Aufwands- oder Bestandskonto?

2 Antworten

Grobe Faustregel: Alles was den Wert eines Unternehmens für einen imaginären Käufer erhöht, ist Bestand.

Beispiel:

Der imaginäre Käufer will das Unternehmen zum Buchwert 100.000,- kaufen.

Jetzt kommen aber noch für 20.000,- Rohstoffe ins Lager, die muss der Käufer natürlich mitbezahlen, die sind ja wertmäßig da (lassen wir jetzt mal außen vor, dass auf der anderen Seite 20.000,- vom Bankkonto runtergehen).

Oder andersrum: Wenn körperlich greifbare Dinge dem Unternehmen zufließen oder abgehen, dann ist meist ein Bestandskonto betroffen.

Rohstoffe gehen rein. Bestand Rohstoffe erhöht sich. Soll.

Rohstoffe gehen raus. Bestand Rohstoffe verringert sich. Haben.

Hilfsstoffe: Liegen körperlich auf Lager. Also prinzipiell Bestandskonto.

Jetzt gibt es etliche Vereinfachungen, die es vom Verständnis anfangs komplizierter machen.

Die Hilfsstoffe ereilt ja das Schicksal, früher oder später (eher früher) verbraucht zu werden. Und sie werden nicht oder nur unwesentlich in ein Produkt umgewandelt.

Wenn die Hilfsstoffe sowieso bald verbraucht werden und dann einen Aufwand erzeugen, könnte man ja gleich auf Aufwand buchen.

Also statt:

  1. Bestand Hilfsstoffe an Bank (Bestand an Bestand)
  2. Aufwand für Hilfsstoffverbrauch an Hilfsstoffe (Aufwand an Bestand)

bucht man gleich

Aufwand für Hilfsstoffverbrauch an Bank (Aufwand an Bestand)

Bei dieser Methodik muss man aber zum Jahresende den Bestand der Hilfsstoffe per Inventur nacherfassen und Veränderungen erfolgswirksam buchen.

Beispiel:

Es wurden für 500.000,- im Laufe des Jahres Hilfsstoffe gekauft. Geplant war, diese komplett zu verbrauchen:

Aufwand für Hilfsstoffverbrauch an Bank 500.000,- (Aufwand an Bestand)

Am Ende des Jahres hat man aber noch Hilfsstoffe für 10.000,- übrig. Wurden halt doch nicht verbraucht. Wir korrigieren also:

Bestand an Hilfsstoffen an Bestandsveränderungen (Bestand an Aufwand/Ertrag)

Was ist passiert?

Der Bestand an Hilfsstoffen wird jetzt korrekt mit 10.000,- ausgewiesen.

Der Aufwand aus Hilfsstoffverbrauch und Bestandsveränderungen beträgt jetzt 500.000,- - 10.000,- = 490.000,- was ja auch richtig ist, da nur 490.000,- verbraucht wurden.

Hippoapfelmus  22.02.2021, 17:54

So bekommt man es auch in der Schule beigebracht: Rohstoffe grundsätzlich erst mal auf Aufwand (obwohl es der Sache nach Bestand ist) und dann am Jahresende nach der Inventur über das Konto Bestandsveränderungen korrigieren.

Mit zunehmender Leistungsfähigkeit der EDV geht man mehr und mehr über, zweistufig zwischen Einkauf und Verbrauch zu buchen. Es ist in der Abfolge aufwändiger, aber für die heutigen Programme und Computer kein Problem und gibt dir tagesgenau den Überblick über den Rohstoffbestand.

Rohstoffe werden eingekauft:

Rohstoffe (Bestand) an Bank (Bestand)

Rohstoffe werden in Fertigerzeugnisse umgewandelt:

Verbrauch Rohstoffe (GuV) an Rohstoffe (Bestand)

Fertigerzeugnisse (Bestand) an Bestandsveränderung Fertigerzeugnisse (GuV)

Fertigerzeugnisse werden verkauft:

Bestandsveränderungen Fertigerzeugnisse (GuV) an Fertigerzeugnisse (Bestand)

Bank (Bestand) an Umsatzerlöse (GuV)

Diese aufwändige Kette gibt dir jederzeit einen Überblick über

  • den Rohstoffbestand
  • den aktuellen Verbrauch der Rohstoffe
  • den Fertigerzeugnisbestand
  • die Umsatzerlöse

Wenn du statt Bestandsveränderungen Fertigerzeugnisse zwei Konten führst: Verbrauch Fertigerzeugnisse (GuV) und Zugänge Fertigerzeugnisse aus Produktion (GuV), kannst du sogar tagesgenau deinen Deckungsbeitrag aus deinen Verkäufen ermitteln.

Umsatzerlöse (GuV) minus Verbrauch Fertigerzeugnisse (GuV) = Deckungsbeitrag 1 bzw. Wahrenrohgewinn.

In der klassischen Schulbuchmethode musst du bis zur körperlichen Zählung der Bestände warten, und machst bis dahin einen wirtschaftlichen Blindflug.

Und Blindflüge haben Kaufleute nicht so gerne.

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Bei Geschäftsfällen immer das Aufwandskonto für Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe... in der Bilanz steht dann später nur der Inventurwert.