Cut-Through - sinnvoll?

2 Antworten

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Store-and-Forward: Der Frame wird komplett gespeichert, die Prüfsumme wird geprüft, die Weiterleitungsentscheidung getroffen.

Fragment-Free: Die ersten 64 Byte werden gespeichert. 64 Byte ist die Mindestlänge eines Ethernet Frames. Kürzere Frames weisen auf eine Kollision hin. Hat man also 64 Byte gespeichert, kann man davon ausgehen, dass es keine Kollision gab. Die Weiterleitungsentscheidung wird getroffen. Die Prüfsumme kann erst ermittelt werden, wenn der Frame komplett gesehen wurde. Wenn man also anhand der Prüfsumme feststellt, dass der Frame beschädigt ist, ist ein Teil des Frame schon auf dem Weg zum Ziel. Der Switch hat also Müll weitergeleitet.

Cut-Through: Die ersten 6 Byte werden gespeichert, das ist die Zieladresse. Anhand dieser wird die Weiterleitungsentscheidung getroffen. Die Prüfsumme kann erst ermittelt werden, wenn der Frame komplett gesehen wurde. Wenn man also anhand der Prüfsumme feststellt, dass der Frame beschädigt ist, ist ein Teil des Frame schon auf dem Weg zum Ziel. Der Switch hat also Müll weitergeleitet.

Kollisionen haben im Full-Duplex-Betrieb, den wir ja heute zumeist haben, keine Bedeutung mehr. Fragment-Free ist deshalb ebenfalls bedeutungslos.

Cut-Through (und Fragment Free) bergen die (geringe) Gefahr, dass der Switch defekte Frames weiterleitet und somit das Netz belastet wird.

Store-and-Forward hat den Nachteil, dass erst mal der komplette Frame gespeichert werden muss. Das braucht Zeit, das braucht Speicher.

Speicher ist aber mittlerweile relativ günstig. Die Zeit, die zum Speichern benötigt wird, hängt auch von der Datenrate ab. Die ist heutzutage so großzügig, dass der Zeitunterschied für den Speichervorgang beim Speichern eines vollen Frames (1.500 Byte) gegenüber dem Speichern der Adressen beim Cut-Through nicht mehr sinnvoll messbar ist. Bei Datenraten von 10 Mbit/s und niedriger hatte das noch Bedeutung. Umgekehrt sind die Bitfehlerraten im LAN auch sehr niedrig.

Meines Wissens arbeitet moderne Hardware mit Store-and-Forward, weil das gegenüber Cut-Through keine nennenswerten Nachteile hat und weil Cut-Through trotz niedriger Bitfehlerrate keine nennenswerten Vorteile hat.

Um jetzt hier einen Grenzwert für die Paketfehlerrate zu ermitteln, muss man den Zeitgewinn betrachten, den man beim Speichern nur des Adressfeldes gegenüber dem vollständigen Frame hat und den Zeitverlust durch erneute Sendung defekter Frames gegenüber stellen.

ZatziDerZatzi 
Fragesteller
 28.10.2022, 11:55

Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Das hat mir auf jeden Fall weitergeholfen :)

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franzhartwig  28.10.2022, 11:58
@ZatziDerZatzi

Das ist schön. Die Frage ist schon recht speziell für diese Plattform. Deshalb diese Massen an Antworten :-) Und danke für den Stern ...

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