Blickwechsel 11. März 2021
Deine Fragen an einen Buddhisten
Alles zum Blickwechsel

Wie mit Wut umgehen, wenn die eigene Familie kein Rollenmodell dafür ist?

1 Antwort

Ich kann dein Problem sehr gut verstehen. Die Unvernunft anderer Menschen, sei es im Alltag oder auf der Bühne des weltpolitischen Geschehens, kann einen sehr wütend machen. Das Gefühl von starker, unkontrollierter & immer wiederkehrender Wut ist dann natürlich sehr schmerzhaft & frustrierend. 

Jedoch solltest du dir einer Sache bewusst sein: Gefühle sind nichts schlechtes, sondern Reaktionen des Körpers auf äußere Reize. Gefühle können uns dabei helfen die Welt besser zu erkennen & diese zu verstehen. Leider bekommen wir Menschen vermittelt, dass alle Gefühle außer Freude schlecht wären, was aber ein großer & fataler Irrtum ist. Daher solltest du deine Wut nicht als Antagonisten sehen. Wut weckt nämlich menschliches Potential in vielerlei Hinsicht:

- Wut hilft uns dabei Ja & Nein sagen zu können.

- Wut kann uns die Kraft geben, eine Sache aufmerksam anzugehen.

- Wut hilft uns dabei Projekte neu zu starten & sie abzuschließen.

- Durch Wut sind wir in der Lage Grenzen zu setzen.

- Außerdem gibt uns Wut die Motivation sich einer Aufgabe zu verpflichten, bevor man weiß, wie man sie genau bewerkstelligen soll. Oder die Motivation sich einer Frage anzunehmen, bevor man genau weiß, wo man nach der Antwort suchen soll.

Das sind nur ein paar, der vielen guten Folgen, die Wut mit sich bringen kann. Die Kunst ist es, aus seiner Wut etwas Gutes zu machen. Natürlich du bist erst siebzehn, aber vielleicht fällt dir etwas ein, was du tun kannst um die Welt ein kleines Stück besser zu machen. Dabei kannst du dein Gefühl nutzen, um daraus Kraft & Kreativität zu gewinnen. Es gibt unzählige Beispiele von Menschen, die infolge von einem Missstand auf den sie wütend waren, tatkräftig wurden & sogar berühmt geworden sind. Verstehe mich nicht falsch, du sollst nicht gleich mit einer Revolution beginnen, aber vielleicht fällt dir ein sehr kleines realistisches Ziel ein.

Um dir nur ein mögliches Beispiel zu nennen: Du hast gesagt, dass du noch Schüler bist. Überlege dir, ob es vielleicht einen Beruf gibt, bei dem du trinkenden & rauchenden Menschen, welche ihr Leben vergeuden helfen kannst z.B. Sozialarbeiter. Du könntest deine Wut dann als Motivation nutzen, dich über solche Berufe zu informieren, dich mit dem Thema zu beschäftigen, dir Wissen anzueignen & in der Schule darauf hin zu lernen.

Ich würde zuallererst einmal aufschreiben, was Wut für dich bedeutet. Bedeutet Wut für dich vielleicht Ungewissheit, Übelwollen oder Versagen? Wie hält dich Wut davon ab, das zu tun, was du tun möchtest? Wenn Du es dir aufgeschrieben hast, lies es dir durch. Lass dir dabei ruhig Zeit. Dann mache dir Gedanken, welche Bedeutung für dich Wut haben sollte, dass du sie sinnvoll einsetzen kannst. Welche Bedeutung würdest du wählen? Versuche deinen Geist neu auszurichten, wenn du das nächste Mal wieder wütend bist. Das ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geht, aber der doch relativ schnell eine kleine aber merkliche Wirkung zeigt. 

Das ganze kann man natürlich auch noch zusätzlich durch Meditation manifestieren. Wenn dich das genauer interessiert, dann würde ich auf Nachfrage etwas dazu schreiben. 

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Natürlich gibt es Fälle, wo die Wut (oder ein anderes Gefühl) in einer ganz konkreten Situation zu sehr Überhand gewinnt. Bei affektiver Wut ist das so, wenn man sehr unerwartet Grund bekommt ziemlich zornig zu sein. Dieses Maß an Wut ist dann auf einem so hohen Level, dass man es natürlich nicht einfach so in Kreativität umwandeln kann. Gleichzeitig darf man dieses Gefühl aber auch nicht unterdrücken, weil sich das früher oder später rächen wird, auch in Form von körperlicher Gesundheit. 

Die Alternative ist, sich seinen Gefühlen zu stellen und sie zu fühlen. Das wichtige hierbei ist, dass du nicht an das was dich wütend macht denken darfst. Starke Gefühle dauern nämlich maximal 90 Sekunden an, wenn man sie nicht mit Gedanken anschürt. 

Sofern es die Situation zulässt, setze dich dafür aufrecht auf einen Stuhl & versuche an nichts zu denken. Konzentriere deine Gedanken auf deine Gefühle & betrachte sie neutral. Lokalisiere sie im Körper. Vielleicht äußert sich deine Wut durch Wärme in der Brust oder einem Druck auf dem Kiefer. Wenn du das maximal 90 Sekunden machst, werden deine Emotionen auf einem Level sein, welches dich nicht leiden lässt. Wichtig ist, dass du dann nicht gleich wieder anfangen tust deine Emotionen mit Gedanken zu schüren. Du kannst dir ja im voraus etwas zurechtlegen womit du dich nach diesen 90 Sekunden ablenken kannst. Natürlich musst du dafür nicht zwangsläufig sitzen. Gerade beim Spazieren Gehen ist das natürlich auch selten möglich. Du kannst das dann auch im Stehen machen & die Augen kurz schließen.

Robert Betz vom Kanal BetzBewegt hat einmal ein sehr interessantes Video dazu gemacht: https://www.youtube.com/watch?v=Mp74Sww76VY

Wienboy17 
Fragesteller
 11.03.2021, 19:04

Danke. So habe ich die Sache noch nicht gesehen. Ich will die Methoden wenigsten versuchen demnächst, weil sie mir sehr gefallen. 🤩😁😁😁

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