Darf ich meine Tochter hassen?
Allein die Frage ist furchtbar, ich weiss. Ich habe eine 25jährige Tochter, und ich liebe sie - nartürlich! Aber manchmal... manchmal... Wenn ich an die Pubertät zurückdenke, war es der blanke Horror! Klar, ich habe total viel falsch gemacht. Geblickt auf meine zweite Tochter (jünger) habe ich x-fach viel falsch gemacht. Ich war und bin Alleinerziehend und heute sehe ich, welche riesige Lücken und Defizite da sind. Damals, als die Pubertät der 25jährigen so krass verlief, da hatte ich zumindest die Kraft und den Biss standzuhalten, manchmal die Ruhe auszuhalten. Aber heute in den letzten Jahren merke ich, wie ich Stück für Stück zerfalle, ich mich immer frage, wie es kommt dass diese Respektlosigkeit so unfassbar hart ihr Gesicht zeigt. Was in Himmels Namen habe ich so vergeigt? Was hätte ich tun müssen? Um kurz aufzuschlüsseln: sie hat keinen Schulabschluss, Privatstudium abgebrochen, lebt von Oma und "Jobs", will mal "ganz gross raus" in der Musikszene.. ich (die Mutter) habe "ja eh keinen Plan". Sie war immer ein Vaterkind (was ja auch okay ist) und ich glaube, sie hat mich als Muttermensch immer irgendwie so tief im Inneren abgelehnt. Geht das? Ja, oder? Dann erzählt sie Geschichten bei ihren Freunden, in etwa: sie wurde geschlagen (unfassbar, das ist brutalst gelogen!), sollte in ein Heim, hatte nie ein Zuhause... Das ist so unfassbar. Ich habe sie irgendwann zur Rede gestellt, sie gefragt ob sie ihr eher desolates Leben damit erklären wolle, ob sie es auf meinen Schultern rechtfertigen wolle, danach hat es geknallt und geknallt, und die Kluft zwischen uns wuchs. Sie sei kein Mainstream, sagte sie. Verlierer bin ich. Immer ich! Sie ist mir inzwischen rhetorisch haushoch überlegen!, und ich habe keine Kraft mehr, wenn, nur immer mal kurz. Wenn ich mich aufrege, dann kippe ich auch gleich wieder. Buhle um ihre LIebe. Sie bleibt dann eisekalt. Bringt mich schier um. Ich will das einfach nicht mehr. Zeitlebens habe ich versucht die Hälfte von dem Gefühl zu bekommen wie es ihr Vater bekam. Mich lutscht das so wahnsinnig aus. Ich verstehe das nicht. Ich finde das so wahnsinnig unfair, ich glaube, da ist ein tiefer Hass in ihr, warum auch immer den ich mir nicht erklären kann und der mir ohne Ende weh tut. Dann bin ich manchmal so wahnsinnig wütend. Und dann frage ich mich, ob ich auch hasse, aber während ich das hier schreibe, kann ich eigentlich nur weinen. Dabei ist sie manchmal so entzückend und witzig, und fehlt mir auch so sehr. Aber inzwischen habe ich richtig schlimme Angst vor ihr, das ist das Allerschlimmste. Meine inzwischen heftige Depression sagt mir, ich soll Abstand nehmen. Aber die Mutter in mir, verbietet mir jedes Ego! Ich werde morgens wach, bin verheult und kriege Panik. Nun hat sie einen neuen Freund, ich mag ihn gar nicht kennenlernen - ich ahne, was er für ein Bild von mir hat. Bitte sagt mir, habe ich das Recht zu hassen? Oder mich umzudrehen? Zu sagen, geh jetzt, es reicht?
Liebe Grüße
11 Antworten
Guten Abend ..., Hass, Wut, Traurigkeit, Angst, Freude etc. sind GEFÜHLE, die sich einfach ungefragt einstellen und nicht zwingend unserer "Vernunft" folgen. Gefühle erliegen keinem "muss". Dadurch erleben wir scheinbar ohne unser Zutun entsprechend unserer individuellen Ausprägung (Entwicklung/Persönlichkeit) immer wieder Zustände, in denen wir Wollen und Können nicht in Einklang bringen können.
Jeder Mensch ist einzigartig, das bedeutet in seinem Wesen grundverschieden von einem anderen. Das gilt auch für so genannte Blutsverwandte. Gerade Verwandten kann der Umgang miteinander am schwersten fallen, weil sie davon ausgehen, dass die biologische Verwandtschaft "automatisch" die nächste Nähe und das meiste Verständnis füreinander herstellt. Das ist ein anerzogener Irrtum. Unser/e Kind/er ist/sind eben nicht wir Eltern. Sie gehören uns auch nicht. So sehr wir uns Nähe und Verständnis wünschen, so können wir es doch nicht erzwingen, was wir jedoch mit unseren ERWARTUNGSHALTUNGEN leider mehr oder weniger unbewusst tun. Wir grenzen uns zu wenig voneinander ab, haben Schwierigkeiten einander loszulassen und fügen uns dadurch ungewollt wechselseitig die größten Schmerzen zu.
Der Schlüssel zur Entspannung ist, von gegenseitigen Vorwürfen und Selbstvorwürfen zu lassen - das geht mitunter nicht ohne professionelle Hilfe. Was wichtig ist, um diesen Schlüssel "in die eigene Hand" zu bekommen: gegenseitig Distanz für eigene Räume schaffen, um sich beruhigen und mehr Klarheit über die eigene Situation erlangen zu können. Du musst nichts aushalten, wofür du nicht die emotionale Kraft hast.
Hilfreich wäre es, wenn du dich vom Kreuz deiner angeblichen Schuldigkeit, von inneren Zwängen und Verboten befreien könntest. Das dauert zwar, aber es kann gelingen. Die Akzeptanz, dass und warum wir so geworden sind wie wir sind, ist das Eine. Trauern zu können über das, was nicht mehr rückgängig zu machen ist ... Aber genau darin liegt der Weg zu erkennen, dass es so, wie es bisher war, nicht bleiben "muss". Wir können uns zu jeder Zeit selbst diese Ermutigung geben.
Das wohltuende Maß an Nähe und Distanz zu finden, die ihren Anfang immer in der Familie nimmt, bleibt dabei eine lebenslange Herausforderung für alle Beziehungen, die man knüpft.
Ich wünsche dir alles erdenklich Gute
Noch etwas: Dass du dich hier traust, dein Leiden zu thematisieren, zeigt, wie sehr es dich beschäftigt und dass dir etwas daran liegt, damit es dir UND deiner Tochter besser gehen kann.
Das ist wirklich eine schrecklich respektlose Tochter, als allein erziehende Mutter ist es natürlich viel schwieriger ein Kind, vor allem durch die Pubertät zu bringen, aber ich glaube das hat nix mehr mit Erziehung sondern mit Charakter zu tun, und einen Menschen mit so einem Charakter gehört verstoßen. Du hast das recht dich umzudrehen und ihr zu sagen, dass es reicht. Was ich dir auch raten würde.
Sie hasst dich auf keinen Fall. Es ist nur so, dass sie psychisch so ein Verhältnis zu dir aufgebaut hat, dass sie dich jetzt einfach nicht mehr erträgt, obwohl sie dich liebt. Sie weiß genau, wie du denkst, wie du auf bestimmte Situationen reagierst, also will und kann sie dein Gerede nicht mehr hören. Versuch nicht mehr sie zu erziehen, sei wie eine Freundin, von mir aus gibt ihr rat, aber Befehle oder Vorträge braucht sie schon lange überhaupt nicht mehr.
Danke. Das macht sicher Sinn - auch, wenns nicht leicht ist.
Zu sagen, geh jetzt, es reicht?
Das Recht hast Du.
Ich war auch alleinerziehende Mutter von 3 (inzwischen erwachsenen) Kindern - so krass war das bei uns nie.
Jetzt noch nach Fehlern von damals zu suchen bringt nichts - sie sind eh schon gemacht.
Lass sie ab jetzt einfach links liegen und mach das
Buhle um ihre LIebe
nicht mehr. Wird hart - aber vielleicht merkt sie dann, was sie anrichtet.
Dadurch wirst Du bestimmt zur Ruhe kommen.
Besser hätte man es nicht sagen können und jetzt verstehe ich warum Mama mich so vernachlässigt
Mit Hass direkt hat das wohl eher nichts zu tun,sondern damit das du echt fertig und ausgelutscht bist.Ich denke du hast das Recht zu sagen sie soll gehen und es reicht dier.Du musst auchmal an Dich selber denken
Vielen lieben Dank für diese Antwort, oder diesen Rat. Ich muss das x-mal lesen. Und ja, Du hast recht - ich muss natürlich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Das werde ich sicher auch! Dennoch haben mir Deine Worte sehr geholfen. Danke Danke Danke.