Er nennt ihn Krüppel - wie kann man darauf reagieren?
Guten Morgen.
Letztens war ich mit einem guten Freund in der Stadt als uns drei etwa 12 jährige Jungs entgegen kamen. Der Freund von mir sitzt aufgrund einer Kriegsverletzung im Irakkrieg im Rollstuhl, kommt aber relativ gut damit klar und hat vollkommenen Lebensmut.
Jedenfalls zurück zum Thema - einer der drei Kinder schrie auf einmal Ey du Krüppel. Ich bin natürlich sofort zu ihm hingerannt, hab ihn angeschrien und zur Rede gestellt. Ich hab ihm gesagt er solle sich ein bisschen benehmen, darüber nachdenken bevor er etwas sagt und seine Eltern darum bitten ihn ordentlich zu erziehen.In diesem Augenblick hatte ich solche Wut , konnte mich jedoch zurückhalten. Ich bin alles andere als gewalttätig aber in diesem Moment hatte ich große Lust ihm eine zu geben was ich aber nicht getan habe. Der Junge verneinte meinen Vorwurf, seine Freunde ließen ihn aber mit der Aussage "er war das'' auffliegen. Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke frage ich mich ob ich richtig gehandelt habe oder eine andere Methode angemessener gewesen wäre.
Wie wäre denn nun die richtige Reaktion auf so etwas gewesen?
Danke im Voraus.
5 Antworten
Gratulation, aus meiner Sicht hast Du korrekt gehandelt, indem Du die Kinder auf die Aussage angesprochen hast. Auch Deine plötzliche Wut verstehe ich. Die Bemerkung der Kinder war äusserst unangebracht und hätte auch mich auf die Sprünge gebracht. Richtigerweise hast Du den Kindern das Problem geschildert und ihnen die entsprechende Erklärung abgegeben. Ich bin überzeugt, dass ihnen dies schon etwas "eingefahren" ist und sie sich in Zukunft anderen Invaliden gegenüber anders verhalten werden.
Hallo, erstmal finde ich gut dass Du für Deinen Freund Stellung bezogen hast. Klar, "überreagieren" ist vielleicht pädagogisch nicht so zielführend. :)
Ich denke mir, dass Kinder so reagieren, wenn sie nicht richtig aufgeklärt sind oder Berührungsangst haben (jetzt mal von mieser Erziehung und Vernachlässigung abgesehen). Vielleicht wäre ein "informierendes Beschämen" ein Weg, also dass man Ihnen ruhig aber deutlich erklärt, was mit dem Freund passiert ist, dass er im Krieg war, was er da erlebt hat, dass sowas jeden treffen kann, wie sehr das Verhalten verletzt und dass er ein besonderer, wundervoller Freund ist. irgendwie so?
Ich erinnere mich selbst an meine Kindheit. Da haben wir auch ein Mädchen immer "Elefant" ganannt, die durch eine Krankheit sehr dick war. (Ich wünschte, ich könnte das rückgängig machen...). Ich weiß noch, wir haben das nicht reflektiert, was es beim anderen auslöst, es fehlte einfach das Vermögen, sich in den anderen reinzuversetzten und in der Gruppe war es irgendwie "nur cool und grade mode", mehr nicht. Als unsere Lehrerin uns eines Tages sagte, dass dieses Mädchen wegen uns die Schule gewechselt hat und dass sie jeden Tag geweint hat weil sie Angst vor der Schule/vor uns!! hatte und uns erklärt hat dass sie eben eine Krankheit hat "wofür sie nichts kann", da haben wir uns so furchtbar geschämt und wir alle haben glaube ich nachhaltig für das Leben daraus gelernt...
Was ich damit sagen will ist, ich denke, mit moralischem Druck oder einfach nur Bloßstellen, Drohen oder Konsequenzen erreicht man keine Einsicht. Ich glaube richtiges Begreifen ist wichtig und irgendwie habe ich in der heutigen Gesellschaft generell das Gefühl, dass immer mehr Kinder/Jugendliche/Auszubildende/Schüler/Studenten nicht mehr diese wohlwollenden Momente bekommen, wo sich ihnen mal jemand in Ruhe annimmt und ihnen Tipps, Werte und Bewährtes zeigt, damit sie das auf ihrem Weg als Sicherheit an der Hand haben. Diese Phase des wirklichen Verstehens, Zeit um Persönlichkeit zu entwickeln und später stabil den Arbeitsanforderungen gewachsen zu sein ist doch gar nicht mehr vorgesehen...es geht doch nur noch drum, möglichst schnell Produktiv zu sein ohne zu investieren. Mir macht diese Entwicklung furchtbare Sorge. Demnächst haben wir das Burnout schon im Kindergarten... Wenn ich mir ansehe, wie manche Jugendliche schreiben oder sich ausdrücken, da spricht für mich die Vernachlässigung...dieses Haltlosigkeit...haben sich Deutsch allein vor dem PC beigebracht und Schreiben wie man spricht. Da ist keiner der mit ihnen mal eine halbe Stunde übt, ein paar Eselsbrücken an die Hand gibt...und ja, auch die Eltern müssen 200 % auf der Arbeit leisten, für einen Mindestlohn oder müssen noch einen 2. Job machen und haben keine Kraft, das Kind zu betreuen oder zu fördern. Ich weiß...es ist ein Teufelskreis...und diese Kinder sollen dann einen Generationenvertrag erfüllen...was für ein Erbe...
Entschuldige, ich bin vom Thema abgekommen aber das schwelt schon länger in mir, dass Druck allein einfach nicht zielführend ist, wenn die Chance zur Entwicklung nicht gegeben ist...
LG Doro
Hi,
Ich kann Dich gut verstehen. Ich wäre sicherlich auch so wütend geworden. Aber ich glaube, es ist hilfreicher, ihn sachlich damit zu konfrontieren. So wie Du es auch gemacht hast. Aber er sollte sich auch mal vorstellen erst schwer verletzt zu werden und danach deswegen gehänselt. Ob er sich das vorstellen kann? Ob er sich überhaupt vorstelllen kann im Krieg zu leben. Du kennst das, ich kenne das auch. Die meisten haben diese Erfahrung nicht und sollten einfach nur dankbar dafür sein.
So ein Spruch wie von diroda empfohlen, ist natürlich auch nicht verkehrt.
VG yonga
Deine Wut ist durchaus verständlich! Allerdings haben die Jungs durch deine Reaktion genau das bekommen, was sie wollten: Aufmerksamkeit!
In solchen Fällen einfach ignorieren. Es sei denn, man wird bedrängt.
Hallo,
solche Kommentare sind zwar gemein, aber man sollte sich nicht allzu sehr darüber aufregen. Mir wird auch häufiger so was wie "Gollum" hinterher gerufen. Mittlerweile überhöre ich das einfach.
Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan, aber was bringt es sich aufzuregen?
Anschreien bringt erst recht nichts. Eher ganz normal, aber in einem strengeren Tonfall reden. Und dabei auch nicht beleidigend werden.