Aristoteles Atommodell?

4 Antworten

Aristoteles hat kein Atommodell vertreten. Die Annahme in ihrer Anzahl unbegrenzter kleinster, unteilbarer Körper als Bausteine der Materie, die im antiken Atomismus von Leukipp(os) und Demokrit)os (die früher als Aristoteles lebten und deren Naturphilosophie ihm bekannt war) vertreten worden ist, hat er abgelehnt. Aristoteles hat sich mit der Theorie von den Atomen (ἄτομα [atoma]; Singular: ἄτομον [atomon]) und dem Leeren (κενόν [kenon]) auseinandergesetzt. Dabei lobt er manches als interessante, zu wichtigen Problemen vordringende Überlegung, verwirft aber aus sachlichen Gründen ihre Atomtheorie, weil sie nach seiner Auffassung Unstimmigkeiten und ungelöste sachliche Schwierigkeiten aufwies.

Aristoteles hat eine Elementenlehre vertreten. Grundstoffe sind dabei nicht Atome, sondern Elemente (στοιχεῖα [stoichion]; Singular: στοιχεῖον [stoicheion]).

Dabei knüpft er teilweise an eine Vier-Elemente-Lehre früherer Naturphilosophie an, deren Begründer Empedokles gewesen ist, der die Urstoffe/Grundstoffe allerdings nicht Elemente, sondern Wurzeln (ῥιζώματα [rhizomata]; Singular: ῥίζωμα [rhizoma]) nannte.

Den materiellen Dingen liegt nach der von Aristoteles entwickelten Naturphilosophie eine Erste Materie (πρώτη ὕλη [prote hyle]) zugrunde, ungeformte Materie, noch unbestimmt, nur der reinen Möglichkeit nach etwas Bestimmtes. Die konkreten materiellen Dimge sind geformte Materie. Der Raum ist kontinuierlich mit Materie erfüllt.

Als Grundstoffe/Grundstoffe gibt es in der sublunaren Sphäre (Bereich unter dem Mond; von der Erde bis zum Mond; also die irdischen Dinge umfassend) die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft.

In der translunaren/supralunaren Sphäre (Bereich jenseits/oberhalb des Mondes, die Himmelsregion) gibt es als ein weiteres Element Aither (αἰθήρ [aither) – verbreitet ist die Bezeichnung Äther nach dem lateinischen Wort aether, mit dem später die griechische Bezeichnung übersetzt worden ist - als Stoff der Gestirne und Himmelssphären. Aither ist ewig/unvergänglich und unwandelbar. Aither ist von anderen (Aristoteles verwendet dagegen Ausdrücke wie „erster Körper“, „erstes Element“ oder „der göttliche Körper“) als fünftes Element gezählt und deshalb lateinisch quinta essentia (fünftes Seiendes; daher stammt der Ausdruck Quintessenz) genannt worden.

Es gibt als Qualitäten (Eigenschaften) die Gegensätze warm - kalt und tocken – feucht, die verschieden kombiniert werden können.

Den Elementen Feuer (πῦρ [pyr]), Wasser (ὕδωρ [hydor]), Erde (γῆ [ge]), Luft (ἀήρ [aër]) sind jeweils zwei dieser Eigenschaften zugeordnet. Feuer ist warm und trocken, Wasser kalt und feucht, Luft warm und feucht, Erde kalt und trocken.

In den bestimmten realen Dingen der Natur sind die Elemente in einer Mischung anzutreffen, bei der ein bestimmtes Element überwiegt.

Feuer und Wasser tendieren dazu, außen zu liegen und ziemlich rein (ungemischt) zu sein, Wassser und Luft dagegen, in der Mitte und mehr gemischt zu sein.

Es gibt Veränderung. Der Wandel vollzieht sich am einfachsten und schnellsten, wenn nur bei einer Gegensatz-Eigenschaft ein Austausch geschieht. Aus dem feuchten und kühlen Wasser wird durch Erwärmung Luft, aus Luft durch Ausdörrung Feuer, aus Feuer durch Abkühlung Erde oder Asche und aus Erde durch Verflüssigung Wasser.

In der sublunaren Sphäre ist die eigentümliche einfache Bewegung nicht eine kreisförmige Bewegung, sondern eine geradlinige, steigende (aufwärts, nach oben gehende) oder fallende (abwärts, nach unten gehende) Bewegung, je nachdem ob das Element leicht oder schwer ist. Es vollzieht sich eine Bewegung zum zweckmäßigen Ort. Der natürliche Zustand ist der Ruhezustand. Die geradlinige Bewegung hat einen Anfangs- und Endpunktist vorübergehend, bis zum Erreichen des Ruhepunktes.

In der translunaren Sphäre ist die natürliche Bewegung eine kreisförmige Bewegung mit einer konstanten Geschwindigkeit.

wichtige Texte mit Darstellung und Erörterung von Atomtheorien und Elementelehre:

Aristoteles, Metaphysik 1, 3 – 9

Aristoteles, Physik 1, 4 und 3, 4 – 6

Aristoteles, Peri ouranou (Περὶ οὐρανού; Über den Himmel; lateinischer Titel: De caelo) 3

Aristoteles, Peri geneseos kai phtoras (Περὶ γενέσεως καὶ φθορᾶς; Über Entstehen und Vergehen; lateinischer Titel: De generatione et corruptione) 1, 1 – 2 und 1, 6 – 10 und 2, 1 – 9

Literatur:

Thomas Buchheim, Aristoteles - Einführung in seine Philosophie. Originalausgabe. Freiburg ; München : Alber, 2015, S. 107 - 112

Hellmut Flashar, Aristoteles. In: Ältere Akademie, Aristoteles, Peripatos (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 3). Herausgegeben von Hellmut Flashar. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2004, S. 355 – 356

Hellmut Flashar, Aristoteles : Lehrer des Abendlandes. 2, durchgesehene Auflage. München : Beck, 2013, S. 266 - 296

Albrecht  08.11.2016, 06:04

Aristoteles, Physik 6 enthält eine Darlegung zum Kontinuum, als nicht unteilbar.

Element bezeichnet das, woraus etwas zusammengesetzt ist als aus einem ersten, nicht mehr in eine andere Art aufteilbaren Bestandteil (Aristoteles, Metaphysik 5, 3, 1014a 26 - b 3).

Aristoteles' Metaphysik : griechisch – deutsch. Halbband 1: Bücher I (A) - VI (E). Neubearbeitung der Übersetzung von Hermann Bonitz. Mit Einleitung und Kommentar herausgegeben von Horst Seidl. Griechischer Text in der Edition von Wilhelm Christ. 3., verbesserte Auflage. Hamburg : Meiner, 1989 (Philosophische Bibliothek ; Band 307), S. 187/189:  

„(a) Element wird (1.) dasjenige genannt, woraus als erstem erstem immanenten Bestandteil etwas zusammengesetzt ist, welcher nicht mehr der Art nach in Verschiedenartiges teilbar ist, wie z. B. Elemente (Buchstaben) der Sprachlaute dasjenige sind, woraus die Lauteinheit zusammengesetzt ist und worin sie zerlegt wird als in die letzten Bestandteile, die sich nicht wieder in verschiedenartige Laute von ihnen auflösen lassen. Vielmehr, selbst wenn man sie teilte, ergäben sich gleichartige Teile, wie vom Wasser jeder Teil wieder Wasser ist, nicht dagegen so von der Silbe. (2.) Auf gleiche Weise nennt man auch Elemente der Körper dasjenige, worin die Körper als in die letzten, nicht weiter in Verschiedenartiges auflösbare Bestandteile zerlegt werden; mag deren einer oder mögen ihrer mehrere sein, so nennt man sie Elemente. (3.) In verwandter Weise spricht man vom Element der mathematischen Beweise und der Beweise überhaupt; denn die ersten ursprünglichen Beweise, welche in mehreren Beweisen wieder enthalten sind, werden Elemente der Beweise genannt; solcherlei Schlüsse sind die ersten, einfachen, aus drei Gliedern durch einen Mittelbegriff gebildeten, (b) Hiervon überträgt man den Namen Element auch auf das, was als Eines und Kleines zu vielem brauchbar ist. Deshalb wird denn das Kleine, Einfache und Unteilbare Element genannt. Daher ist es denn gekommen, daß man die allgemeinsten Dinge als Elemente betrachtet, weil jedes derselben als ein Einziges und Einfaches sich in vielen Dingen oder den meisten findet, weshalb ja nach der Ansicht mancher auch das Eine und der Punkt Prinzipien sind. Da nun die sog. Gattungen allgemein und unteilbar sind (denn es gibt keine Definition von ihnen), so nennen manche die Gattungen Elemente, und zwar diese mehr als den Artunterschied, weil die Gattung allgemeiner ist; wovon der Artunterschied ausgesagt wird, dem kommt auch der Gattungsbegriff notwendig zu, aber nicht jedem, dem der Gattungsbegriff zukommt, auch der Artunterschied. (c) Das Gemeinsame in allen Bedeutungen ist, daß Element eines jeden einen ersten immanenten Bestandteil bezeichnet.“

weitere Literatur:

Jochen Althoff, aêr / Luft. In: Aristoteles-Lexikon. Herausgegeben von Otfried Höffe. Redaktion: Rolf Geiger und Philipp Brüllmann. Stuttgart : Kröner, 2005 (Kröners Taschenausgabe ; Band 459), S. 2 – 2

Jochen Althoff, aithêr / Äther. In: Aristoteles-Lexikon. Herausgegeben von Otfried Höffe. Redaktion: Rolf Geiger und Philipp Brüllmann. Stuttgart : Kröner, 2005 (Kröners Taschenausgabe ; Band 459), S. 14 - 15

Jochen Althoff, gê / Erde. In: Aristoteles-Lexikon. Herausgegeben von Otfried Höffe. Redaktion: Rolf Geiger und Philipp Brüllmann. Stuttgart : Kröner, 2005 (Kröners Taschenausgabe ; Band 459), S. 228

Jochen Althoff, hydôr / Wasser. In: Aristoteles-Lexikon. Herausgegeben von Otfried Höffe. Redaktion: Rolf Geiger und Philipp Brüllmann. Stuttgart : Kröner, 2005 (Kröners Taschenausgabe ; Band 459), S. 270

Jochen Althoff, pyr / Wasser. In: Aristoteles-Lexikon. Herausgegeben von Otfried Höffe. Redaktion: Rolf Geiger und Philipp Brüllmann. Stuttgart : Kröner, 2005 (Kröners Taschenausgabe ; Band 459), S. 514 - 515

Johannes Hübner, stoicheion / Buchstabe, Element. In: Aristoteles-Lexikon. Herausgegeben von Otfried Höffe. Redaktion: Rolf Geiger und Philipp Brüllmann. Stuttgart : Kröner, 2005 (Kröners Taschenausgabe ; Band 459), S. 539 - 542

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  Irgendwo war Aristoteles ein Aaaschloch; er geht doch genau wieder hinter deie moderne Atomteorie zurück. Aristoteles ist ( möglicher Weise ja unabsichtlich ) schuld an 2 000 Jahren wissenschaftlicher Stagnation. Seine Ansichten brachtern kein einziges matematisches Naturgesetz.

   Ich hätte da eine Ide; schon mal gehört von ===> Hans-Georg Gadamer? Ich habe seine Fernsehvorlesungen noch erlebt.

   Gadamer gibt ein zweibändiges philosophisches Lesebuch heraus; zu jedem Philosophen wie Descartes, Kant oder Nietzsche findest du kurz den Lebenslauf und was er geschrieben hat. Dann folgt als kurze Zusammenfassung der Text, der dir nun präsentiert wird. Und dann der Text in voller Länge.

   Also mir fiel bei diesem Aristoteles immer auf, dass er zu Gunsten des status quo redet. Alles sei richtig so, wie es ist, WEIL es ist, wie es ist. Er glaubt z.B. ernsthaft, die Planeten würden die Erde auf Kristallschalen umrunden; und Sterne bestünden aus einer ganz anderen " astralen " Materie als wir.

   Aristoteles kennt auch zwei äußerst seltsame Gottesbeweise in einer Zeit, wo die Griechen mit einer Gesamtzahl von 4 711 wahrlich keinen Mangel an göttern aufzuweisen haben.

   Warum bewegen sich die Sterne? Weil es einen ersten Beweger gebe - paradoxer Weise selber unbewegt. Genau diese Vorstellung wird die moderne Physik in ihrem ===> Relativitätsprinzip als erste über Bord werfen - die bloße Bewegung eines Körpers bedürfe einer URSACHE .

   Und dann denkt Aristoteles nicht kausal. sondern in Zwecken. Wozu sind Beine da? Zum Laufen. Wozu sind Augen da? Zum Sehen. Ist etwa im Samenkorn die Pflanze schon angelegt? Und ist in Gott etwa schon die ganze Schöpfung angelegt?

   Du sieehst, in diesen Versatzstücken brauchte sich die Kirche nur noch bedienen. Aristoteles sagt effektiv nichts, was die späteren Jünger von Tschieses und der Jungfrau Maria etwa als Regime kritisch fürchten müssten. Also DAS ist schon eine Leistung; wo der doch gar nicht wissen konnte, was mit ihm mal für Schindluder getrieben wird.

   Aristoteles sagt auch, Bären kämen viereckig auf die Welt - woher will er das wissen? Und das Muttertier leckt sie, bis die Kanten weg sind -

   Und wenn du Mädchen willst, musst du Sex bei Südwind haben - das hat er auch gesagt ...

Also soweit ich weiß, gehört Aristoteles zu den sogenannten Vierelementenlehrern. Sie gehen also davon aus, dass die Erde im Wesentlich aus den vier Elementen (Feuer, Luft, Erde und Wasser) zusammengesetzt ist.

Aristoteles hat diesen dann noch Eigenschaften zugesprochen trocken (Feuer und Erde), warm (Feuer und Luft), feucht (Luft und Wasser), kalt (Wasser und Erde). Außerdem spricht er von der quinta essentia, dem Äther. Das ist ein Fluidum, das die Gestalt von Dingen verändert.

Von einem Atommodell kann man m.E. aber eigentlich gar nicht sprechen, denn dieses wurde erst sehr viel später durch Demokrit entwickelt.

Zu Zeiten Aristoteles hat noch niemand von Atomen gesprochen.

Das ist alles, was ich dazu weiß:)

gilgamesch4711  04.11.2016, 23:18

 demokrit gehört eindeutig zu den -vorsokratikern. Seiner Sucht zur Stagnation folgend, betätigt sich Aristoteles als Kompilator, der uns weit eher berichtet, was es alles schon gibt, als dass er etwas Neues unternommen hätte. dieser ganze Zweig unter Sokrates ist doch völlig steril.

  Und Aristoteles distanzierte sich bewusst von der Demokritischen Atomlehre; wenn du mal bedenkst, dass seine Elemente ja gar keine in des Wortes eigentlicher Bedeutung sind, sondrn weit eher das, was die Asiaten unter Inkarnationen verstehen.

   die Elementenlehre des Aristoteles ist doch wohl dem fernen Osten entlehnt, wohingegen erst der Westen das unwandelbare Individuum dachte; sei es als Person, sei es als Atom.

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gilgamesch4711  04.11.2016, 23:25
@gilgamesch4711

  Ein indischer Kollege berichtete mir mal von seinem Physiklehrer in Kl. 11; und so ähnlich kann man sich Aristoteles  wohl auch vorstellen:

   " wir beginnen heute mit Physik, einer Geist losen Wissenschaft, die von den unterrassigen europäischen Langnasen ersonnen wurde. Der Europäer ist unfähig, in Beziehungen zu denken, so wie sich etwa Shiva in Vishnu umwandelt.

   Eine Rakete ist eine rakete; ein Atom ist ein Atom; und ein Planet ist ein Planet. Nichts weiter; bitte sucht nach keinem tieferen Sinn. "

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Ewwas17  04.11.2016, 23:37
@gilgamesch4711

Uups. Da hab ich tatsächlich die Zeiten durcheinander geworfen. Hast völlig Recht Demokrit war vor Aristoteles...

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