Deontologische Sicht zur Abtreibung?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
 Ich habe bis jetzt, dass Deontologen einer Abtreibung vermutlich kritisch gegenüberstehen, da sie die reine Handlung, also die Tötung des ungeborenen Kindes bewerten würden, die, da es eben um eine Tötung handelt, moralisch schlecht zu bewerten wäre.

Nein, da diese These bereits voraussetzt das sie den Fötus als ungeborenes Kind ansehen.

Ich bin Deontologe (Rawlsianer) und absolut Pro Choice, da ich eben genau diese These (also dass es sich dabei um ein Ungeborenese Kind handelt) eben nicht teile.

Auch eine Tötung wird nicht Grundsätzlich als "Moralisch Schlecht" eingestuft.

In der Deontologie ist es entscheidend, dass die Handlung durch eine allgemeine Vernünftige Regel legitimiert oder Verboten wird, diese Regel kann aber durchaus selbst differenziert sein (so lehnen zwar viele Deontologen Gewalt ab, nicht aber Selbstverteidigung etc.)

Deontologischer Absolutismus ist nur eine sehr Extreme Form.

Ich kann zwar z.B. beim Tödungsverbot nicht quantitativ aufrechnen wie viele Menschen ich dadurch Rette, aber gerade in der Moderaten Deontologie ist es durchaus möglich dass eine gleichwertige oder höherrangige Regel eine andere Einschränkt, weshalb die Selbstverteidigung oder Fremdverteidigung dennoch möglich ist nur eben in Unabhängigkeit der Quantität, sondern weil das unterlassen selbst eine qualitativ gleichwertige Regelverletzung wäre.

Bei der Abtreibung wird kein Kind getötet, auch kein ungeborenes. Das wäre strafbar.

Die herrschende Regel besagt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Abtreibung eines Fötus!!! erlaubt ist.

Wenn die Abtreibung also einer herrschenden Regel entspricht und gemäß ist, ist sie eigentlich "gut".

MissGranger11 
Fragesteller
 23.01.2023, 20:55

Danke für Deine Antwort. Du hast recht, das mit dem Töten habe ich falsch formuliert.
Ich ging davon, aus dass der Schutz (zukünftigen) menschlichen Lebens in der Deontologie ein wichtiges Prinzip ist, nachdem ich dann auch versuchte, die Abtreibung moralisch zu bewerteten.
Aber kann man in der Deontologie zur moralischen Bewertung auch die aktuelle Gesetzeslage (anstelle dieses Prinzips) heranziehen?

0
Atzej  23.01.2023, 20:59
@MissGranger11

Ich kenne mich damit tatsächlich nicht aus und habe einfach das wiki-Stichwort herangezogen.

"Bestimmte Handlungen können daher als intrinsisch gut oder schlecht bezeichnet werden (siehe moralischer Absolutismus weiter unten). Entscheidend ist dabei, ob die Handlung einer verpflichtenden Regel gemäß ist und ob sie aufgrund dieser Verpflichtung begangen wird."

Eine legale Abtreibung ist auf jeden Fall einer verpflichtenden Regel gemäß!

1
Darkwater9723  23.01.2023, 21:19
@MissGranger11
Aber kann man in der Deontologie zur moralischen Bewertung auch die aktuelle Gesetzeslage (anstelle dieses Prinzips) heranziehen?

Jain, bzw. nur indirekt in dem Sinne das man aus deontologischer Sicht das Gesetz aus Gründen der fairness achten sollte solange es nicht selbst gegen höherstehende Prinzipien dadurch verletzt würden (siehe dazu Ronald Dworkin, der in dem Bereich viel geforscht hat).

Allerdings würden viele Deontologen auch "Schutz zukünftigen menschlichen Lebens" als Regel als zu allgemein, zu unspezifisch und zu offen für Interpretationen im Sinne einer beliebigen Agenda ablehnen, da eine solche Regel ihren eigenen Legitimationsgrundlagen zu wieder liefe.

2

ziemlich jeder Deontologe vertritt die Ansicht man müsse (unschuldiges, menschliches) Leben (ab wann das beginnt ist unklar) schützen

ab dem 18 Mobat gilt auch für manche (unschuldigen) Leid zufügen als Argument dagegen

Die Deontologie- oder Pflichtethik bewertet Handlungen nach ihren Motiven. Insofern ist bezüglich des Themas Abtreibung also nicht die Handlung des Tötens zu bewerten, sondern die Motive, die zur Abtreibung Anlass sind. Dies können je nach Einzelfall sehr unterschiedliche Motive sein: Ein Mensch der beispielsweise durch die Geburt den Verlust seiner Frau befürchten muss, hat eine andere Motivation als ein Mensch, der, ebenfalls beispielhaft, sich die Erziehung eines Kindes absolut nicht zutraut. So kann eine Vielzahl an Motivationen betrachtet werden und abhängig davon muss die jeweilige Motivation nach den Kriterien der Pflichtethik bewertet werden.

ioesh  23.01.2023, 20:38

wie kommst du darauf?

das stimmt halt schlichtweg nicht

1
Uli2701  23.01.2023, 21:42
@ioesh

Die Deontologie- oder Pflichtethik bewertet Handlungen nach ihren Motiven. Wenn nun viele Menschen gleichartige Motive haben, so kommen sie halt auch zu gleichen Handlungen oder Auffassungen. Dies verändert aber nicht das Grundprinzip der Pflichtethik in der Weise, dass es zu einem Thema dann nur noch eine motivationsunabhängige Auffassung gibt! Selbstverständlich kann eine abweichende Motivationslage auch zu einer anderen Bewertung führen.

0
Lennister  24.01.2023, 16:34
Die Deontologie- oder Pflichtethik bewertet Handlungen nach ihren Motiven

Das kann man in Bezug auf bestimmte deontologische Ethiken sagen, bspw. in Bezug auf die Ethik Kants, für die die Maxime, nach der gehandelt wird, der Ausgangspunkt der Bewertung ist.

Dass deontologische Ethiken dies immer machen würden, ist aber falsch. Bspw. der deontologische Intuitionismus nach W.D. Ross bewertet Handlungen nicht nach ihren Motiven, sondern danach, ob die Handlung als solche (d.h. das, was jemand tut) den intuitiven Pflichten entspricht.

1

Ja. Aber ist es wirklich moralisch immer verwerflich zu Töten? Wie kommst du darauf? Also auf diese Moral

ioesh  22.01.2023, 22:17
Aber ist es wirklich moralisch immer verwerflich zu Töten?

Deontologen kennen nur "immer"/"nie"

1
Lennister  24.01.2023, 16:35
@ioesh
Deontologen kennen nur "immer"/"nie"

Einige Deontologen, namentlich Vertreter eines moralischen Absolutismus, kennen nur "immer" und "nie". Vertreter einer moderaten Deontologie kennen dagegen durchaus Fallunterscheidungen bzw. Ausnahmen von allgemein geltenden Regeln.

3
ioesh  24.01.2023, 16:57
@Lennister

ich denke hier wird nach konsequenten Deontologen gefragt und über moderate kann man auch sagen sie seien keine richtigen im eigentlichen Sinne

aber ja stimmt natürlich

1