Der weit entfernteste Stern - Die Astrologie?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo 19tmg00,

Du stellst ja eine ganze Menge Fragen, die ich einmal versuche abzuarbeiten.

Zuerst füge ich mal das Thema Astronomie (= Naturwissenschaft vom Universum) hinzu und entferne das Thema Astrologie (= Geschäftemacherei mit Horoskopen). Ist nicht böse gemeint, aber einem Naturwissenschaftler tut es echt weh, mit einem Anbieter haltloser Esoterik verwechselt zu werden.

:`-( Schniiief... das haben wir nicht verdient, schluchz...

Jetzt aber zu Deinen Fragen:

Immer wieder im TV oder Internet erfährt man etwas von den angeblich weit entferntesten Stern vom Planeten Erde, diese seien angeblich mehrere hundert tausende gar Millionen Lichtjahre entfernt.

Die am weitesten entfernten Objekte, die wir sehen können, sind sogar einige Milliarden Lichtjahre von uns weg.

Auf so große Entfernungen kann man keine einzelnen Sterne mehr sehen. Auf diese Entfernungen sehen wir ganze Galaxien.

Irgendwann geht dem Licht ja auch die Energie aus.

Naja, die Lichtquelle erscheint in größerer Entfernung vor allem deshalb schwächer, weil sich ihr Licht auf ein immer größer und größer werdendes Volumen verteilt.

Aber ja, Du hast natürlich recht: Soooo weit entfernte Lichtquellen können wir nur beobachten, wenn wir sehr leistungsstarke Telekope verwenden, die mit ihrer Optik möglichst viiel Licht sammeln und die Aufnahmen gaaanz lange belichten lassen.

Hier ein Beispiel für so eine Aufnahme: Das Hubble-Ultra Deep Field.

Man hat das Hubble Teleskop dafür mehrere Tage belichten lassen. Man hat es auf einen winzigen Punkt am Himmel starren lassen, der nur einen Bruchteil der Fläche entsprach, die der Vollmond hat. Einen Punkt am Himmel, auf dem nichts, aber nicht ein einziges Objekt je mit einem Teleskop entdeckt worden wäre.

Und man hat auf der Aufnahme einige tausend Galaxien gefunden, in Entfernungen von über 11 Milliarden Lichtjahren.

https://www.youtube.com/watch?v=oAVjF_7ensg

Und die Vorstellung bei Hunderten und mehr Licht Jahren begreife ich nicht.

Das kann kein Mensch. Derartige Entfernungen, die dermaßen jenseits unseres Alltages sind, die kann man sich nicht mehr wirklich vorstellen. Die kann man sich nicht einmal vorstellen, wenn man mit Reiskörnern vergleicht, bei denen dann das nächste beim nächsten Stern ist. Denn schon diese Entfernungen können wir nicht mehr richtig erfassen...

Und wenn man ein schwaches Licht beobachten kann, kann dieses doch ebenso von einer schwachen Lichtquelle/Stern kommen richtig? Nun wie kommen diese Wissenschaftler drauf die Entfernung eines Sternes zu schätzen wenn es jetzt wie ich es beschreibe ja keine Möglichkeit gibt das alter eines Lichtes zu messen oder bestimmen.

Das ist gar nicht so einfach.

Es gibt verschiedene Methoden der Entfernungsbestimmung in der Astrophysik, die jede für bestimmte Entfernungen geeignet sind. Für einige Entfernungen haben wir verschiedene Methoden zur Verfügung. Das ist super, weil man dann die Ergebnisse verschiedener Methoden miteinander vergleichen kann. Wenn verschiedene Methoden ähnliche Ergebnisse liefern, ist das ein sehr guter Hinweis, dass die Methoden ganz gut sind. Auf die größten Entfernungen haben wir dann nur noch die Methode der Messung der Rotverschiebung.

Aber der Reihe nach:

  • Im Sonnensystem, z.B. zum Mond können wir noch Lichtlaufzeiten messen. Man schickt ein Signal zum Mond und misst die Zeit, bis das reflektierte Signal wieder da ist. Klingt leichter als es ist, funktioniert aber sehr gut, solange wir Entfernungen haben wie im inneren Sonnensystem. Danach streut das Licht zu sehr - selbst mit Lasern - und man kann kein rückkehrendes Signal mehr messen.
  • Weiter kommt man mit der sogenannten Parallaxe. Das ist ein Winkel. Funktioniert so, wie das 3 dimensionale Sehen mit unseren beiden Augen: Halte den Daumen vor die Nase und mach' ein Auge zu. Merke Dir den Punkt an der Wand, den Dein Daumen verdeckt. Dann wechsel das Auge, bleib aber sonst ganz ruhig sitzen: Du wirst merken, dass der Daumen jetzt einen anderen Punkt an der Wand verdeckt. Das liegt daran, dass das Auge aus einer bestimmten Richtung auf den Daumen blickt - und diese Richtung wechselt halt, wenn wir mit dem anderen Auge schauen. Wiederholst Du das Ganze mit dem ausgestreckten Arm, dann springt der Daumen auch scheinbar vor der Wand, aber weniger weit, als wenn er nahe vor der Nase war. Und genau so machen wir es mit Sternen: Wir beobachten einen Stern heute und ein halbes Jahr später, wenn die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne genau gegenüber steht - immerhin rund 300 Millionen Lichtjahre sind unsere beiden "Augen" damit auseinander. Und aus den beiden gemessenen Winkeln, unter denen wir einen Stern dabei anpeilen müssen, können wir seine Entfernung berechnen. Das funktioniert schon einige Lichtjahre weit.

--------------------- Fortsetzung folgt im Kommentar ------------------------

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
uteausmuenchen  23.09.2015, 00:38

-------------- Fortsetzung -------------------

  • Bei Entfernungen, die noch größer sind, hilft es uns, dass wir in den letzten hundert Jahren die Physik, die in Sternen abläuft, sehr gut verstanden haben. Wir kennen ein paar Formeln, aus denen wir die Leichtkraft und damit die absolute Helligkeit eines Sternes ausrechnen können, wenn wir zum Beispiel seine Masse und seine Temperatur kennen. Aus dem Vergleich der so bestimmten absoluten Helligkeit und der hier noch ankommenden Helligkeit können wir seine Entfernung bestimmen.
  • Auch bestimmte Typen veränderlicher Sterne helfen uns bei der Entfernungsbestimmung. Ein Beispiel wären die sogenannten Cepheiden. Die physikalischen Vorgänge, die bei diesem bestimmten Typ von veränderlichem Stern ablaufen, erzeugen eine ganz charakteristische Helligkeitsschwankung, so dass man sie gut identifizieren kann. Außerdem besteht eine feste Beziehung zwischen der Periode der Helligkeitsschwankung und ihrer absoluten Helligkeit. Messen wir also ihre Periode und ihre maximale bei uns ankommende Helligkeit, dann können wir die Entfernung zum Cepheiden über diese Formel ausrechnen. Mit dieser Methode kommen wir schon in uns nahe gelegene Galaxien.Cepheiden bezeichnen wir als "Standardkerzen", weil wir ihr Licht hernehmen können, um auf Entfernungen zu schließen.
  • Eine andere Standardkerze ist eine bestimmte Klasse von Supernova-Explosionen, die sogenannten Typ 1a Supernovae. Auch diese Explosionen erreichen aufgrund der ablaufenden Vorgänge immer annähernd dieselbe absolute Helligkeit. Am Verlauf der Helligkeit über die Zeit der Supernova können wir diese Klasse auch gut erkennen. Eine Supernova ist ein sehr helles Ereignis. Ein Stern kann dann kurzzeitig fast so hell strahlen wie seine Galaxie. Entsprechend können wir Supernovae 1a in etlichen Galaxien entdecken und damit ihre Entfernungbestimmen.
  • Für sehr, sehr weite Objekte bleibt uns die kosmologische Rotverschiebung. Hubble hat 1929 eine Besonerheit im Licht der damals beobachtbaren Galaxien entdeckt: Das Licht dieser Galaxien zeigt dieselben Spektrallinien von Wasserstoff, wie wir sie hier im Labor messen, aber zu längeren Wellenlängen ("Richtung rotes Ende des sichtbaren Lichtes") hin verschoben. Und zwar umso weiter verschoben, je weiter die Galaxie (aus einer der beiden eben erklärten Methoden bestimmt) weg war. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass sich der Raum zwischen uns und der anderen Galaxie ausdehnt - und zwar mit einer ganz bestimmten Ausdehnungsrate pro Entfernung. Diese Rate nennen wir heute den "Hubbleparameter" und wir konnten ihn mittlerweile über recht verschiedene Methoden ganz gut bestimmen. Wenn wir jetzt also eine Galaxie zum Beispiel im Hubble Deep Field beobachten, dann nehmen wir ihr Spektrum auf und schauen, wie sehr die Spektrallinien darin rotverschoben sind. Über den Hubbleparameter können wir daraus dann die Entfernung zu dieser Galaxie abschätzen.

Es gibt noch weitere Methoden, die ich jetzt nicht mehr beschriben habe.

Wenn Du es noch einmal ganz genau hören möchtest, dann kannst Du Dir die Folgen 19, 20 und 21 (jeweils nur ein paar Minuten) aus dem Podcast von Florian Freistetter anhören:

http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/sternengeschichten/

Also: Hinter unseren Entfernungsbestimmungen im Kosmos steckt sehr viel Physik und Wissen über die Vorgänge in Sternen, das aus sehr vielen, jetzt hier gar nicht beschriebenen Methoden stammt.

Daraus ergibt sich auch die Frage wie wurde ein Bild der Milchstraße erstellt? Um diesen ausblick zu bekommen muss man schon einige Lichtjahre, betont auf einige, hinter sich legen und dann muss diese Information ja Irgendwie zurück kommen.

Gut mitgedacht!

Ja, das müsste man. Und das hat man nie getan. Eine Raumsonde aus der galaktischen Ebene hinauszubefördern würde sehr, sehr viel Zeit und Energie verlangen.

Nein: So enttäuschend es klingt: Die Bilder sind berechnet.

Wir beobachten erstens sehr viele Spiralgalaxien und haben somit ungefähre Vorstellungen von diesen Gebilden. Andererseits sammeln wir ja sehr, sehr viele Daten über das, was wir in der Milchstraße sehen.

Das sind Sterne, aber auch interstellares Gas und die Bewegungen der Objekte in der Milchstraße. Und aus allen Beobachtungen zusammen kann man dann auf die Struktur schließen und diese dann visualisieren.

Grüße

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19tmg00 
Fragesteller
 23.09.2015, 18:41

Vielen Dank für diese überaus ausführliche Antwort. Habe mir jetzt noch wissen aus einigen Artikeln angeeignet. Aber das das Bild der Milchstraße errechnet wurde steht nirgendwo geschrieben obwohl es ja scheinbar so sein muss. Ich find es erstaunlich wie diese Bilder von Sternen und Galaxien gemacht werden und kann zurzeit nicht genug darüber erfahren :). Leider fehlt mir die Zeit mich genauer darüber zu informieren mit schule da ich ja in der Ausbildung gerade bin

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uteausmuenchen  03.10.2015, 18:30
@19tmg00

Vielen Dank für das Sternchen!!

Ich freue mich drüber

=D

Ach ja: P.S.: Weil Du schreibst:

Ich find es erstaunlich wie diese Bilder von Sternen und Galaxien gemacht werden und kann zurzeit nicht genug darüber erfahren :).

Geht mir ganz genauso. Vielleicht hast Du einmal Lust, Dir den zweiteiligen Vortrag von Josef Gaßner anlässlich des 25. Geburtstages des Hubble-Teleskopes anzuhören.

Da erzählt er in beiden Teilen sehr viel Interessantes und zeigt viele wirklich tolle Aufnahmen.

Hier der Link zum ersten Teil:

https://www.youtube.com/watch?v=FVv4xKo-IWA

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weckmannu  23.09.2015, 20:30

In Utes Beschreibung der Entfernungsmessung mithilfe der Parallaxe aus der Erdumlaufbahn ist ein sinnentstellender Schreibfehler: der Standort der Erde ist nach einem halben Jahr um 300 Millionen Kilometer verschoben ...(nicht Lichtjahre!)

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uteausmuenchen  24.09.2015, 01:18
@weckmannu

Uuups!

Danke für die Korrektur. 300 Lichtjahre wäre allerdings ein bissi viel fpr den doppelten Erde-Sonne-Abstand.

Grüße

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Je weiter ein Stern entfernt ist, desto schneller bewegt er sich von uns fort. Das ist eine Folge des expandierenden Universums. Durch diese Bewegung verschiebt sich die Frequenz des Lichtes - das Licht eines weit entfernten Sternes wird ins Rote verschoben, man spricht hier von Rotverschiebung. Wenn man also einen Stern eines bestimmten Types identifizieren kann, dessen Lichtspektrum aber um einen gewissen Wert verschoben ist, kann man ungefähr die Entfernung bestimmen. Millionen oder sogar Milliarden Lichtjahre entfernt wobei in Milliarden Lichtjahren Entfernung keine einzelnen Sterne mehr identifizierbar sind.

Nur mal eins zu bedenken geben. Wie genau das Universum funktioniert und Vor allem was für physikalische Gesetzte herrschen, weiß niemand. Somit ist es unmöglich das genaue Alter anhand von Lichtstrahlen, vor allem auf diese Entfernung zu messen. Das Licht könnte an tausenden physikalischen Gegebenheiten vorbeikommen, die es brechen oder beschleunigen.

Übrigens benötigt das Licht vom Mond hierher etwa 1,25 Sekunden und wenn die Sonne plötzlich "ausgeschaltet" würde, hätten wir noch etwas mehr, als 8 Minuten Licht.  

Ich glaube, dass man das nicht sicher sagen kann.

Google vielleicht mal Aufbau des Universums, da kommen ein paar Größenordnungen.

Astrologie kommt übrigens von Lügen (hat unser Astronomie-Lehrer immer gesagt)

Astrologen sind die mit der Kristallkugel. Astronomen sind die Wissenschaftler.

19tmg00 
Fragesteller
 22.09.2015, 20:32

Ja gut haha ich kenn mich jetzt nicht mit den Fachbegriffen so super aus... hab nach astrologie gegoogelt und spuckte mir was von der wissenschaft über das universum aus und dann nahm ich halt mal an das dies der richtige fachgbegriff sei

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JohnGrammaticus  22.09.2015, 20:37
@19tmg00

Okay :D

Jaja das sind wirklich sehr interessante Themen.

Falls du noch in die Schule geht, kannst du ja einfach mal einen Physik-Lehrer ansprechen. Der kann dir unterschiedliche Theorien erklären und vorstellen.

Vielleicht habt ihr ja sogar einen Physik-Lehrer, der was mit Astronomie zu tun hat oder dies sogar unterrichtet. :)

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19tmg00 
Fragesteller
 22.09.2015, 20:44
@JohnGrammaticus

Naja ich geh leider nicht mehr in die normale Schule sodern mache eine Ausbildung... und für einen Studiengang über das universum fehlt da die zeit leider

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JohnGrammaticus  22.09.2015, 20:56
@19tmg00

Okay, dann noch viel Erfolg. Vielleicht findest du ja mal irgendwann Zeit zum lesen. (Dafür ist es nie zu spät) Es gibt so viele interessante Bücher zu diesen Themen. Stephen Hawking hat auch ein paar richtig gute geschrieben.

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weckmannu  23.09.2015, 20:41
@19tmg00

Um Astronomie zu verstehen, braucht man nicht gleich zu studieren. Es genügt ein Besuch in der Stadtbücherei. Dort leiht man ein Buch über Astronomie und liest es an freien Wochenenden, statt im Internet im Nebel zu stochern. Bücher sind meist recht systematisch. Wenn man sich in der Bücherei beraten lässt, findet man leicht was Passendes.

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