festhalten, um die Orientierung zurückzuerlangen. Genau dies geschieht später im Traum der dritten und vierten Strophe. In diesem Zusammenhang ist auch der Titel des Gedichts zu sehen. Die innere Fremde, das Nicht-abfinden-Können mit seiner gegenwärtigen Situation, verhindert ein adäquates Leben in der Realität, stattdessen irrt das lyrische Ich in seinen immateriellen und lebensfernen Erinnerungen herum; kurz: es fühlt sich in der Gegenwart fremd.

Noch einmal zu erwähnen ist die Regelmäßigkeit, vor allem in dieser ersten Strophe: Die Versanfänge sind zwei Anaphern3 (V. 1 und 4, V. 2 und 3), die Verse eins und drei bilden mit „rauschen“, einmal als Verb, einmal als Nomen, zusätzlich eine Epipher und die Alliterationen4 „her und hin“ und „…Walde…/…Walde…/…weiß…“ verstärken den Fluss des Gedichts.

Die nächste Naturerfahrung ist der Gesang der Nachtigallen in der zweiten Strophe. Hier wechselt der Modus im dritten Vers das erste Mal in dem Gedicht vom Indikativ in den Konjunktiv Irrealis. Dass dieser („Als wollten“) den dritten Vers auch beginnen lässt, verstärkt die Signalwirkung: Hier beginnt der Traum, die Illusion, die Flucht in die Vergangenheit. Vor allem letzteres macht der vierte Vers klar, der auf die „alte[n], schöne[n] Zeit“ verweist.

Die Nachtigallen sind ein gängiges romantisches Motiv. Sie erinnern das lyrische Ich an Vergangenes und sind somit symbolträchtig nicht nur für vergangene Zeiten, sondern für die Liebe des lyrischen Ichs insgesamt.

Die „Mondesschimmer“ im ersten Vers der dritten Strophe sind personifiziert – sie fliegen, was den fantastischen Eindruck vom Kommenden verstärkt. Dieser Vers steht jedoch wieder im Indikativ, das Naturphänomen „Mondesschimmer“ ist real, wird real vom lyrischen Ich rezipiert5, allerdings in seiner Fantasie als Futter für wilde Träume verarbeitet: Das lyrische Ich stellt sich ein „Schloss im Tale“ vor (ist sich des Traumes bewusst, hier wieder der Irrealis „säh’“). Im vierten Vers kehrt es wieder kurzzeitig in die Realität ein und stellt im Indikativ fest, dass das Schloss real sehr weit weg liege. Diese Weite ist sowohl lokal und temporal, allerdings auch im übertragenen Sinne zu verstehen.

Die Schwelle zwischen Sein und Schein wird dadurch klar kenntlich, dass das lyrische Ich hin und her springt und somit seine Unentschlossenheit dartut, ob es die Realität wirklich verlassen sollte. Das Sträuben gegen den Traum wird durch den Ausruf am Ende der dritten Strophe noch deutlicher ausgedrückt.

Die letzte Strophe wird wieder signalisierend durch den Konjunktiv eingeleitet, der „Garten“ ist der zum Schloss gehörige Schlossgarten. In diesem stellt sich das lyrische Ich seine Liebe vor – auf ihn wartend, auf ihn, der sich doch in Wirklichkeit einsam und allein im Wald wiederfindet, der Natur ganz ausgeliefert. Die Liebesszene stellt er sich umgeben von weißen und roten Rosen vor. Das Rot steht für die Liebe, das Weiß für die Reinheit Es ist eine liebliche und heile Welt, in die sich das lyrische Ich träumt. Auch der Garten mit seinen grünen Gräsern steht für Hoffnung und Freiheit. Das Schloss erhebt den Traum durch seinen märchenhaften Charakter.

Gleichzeitig sind die roten Rosen jedoch auch als allusive Vorwegnahme auf den letzten Vers zu verstehen, als Symbol für das Blut des Todes.

Jäh nämlich bricht die Szenerie zusammen in diesem letzten Vers, der plötzlichen Rückkehr in die Gegenwart und dem fatalen Vergegenwärtigen des Umstands, dass jene Frau, die das lyrische Ich liebte und liebt, schon längst verschieden ist. Das Adjektiv „lange“ zeigt dem Leser, dass das lyrische Ich sich schon einige Zeit in seiner desolaten Lage befindet und die schreckliche Realität nicht wahrhaben kann. Dieser letzte Vers und das letzte Wort „tot“ bilden jedoch einen klaren Einschnitt und es ergibt sich die Frage, ob es sich um ein offenes Ende handelt.

Dagegen spricht, dass der Tod immer für das klare Ende eines Abschnitts steht, weil er analog jedes menschliche Leben beendet. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass sich das lyrische Ich nach seiner drastischen Rückkehr in die Realität mit dieser nun wird abfinden können. Es entsteht die Hoffnung, dass es nun wieder leben können und die Natur als Anlass zur Fröhlichkeit statt als Erinnerung an die Vergangenheit auffassen können wird. Vielleicht wird es in Zukunft nach vorne statt nach hinten leben können, nachdem das Trauma womöglich endlich überwunden ist.

Eichendorff gelingt in diesem Gedicht, in einfacher Sprache das Bild einer Sehnsucht nach verlorener Liebe zu zeichnen und diese Erzählung von einer Verarbeitung der Vergangenheit in die Geschichte einer Mensch-Natur-Beziehung einzubetten.

Woher ich das weiß:Recherche
Maximilian621 
Fragesteller
 18.11.2021, 23:10

danke, das ist aber nicht das Gedicht das ich habe. dieses ist von Joseph von Eichendorf und meines ist von Franz Grillparzer

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Nato2020  18.11.2021, 23:11

Da hatte jemand aber auch ein Mitteilungsbedürfnis.

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