Fakten über Cicero - Verres

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1) Verres als Statthalter in Sizilien

Gaius Verres (um 115- 43 v. Chr.), Sohn des Senators Gaius Verres († um 71) und vermutlich einer Frau aus der gens Tadia, war 73 – 71 v. Chr. Statthalter der Provinz Sicilia (Sizilien). Der lateinische Name für das Amt ist propraetor.

Promagistrate (wie z. B. ein Propraetor) waren anstatt (lateinisch pro = für) eines Magistrates (Amtsinhabers, Amtsträgers/Beamten) tätig. Gaius Verres war 74 v Chr. Praetor urbanus gewesen. Nach einer von Lucius Cornelius Sulla (Diktator 82 – 79 v. Chr.) eingerichteten Ordnung gingen Konsuln und Praetoren nach Ablauf ihres Amtsjahrs in eine römische Provinz und regierten sie 1 Jahr lang als Statthalter (vgl. insgesamt Jochen Bleicken, Die Verfassung der römischen Republik : Grundlagen und Entwicklung. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh. 8. Auflage, 2000. (UTB für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher, 460), S. 116 – 119). Verres ist wahrscheinlich aufgrund des von Spartakus angeführten Sklavenaufstandes 3 Jahre Statthalter gewesen.

2) Geschichte der Insel Sizilien

Das Wissen kann mit Hilfe von Nachschlagewerken (Sizilien, Geschichte) oder Büchern vermehrt werden.

Ein Hinweis: Es hat in Sizilien nicht nur die seit langer Zeit einheimische Bevölkerung gegeben, sondern auch Besiedlung durch Phönizier bzw. dann Punier (mit Karthago als wichtiger Stadt in Nordafrika) und durch Griechen. Sizilien (Sicilia) kam 241 v. Chr., nach dem Ersten punischen Krieg, an die Römer, aber nicht als erste Kolonie, sondern als erste Provinz (ab 227 v. Chr. von einem Praetor verwaltet).

3) Vertrauen der Sizilier zu Cicero und seine Wahl als Anklagevertreter

Marcus Tullius Cicero war 75 v. Chr. Quaestor in Sizilien (sein Amtssitz war in der Stadt Lilybaeum) gewesen und hatte sein Amt gewissenhaft und ohne unredliche Bereicherung ausgeübt. Außerdem war Cicero ein begabter Redner und hatte als Anwalt (in Verteidigungsprozessen vor Gericht) schon einige Erfolge erzielt. Nichtrömer benötigten zur Rechtvertretung in Rom einen Patron (patronus).

4) Vorwürfe gegen Verres

Die Vorwürfe stehen in ausführlicher Form bei Marcus Tullius Cicero, Orationes in Verrem (Reden gegen Verres). Cicero hat in seinen Reden gegen Verres (die für die zweite Verhandlung [actio secunda] wurden nicht mehr gehalten, Cicero hat aber darin veröffentlicht, was er zusammengetragen hatte) eine große Anzahl von Vorwürfen erhoben. Auch wenn nicht alles gut nachweisbare Vergehen sind und manche Abschnitte der moralischen Abwertung dienen, kam reichlich deutliches Belastungsmaterial zusammen. Verres wartete das Ende des Prozesses nicht ab, sondern ging freiwillig ins Exil.

In kurzer Zusammenfassung sind die Vorwürfe: unrechtmäßige Bereicherung und Mißbrauch der Amtsgewalt.

In seiner Anklage gibt Cicero als wesentliche Vorwürfe an:

  • willkürliche und geldgierige Verwaltung und Rechtsprechung gegen angesehene sizilische Bürger (2, 2, 12 – 138)
  • korrupte und ungerechte Abgabenerhebung (2, 3): Verres hat unter anderen mit den Steuerpächtern gemeinsame Sache gemacht und sein Verordnungsrecht zur Aufhebung von Garantien mißbraucht, die Landwirte bei der Erhebung der Steuern gegen Willkür schützen sollten.
  • Unterschlagung öffentlicher Mittel: Beim Zwangskauf einer wegen der Versorgungsengpässe in Rom angeordneten zusätzlichen Getreidelieferung (frumentum emptum) und des dem Statthalter und seinem Gefolge zustehenden Getreides (frumentum in cellam) hat es Unterschlagungen und Erpressungen gegeben (2, 3, 163 – 225). Der eigentliche Skandal war die Höhe des Geldbetrages, den die Landwirte statt dieser Getreideabgabe zahlen mußten.
  • Aneignung von Kunstwerken durch Erpressung und Gewalttaten (2, 4)
  • grausames Strafgericht gegen sizilische Schiffskommandanten, nachdem eine mangelhaft ausgerüstete Flotte von Seeräubern vernichtet worden war, obwohl Verres die Katastrophe durch seine Habgier selbst verursacht habe (2, 5, 31 - 52)
  • widerrechtliche Züchtigung und Tötung römischer Bürger (2, 5, 53– 71), ein im Prozeß gar nicht zu verhandelnder Vorwurf, der sich aber als Schlußpunkt der Anklagereden eignete, um Stimmung gegen Verres zu machen und als schlecht (korrupt, habgierig, grausam) darzustellen.

5) Anklagebezeichnung

Verres wurde wegen Erpressung angeklagt, die lateinische Bezeichnung ist de repetundis (pecuniis) = wegen der Zurückforderung (erpreßter Gelder)/wegen zurückzufordernder Geldsummen. Der von einem Praetor geleitete zuständige Gerichtshof hieß quaestio repetundarum und bestand damals aus Senatoren als Geschworenen. Das Gerichtsverfahren wird als Repetundenprozeß bezeichnet.

Albrecht  29.06.2012, 04:50

6) Schwierigkeiten Ciceros am Anfang

Ciceros Stellung als Neuling/Aufsteiger (homo novus) ist bei den Gründen ein Gesichtspunkt, aber nicht der einzige.

Gaius Verres gehörte zur römischen Oberschicht, sein Vater war Senator. Es gab Beziehungen zu mächtigen und einflußreichen Leuten. Manchen gefiel es nicht, wie ein Standesgenosse entlarvt und Mißstände der Provinzverwaltung angesprochen zu werden drohten.

Sein Hauptverteidiger war Quintus Hortensius Hortalus, damals der berühmteste Redner (Cicero konnte ihn dann mit seinem Erfolg überflügeln) und ein bedeutender Anwalt. Ein anderer Verteidiger des Verres war Quintus Caecilius Metellus Pius Scipio. Weitere Optimaten (Anhänger einer auf den Senat gestützten Politik mit Vorherrschaft der Nobilität, der Führungsschicht aus vornehmen Familien) gehörten zu einer Gruppe, die Verres unterstütze. Darunter waren Brüder aus der gens Caecilia Metella: Quintus Caecilius Metellus, Lucius Caecilius Metellus (70 v. Chr. Propraetor in Sizilien, Nachfolger des Verres) und Marcus Caecilius Metellus.

Hortensius und Quintus Caecilius Metellus wurden bei den Wahlen im Juli 70 v. Chr. für das Jahr 69 v. Chr. zu Konsuln gewählt, Marcus Caecilius Metellus zu einem Praetor (und durch Auslosung zum Vorsitzenden des Repetundengerichtshofes für das Jahr 69 v. Chr. bestimmt). Sie wurden bei den Wahlen wohl von Verres finanziell unterstützt. Denkbar war auch, daß Verres versuchte, Richter zu bestechen.

Verres und seine Unterstützer setzten auf Verfahrenstricks und Verzögerung, um den Prozeß zu verschleppen. Im nächsten Jahr wären die Umstände für Verres verhältnismäßig günstig gewesen.

Quintus Caecilius Niger, unter Verres Quaestor in Sizilien, forderte das Anklagerecht für sich und Cicero hatte erst einmal seinen Anspruch, als Kläger gegen Verres aufzutreten, in einem Vorverfahren durchsetzen (Divinatio in Caecilium).

Cicero wurde bei der Ermittlung in Sizilien behindert (Versuch, ihm Dokumente vorzuenthalten, Zeugen eine Aussage zu verbieten, Drängen gegenüber Gemeinden, nicht gegen Verres auszusagen).

Ein Repetundenprozeß wurde dazwischengeschoben, indem sofort nach Cicero jemand für einen angeblichen Fall in der Provinz Achaia einen Antrag mit einer Frist von 108 Tagen einreichte (Cicero hatte 110 Tage beantragt). So begann der eigentliche Prozeß gegen Verres nicht im Mai, sondern erst am 5. August 70 v. Chr. und im Herbst standen nicht viele Verhandlungstermine zur Verfügung.

Nachschlagewerke zur Antike und Biographien über Cicero bieten Informationen, z. B.:

Jan Bartels, Verres, C. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 12/2: Ven-Z. Nachträge. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2002, Spalte 78 -81

Klaus Bringmann, Cicero. Darmstadt : Primus-Verlag (Gestalten der Antike), 2010, S. 68 - 72

Manfred Fuhrmann, Cicero und die römische Republik. Paperback-Ausgabe. 3. Auflage. Düsseldorf : Patmos, 2007, S. 62 – 71

Francisco Pina Polo, Rom, das bin ich : Marcus Tullius Cicero ; ein Leben. Aus dem Spanischen übersetzt von Sabine Panzramm. 2. Auflage. Stuttgart : Klett-Cotta, 2011, S. 67 – 69

Nützlich sind auch Übersetzungen mit Einleitung und Erklärungen, z. B.:

Marcus Tullius Cicero, Die Reden gegen Verres : lateinisch - deutsch = In C. Verrem. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Manfred Fuhrmann. Band 1 und Band 2. Zürich : Artemis & Winkler, 1995 (Sammlung Tusculum)

7) römische Ämterlaufbahn

Die römische Ämterlaufbahn heißt lateinisch cursus honorum (Ablauf der Ehrenämter).

Durch Gesetze (leges annales) sind für die einzelnen Ämter Altersvorschriften erlassen, eine Reihenfolge von Ämtern bestimmt und Fristen zwischen der Bekleidung verschiedener Ämter festgelegt worden.

Zu den vigintisexviri (Sechsundzwanzigmänner) gehört und Militärdienst (gewöhnlich als Militärtribun [tribunus militum]) geleistet zu haben, war Voraussetzung.

Die Ämter des cursus honorum waren: Quaestor (quaestor), Volkstribun (tribunus plebis), Aedil (aedilis), Praetor (praetor), Konsul (consul)

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Hm ... Allein das letzte weiß ich: cursus honorum ist die römische Ämterlaufbahn ;)