Der Nationalstaat sei in der jüngeren Geschichte relativiert worden durch Prozesse der Europäisierung und Globalisierung sowie durch die Massenzuwanderung…?

3 Antworten

Der Nationalstaat war immer ein relativ homogenes Gebilde, zumindest in Europa. Ein Franzose war ein Franzose, ein Deutscher ein Deutscher, inklusive Stammbaum weit zurück. Einwanderung per Se war eher selten, oder lag sehr lange zurück. Das hat sich, vor allem nach dem zweiten Weltkrieg, stark verändert. Globalisierung, also die Möglichkeit, nach Europa einzuwandern, wurde vereinfacht, und die Notwendigkeit, billige Arbeitskräfte hereinzuholen, um die Nachkriegsökonomie anzufeuern, hat viele Menschen aus der dritten Welt angelockt.

Bei Frankreich waren es z.B Algerier und Nordafrikaner, für die frühe Bundesrepublik waren es türkische Gastarbeiter. Diese kamen tatsächlich anfänglich nur um zu arbeiten, gutes Geld zu verdienen (mehr als sie zuhause je könnten) und die Pläne sahen vor, dass sie sich wahlweise integrierten - was sie z.B in Frankreich auch taten - oder eben nach einigen Jahren zurück nach Hause gingen. In Frankreich führte der Erfolg dazu, dass Algerier irgenwann nicht mehr Französinnen heirateten und sich so "integrierten" sondenr durch den Erfolg begann die nachfolgende Generation gleich ihre gesamte Verwandschaft nachzuholen. Das fürhte dazu, dass man sich nicht mehr integrieren musste, man brachte "Algerien mit nach Frankreich" und blieb für sich, lehnte dann - weil man es nun konnte - die französische Art zu leben ab. Das hat sich dann nach und nach verschlimmert, führte dann irgendwann zu Ghettos, die als Enklaven eines sehr anderen, oft von Gewalt und Armut geprägten Lebensstils, sich klar und deutlich vom Rest des Landes abgrenzten und auch bewusst Paralellgesellschaften erschufen, in denen "Gottesrecht" über dem des Staates steht.

Man kann das auch sehr schön an Bildern von z.B 1900 sehen. Man sieht nur weiße Gesichter. Heute erinnert ein Spaziergang durch Paris eher an Afrika. Inklusive allen negativen Traits, wie gestiegener Gewalt, Armut und Umweltverschmutzung. Berichte aus Paris sind hier definitiv keine Einladung mehr, die "Stadt der Liebe" zu besuchen, leider.

earnest  07.09.2022, 10:42

"Heute erinnert ein Spaziergang durch Paris eher an Afrika"?

Seltsam, dass mir das in Paris nicht aufgefallen ist. Und ich war durchaus in einigen Gegenden Afrikas ...

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Ein Nationalstaat definiert sich über eine Nation.

Also eine Gruppe die sich über eine möglichst ähnliche Herkunft, Abstammung, Sprache, Kultur, Geschichte - definiert bzw besteht.

Folglich sind Nationalstaaten meistens kulturell und ethnisch homogen bzw relativ homogen gemessen - an vielen Staaten der heutigen Zeit. Zumindest das ursprüngliche Prinzip des Nationalstaates.

Eine weitere Voraussetzung ist die Souveränität dieses Staates.

In den letzten Jahren wurde aber genau das Konzept eben immer weniger verfolgt ( von einigen Staaten und Regierungen zumindest)

Durch Globalisierung und eine Ausweitung der EU haben Staaten an Souveränität verloren da Richtlinien und Gesetze oftmals von zb der EU kommen und gewisse Ebenen der souveränen Staaten zusammengelegt wurden.

Globalisierung hat teilweise auch dazu geführt, dass große Unternehmen international die Richtung der Politik und Staaten mitbestimmt haben und daher Entscheidungen oder Entwicklungen zugestimmt wurden die die Staaten als Nationalstaaten evtl nicht getroffen hätten.

Globalisierung und die EU haben auch zu aufgeweichteren Grenzen geführt und demnach zu einfacheren Möglichkeiten einzuwandern

Durch stärkeren Fokus auf internationale Wirtschaft, Regeln und Umstände der EU und teilweise dem Wunsch nach billigen Arbeitskräften wurde bei einigen Staaten nicht wirklich stark reguliert und selektiert und Integration bzw Assimilation rückte teilweise in den Hintergrund

Somit wurden einige Staaten kulturell schneller durchmischt und die eigene Identität stand weniger im Vordergrund oder hat sich eben verändert im Hinblick auf die der Nation.

Zurück zur EU: mittlerweile wird sich immer weniger auf die Existenz von Nationalstaaten oder souveränen Staaten konzentriert sondern immer stärker auf einen EU Staat oder zumindest eine föderale EU Republik drängt ( was allerdings Zukunftsmusik ist ) und heute schon das Ziel hat immer mehr Eigenschaften und Verantwortung der Staaten wie Schulden, Haushalte, Sozialstaat usw zu vereinen und Staaten übergreifender zu machen

Oftmals wird nur noch in der Größendimension ,,die EU " und der internationale Markt gedacht und der Staat an sich ( vor allem auf der kulturellen Ebene ) steht oder stand nicht mehr im Fokus

Demografische Probleme wurden oder werden der Einfachheit halber mit Migration gelöst usw

Somit wurde das Prinzip der Nationalstaaten in einigen Ländern stärker und in anderen weniger Stark relativiert

LeniLivMueller 
Fragesteller
 10.09.2022, 15:51

Vielen Dank erstmal! Was meinst du aber mit “gewisse Ebenen der souveränen Staaten wurden zusammengelegt ” wie muss ich mir das vorstellen?

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AgainstYourMind  10.09.2022, 16:52
@LeniLivMueller

Die rein staatliche Ebene wurde aufgelöst

Viele teils essentielle Regeln kommen aus Brüssel welche eigentlich die Staaten regeln könnten

Es gibt gemeinsame Fonds und Töpfe für Schulden wobei wir bei einer soften Variante einer Schuldengemeinschaft wären

Staaten können bei gewissen Gesetzgebungen Einspruch aus Brüssel erhalten

Einige Regeln wurden staatenübergreifend bzw EU-übergreifend gemacht

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Ab den 1970ern gab es die Befreiung des Kapitals von den nationalstaatlichen Rahmen hinaus ins Freie.

Dadurch, dass sich das Kapital plötzlich über Staaten hinwegsetzen konnte, führte dazu, das Nationalstaaten an Macht verloren haben. Es unterlag keiner Regulierung mehr. Mit der Liberalisierung der Wirtschaft ging eine Liberalsierung der Gesellschaft einher.

Selbst jetzt, wo es vermeintlich unter europäischer Kontrolle ist, ist das Kapital sehr unreguliert dank der Monetaristen und NeoLiberalen.

Auch hat man die Grenzen für Gastarbeiter geöffnet, um so billigere Arbeitskräfte zu erhalten. Dieser Trend zieht sich bis heute hin. Die politische Klasse (oder das System) fordert derzeit 500.000 Zugewanderte.

Man versucht das Rentenproblem quantitativ statt qualitativ anzugehen. Es ist das Festhalten am bestehendem. Eine sehr utopische Vorstellung, worauf bereits Alt-Kanzler H. Schmidt hinwies.

Dass man dadurch den sozialen Frieden in Kauf nimmt dank nicht vorhandener, lappiger Integrationspolitik, das hat man für die Wirtschaft in Kauf genommen. Es fand keinerlei Integration statt, stattdessen formierte sich eine Kruste dank der neudazugekommenden und es fehlten somit jegliche Anreize, sich mit der Mehrheitsgesellschaft auseinanderzusetzen.

earnest  07.09.2022, 10:40

Du benutzt die Frage dazu, Kritik an der von dir so gesehenen Politik zu üben, mithin deine eigene Agenda zu präsentieren.

Das finde ich unangemessen.

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Rakey269  07.09.2022, 10:50
@earnest

Was soll dieser Moralismus in deutscher zeigefinger‘scher Art?

Die Frage überlappt sich nunmal stark mit meiner Kritik, richtig. Dennoch war hier das Beantworten der Frage an erster Stelle.

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earnest  07.09.2022, 10:53
@Rakey269

Du kannst dir deine rhetorische Frage gern sparen.

Ungefähr zwei Drittel deiner Antwort dienten dem Verbreiten deiner Kritik, mithin deiner Agenda.

Aber "an erster Stelle" stimmt. Wenn man es großzügig sieht: acht Zeilen lang.

;-)

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Rakey269  07.09.2022, 11:03
@earnest

Durchs wiederholen deiner haltlosen Unterstellung wird’s nicht wahrer.

Nicht immer so bad faith sein, das kannst du besser ;-)

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Rakey269  07.09.2022, 11:09
@earnest

Ach und deine böswillige und unhaltbare Unterstellung war nicht persönlich?

Schönen Tag noch.

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earnest  07.09.2022, 11:11
@Rakey269

Das war weder böswillig noch unhaltbar.

Dir auch noch einen schönen Tag.

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