Deutscharbeit?

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Liebe Lauramariegnh!

Hier 10 Gedichte zum Thema Großstadt:

1.) Ihr großen Städte Steinern aufgebaut In der Ebene! So sprachlos folgt Der Heimatlose Mit dunkler Stirne dem Wind, Kahlen Bäumen am Hügel. Ihr weithin dämmernden Ströme! Gewaltig ängstet Schaurige Abendröte Im Sturmgewölk. Ihr sterbenden Völker! Bleiche Woge Zerschellend am Strande der Nacht, Fallende Sterne.

Georg Trakl (1887 - 1914), österreichischer frühexpressionistischer Dichter und Lyriker

Quelle: Trakl, Gedichte. Sebastian im Traum, Erstdruck Wolff, Leipzig 1914. Gesang der Abgeschiedenen. Aus: Abendland

2.) In einer großen Stadt Es treibt vorüber mir im Meer der Stadt Bald der, bald jener, einer nach dem andern. Ein Blick ins Auge, und vorüber schon. Der Orgelspieler dreht sein Lied. Es tropft vorüber mir im Meer des Nichts Bald der, bald jener, einer nach dem andern. Ein Blick auf seinen Sarg, vorüber schon. Der Orgelspieler dreht sein Lied. Es schwimmt ein Leichenzug im Meer der Stadt, Querweg die Menschen, einer nach dem andern. Ein Blick auf meinem Sarg, vorüber schon. Der Orgelspieler dreht sein Lied.

Detlev von Liliencron (1844 - 1909), eigentlich Friedrich (Fritz) Adolf Axel Freiherr von Liliencron, deutscher Lyriker des Impressionismus und Naturalismus

3.) Städte, haben Augen und sind wie Katzen in der Nacht. Menschen, sind wie Mäuse, bis daß der Tag erwacht.

© Manfred Schröder (*1938), deutsch-finnischer Dichter, Aphoristiker und Satiriker

4.) Hammonia Dort in der Ferne, wo sich das Morgenrot erhebt, über den Fluten meiner Sehnsucht, dort habe ich einst gelebt. Wandelte ich in den Alleen, Terrassen geschwungener Flucht, suchend um zu verstehen. Ich ward am Strome geboren, meine Seele war die Seine Und habe mich oft in Zerstreuung in seinem Antlitz verloren. Mir ist, als ob all die Wahrheit aus seiner Tiefe scheine, die Vollendung des Wissens aller Zeit. Du gibst mir Halt, trägst mich fort in fern're Höhn Auf den Schwingen engelsgleicher Gestalt. Oh Du meine Stadt, geliebte kleine Welt, weinest Du? Besitzest doch mein Herz das ganz verliebt, Dich bei sich hält. Eines Tages sehr bald schon, fällt der Tag in Nächtens Ruh', Und an deiner Seite wachet brav dein treuer Sohn. Oh, zu dieser Stunde nun, da ich dem Himmel bin, begrabet mich in dieser Erde, in ihr möcht’ ich ewig ruhn'.

© Christian Röhrs (*1986), deutscher Lyriker, Schriftsteller & Journalist

5.) Stadtgesicht Vertraut ist mir jenes Gesicht, das sich im Laufe der Dinge, im Lauf der Zeit verändert hat. Es ist reifer und doch jünger geworden, Das Gesicht meiner Stadt.

© Ruth W. Lingenfelser (*1952), Sekretärin, Dichterin, Aphoristikerin und Buchautorin

6.) Siehst du die Stadt? Siehst du die Stadt, wie sie da drüben ruht, Sich flüsternd schmieget in das Kleid der Nacht? Es gießt der Mond der Silberseide Flut Auf sie herab in zauberischer Pracht. Der laue Nachtwind weht ihr Atmen her, So geisterhaft, verlöschend leisen Klang: Sie weint im Traum, sie atmet tief und schwer, Sie lispelt, rätselvoll, verlockend bang ... Die dunkle Stadt, sie schläft im Herzen mein Mit Glanz und Glut, mit qualvoll bunter Pracht: Doch schmeichelnd schwebt um dich ihr Widerschein, Gedämpft zum Flüstern, gleitend durch die Nacht.

Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1929), österr. Lyriker, Dramatiker, Erzähler; gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten des deutschsprachigen Fin de Siècle und der Wiener Moderne. Mitbegründer der Salzburger Festspiele; Librettist für Richard Strauss' Opern

7.) Verträumter Großstadtabend Auch der Großstadt Lärm wird ruhig, Wenn sich Dämmer auf sie neigen, Und in ihre dunklen Gassen Tritt der Abend; vor den Toren Wiesenschlaf und Felderschweigen. Hier im Park sitz' ich versonnen, Auenduft liebkost mich linde So wie einst in Kindertagen, Und der Abend legt mir gütig Um die Stirn die dunkle Binde. Selig hör' ich und voll Andacht Den Choral des Schweigens schallen, Und ich seh' des Himmelsmantels Blauen, sternbestickten Sammet Weich und zärtlich niederwallen.

Hugo Salus (1866 - 1929), Arzt aus Böhmen und deutschsprachiger Schriftsteller

8.) Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt, wo nach stummen Gesetzen sich die Gassen mit Gassen vernetzen und sich Plätze fügen zu Plätzen, und die bald an die tausend Türme hat. Aber die Häuser der schwarzen Stadt, – du weißt nicht, wer darin siedelt. In ihrer Gärten schweigendem Glanz reihen sich reigende Träume zum Tanz, – und du weißt nicht, wer ihnen fiedelt...

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker

Quelle: Rilke, Die Gedichte, nach der von Ernst Zinn besorgten Edition der sämtlichen Werke, Insel Verlag 1957. Mir zur Feier. Gebete der Mädchen zur Maria, 1909

9.) Urbaner Eremit Im Radius vieler Hektar Einsamkeit jaulte er wie ein verwundetes Tier steinerne Wildnis verschlang den Hall seiner Bitte Prärie erbitterten Schweigens umgibt ihn nun laut.

© Esther Klepgen (*1965), Autorin

10.) Clervaux, die stille Stadt Was mögen wohl die alten Häuser träumen, die sich geduckt um Schloss und Marktplatz scharen und auch die engen, stillen Straßen säumen? Vom Berg grüßt die Abtei seit hundert Jahren, umkränzt von dichten, frühlingsgrünen Wäldern. – Nun scheint es nach dem Regen aufzuklaren. Ein Flüsschen schlängelt sich durch die Idylle, es windet sich gemächlich durch das Tal, ganz ohne Eile, friedvoll und in Stille. Doch wenn das Mondlicht scheint auf dunkle Auen und jedes Haus versunken ist im Schlummer, ergreift so manchen Alten tiefes Grauen. Im Traum sieht er das Schloss in Flammen stehen und hört den grellen Donner der Geschütze. Erwacht, weiß er: die Angst wird nie vergehen.

Lauramariegnh 
Fragesteller
 13.04.2019, 20:11

Woooow Dankeschön!😍

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