Ein paar Tipps zur Gedichtsinterpretation? :)

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Du könntest deinem Lehrer mal die Literaturtheorie "Der Tod des Autors" präsentieren. Laut dieser Theorie gibt ein Autor im Moment der Veröffnetlichung seine Geschichte ab und sie gehört ihm dann nicht mehr. jeder, der sie liest, macht sie automatisch zu seiner eigenen Geschichte- darin besteht der Zweck der Literatur. Und daher geht es nicht darum, zu ergründen, was der Autor mit seiner Geschichte/ seinem Gedicht gemeint haben könnte, sondern welche Bedeutung wir aus diesem Text entnehmen. Es sollte die Aufgabe des Schülers sein, einen eigenen Zugang zum Text zu finden und diesen dann sprachlich und logisch nachvollziehbar zu erklären, anstatt nur die Meinung des Lehrers zu reproduzieren und damit Literatur zu einem toten Gehäuse zu machen.

Jetzt zu deiner Interpretation: Grundsätzlich liegt es an dir, einen Sinn darin zu finden. Ich möchte dir nur den Rat geben, nicht übers Ziel hinauszuschießen. Es gibt zwar Texte, in denen ein Stuhl beschrieben wird, der als Symbol für Gott und den Weltuntergang verstanden werden kann, aber in ganz vielen Texten ist ein Stuhl auch einfach nur ein Stuhl. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Es ist okay, auch gewagte Interpretationen zu schreiben, aber bleib erstmal bei dem, was du liest. Also erzähl z.B. erstmal, dass es eine Dialogsituation ist. Dass es einen Erzähler gibt. Wie das Gespräch abläuft. Worum es geht. etc. Und dann kannst du ganz langsam anfangen, vom offensichtlichen abzuweichen und kannst die Beziehung der Sprecher zu einander beschreiben... also nicht, ob sie Verwandte oder Kollegen sind, sondern erstmal wie sie zueinander stehen, wie sie miteinander umgehen und welche Rückschlüsse man auf ihr Verhältnis und auf ihren Charakter schließen kann. Und dann kannst du versuchen, das Schaf zu analysieren.

Ich kann dir mal ganz grob sagen, was ich darunter verstehe: Das Wort "Schaf" ist eine Beleidigung. Keine sehr böse, aber eine Beleidigung. Die Männer streiten sich also gerade. Der eine verlangt vom anderen, seine Beleidigung zurückzunehmen, also sich zu entschuldigen. Der erste zeigt sich jedoch uneinsichtig. Die Beleidigung steht also zwischen den beiden Männern und da beide stolz und dickköpfig sind, verlangen sie vom jeweils anderen, den Streit beizulegen. Somit bleiben die Beleidung und der Konflikt zwischen den beiden Männern bestehen, das Schaf steht weiterhin herrenlos in der Welt herum. Das "dumm" ist dabei ein kleiner Seitenhieb, wie ich finde, und charakterisiert die Männer und alle Menschen, die sich aus Stolz und Sturheit in solche Streits verwickeln und dann nicht mehr versöhnen. Es erinnert mich ein bisschen an meine Oma und ihre Schwester, die 5 Jahre lang kein Wort miteinander gesprochen hatten, bis sie vergessen hatten, warum sie eigentlich in Streit geraten waren^^

So eine Interpretation ist völlig ausreichend. Man muss nicht noch wer weiß was reininterpretieren. Mit deiner Idee, dass es Freunde sind, die sich aufgrund einer Frau zerstritten haben, begibst du dich auf sehr dünnes Eis, weil das Spekulationen sind, die man mit dem Text nicht belegen kann... du kannst das hinzufügen: Ich könnte mir hier auch eine Dreieckskonstellation vorstellen, wobei diese Interpretation rein spekulativ ist und meine persönlichen Fantasien zu diesem Text widerspiegelt... aber wenn dein Lehrer so streng ist, würde ich an deiner Stelle versuchen, so nah am Text wie möglich zu bleiben.

Ich würde nichts großartig Tiefsinniges in dieses "Schaf" hineininterpretieren.

Der eine Mensch findet den anderen blöd und bezeichnet ihn mit dem tierischen Schimpfwort "Schaf". Ein Schaf gilt als geistlos, trottelig und übergeduldig.

Der so Titulierte ist mit dieser Bezeichnung natürlich nicht einverstanden, Er sieht sich selbst anders und will sich nicht beleiden lassen. Er möchte, dass der Beleidiger sich entschuldigt, also die Bezeichnung "zurücknimmt". Das will derjenige aber nicht.

Deswegen steht dieses Schimpfwort (die Botschaft der Kommunikation) bildlich gesehen zwischen Absender und Empfänger.

Das Ganze fasst Eugen Roth in eine flotte Reimform. Diese Reimform und die bildliche Vorstellung von einem Schaf machen den Reiz dees Gedichtes aus.

Es gibt im Prinzip keine falsche Interpretation eines Gedichtes. Mein Lehrrer hat mal gesagt: "Ich habe mal mit einer Klasse eine Arbeit geschrieben. Es gab 4 Einsen und jeder, der diese Einsen hatte, hat das Gedicht anders interpretiert."

Bints 
Fragesteller
 16.10.2013, 18:57

Mein Lehrer ist da leider etwas komplizierter. Er meinte, wenn er unsere Interpretation nicht so sieht wie wir sie meinen kann er uns dafür keine gute Note geben.

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Toastar1860  16.10.2013, 19:03
@Bints

Ein Lehrer kann doch nicht von seinen Schülern erwarten, dass sie die gleiche Meinung wie er selbst haben. Ich würde sogar den Schulleiter mal darauf ansprechen. Dummerweise kann man dir nur schwer helfen, weil keiner weiß, wie dein lehrer das Gedicht interpretiert.

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Bints 
Fragesteller
 16.10.2013, 19:20

Ja, das ist das Doofe am Ganzen :( Aber im grunde hast du ja recht, dass es jeder andere interpretiert , danke :)

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