Gibt es Systeme, die bei einem Boot automatisch auf Kurs in eine Himmelsrichtung halten?

6 Antworten

Ich frage mich, ob es simplere Systeme gibt, die das Steuer entsprechend regulieren, wenn es eine Abweichung zur Himmelsrichtung gibt,

Ja, die gibt es. Der einfachste Autopilot den ich kenne, nutzt den Winkel zwischen Kurs und Windrichtung als Regelgröße und wenn der Wind konstant aus einer Richtung kommt, wird damit auch der Kurs gehalten.

Zum Einsatz kommt dabei ein Hilfsrudersystem, bei denen die Windfahne nicht nur den Steuerimpuls, sondern auch die Kraft zum Drehen eines Hilfsruders aufbringen muß, weshalb die Windfahnen dieser Systeme recht groß dimensioniert werden. Das Hauptruder wird hier zum Trimmen verwendet und danach festgesetzt. Da eine Servokraftverstärkung bei diesen Systemen nicht gegeben ist, liegt die Grenze der vollwertigen Einsetzbarkeit zwischen ca. 10 - 12 m Bootslänge.

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Hintergrund ist, ob ich ein solches System als Beispiel für einen PID-Regler nennen kann.

Das weiß ich allerdings nicht, da ich zwar einen P und einen D-Anteil, aber keinen I-Anteil erkennen kann...bin mir da aber sehr unsicher.

 - (Computer, Physik, Schiff)

Im kleinen Maßstab reicht auch ein Magnetkompass. Man kann auch mehrere Systeme kombinieren, z.B. noch eine Uhr und einen Sextanten sowie Sternenkarten. Die manuelle Auswertung wurde früher vom mitfahrenden Navigator beherrscht, heute würde man so etwas dem Computer überlassen und "Sensorfusion" nennen. Wobei ich glaube, dass Seeleute das heute noch lernen, für denn Fall, dass die modernen Systeme ausfallen.

Auch ausserhalb der Reichweite von GPS gibt es übrigens Navigationsbedarf um den Kurs zu halten (z.B. auf dem Weg zum Mond, zum Mars oder auch bei Sonden, die unser Sonnensystem verlassen haben). Dort nutzt man optische Systeme, die sich an den Sternen orientieren.

Schiffe haben Autopiloten gekoppelt an den Kreiselkompass. Natürlich sorgen Strömung und Wind für Abweichungen. Da die Position anhand von Gps oder wenn möglich Radarpeilungen stündlich überprüft werden, kann man den Kurs entsprechend korrigieren.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Nautik studiert, als Kapitän gefahren, jetzt Lotse

Flugzeuge hatten Autopiloten mit Kreiselkompass vor Einführung des GPS-Systems. Prominentes Beispiel ist der Flug KAL007, der 1983 durch eine fehlerhafte Initialisierung des Kreiselkompasses vor dem Start von JFK nicht Richtung Anchorage flog, sondern Richtung Kamchatka, wo er von einem russischen Jagdflieger abgeschossen wurde, weil die Russen das Eindringen in ihren Luftraum für die Rückkehr eines US-Spionageflugzeugs hielten, das kurz zuvor dort aufgetaucht war.

Bei modernen Segelyachten ist der Autopilot an GPS und Kreiskompass gekoppelt. Man stellt via Kartenplotter (vergleichbar mit dem Navi im Auto) den Kurs oder den Zielpunkt ein und der Computer wird dann versuchen dieses zu fahren.

Was die Sache kompliziert dabei macht ist der Wellengang. Das Boot ist konstant in seitlicher und drehender Bewegung und daher muss der Autopilot andauernd die Ruderstellung neu kalibrieren, um den Kurs bestmöglich zu fahren. Gute Systeme reagieren nicht sofort auf eine Änderung sondern antizipieren sozusagen, sprich fahren vorausschauend die Ruderstellung, so wie es auch der Mensch tun würde. Gerade bei achterlichem Wellengang (Welle von hinten kommend) schlägt das Schiff gerne quer. In dem Fall greift der Autopilot dann oft hart in die Ruderkette (Verbindung von Steuerrad zum Ruder) wodurch der Ruderquadrant (Verbindungstelle der Kette am Ruder) extremer Belastung ausgesetzt wird und nicht selten irgendwann bricht.

Woher ich das weiß:Hobby – Segler mit SKS-Schein und eigenem Boot