Warum kritisiert ihr Content-Creator?

8 Antworten

Genauso wie du immer wieder die falsche Behauptung aufstellen kannst, dass Beamte/Lehrer überbezahlt seien und zu viel Urlaub hätten, können andere Menschen auch ihre Meinung zu Youtubern/Instagramern äußern. Glücklicherweise leben wir in einem Land, in dem man seine Meinung frei äußern darf, auch wenn sie inhaltlich falsch sein kann.

Fakt ist, nur ein sehr geringer Prozentsatz im unteren einstelligen Bereich kann als „Content Creator“ seinen Lebensunterhalt bestreiten. Und ein ebenso geringer Prozentsatz veröffentlich für mich interessante und informative Inhalte.

Guten Morgen zusammen,

ich kritisiere Content Creators nicht per se, aber ich finde, dass dieser Begriff heutzutage sehr inflationär gebaucht wird.

Vor jemandem, der regelmäßig 2 bis 3 mal pro Woche (oder sogar noch öfter) ein Video produziert, und dieses dann auch einigermaßen professionell schneidet, vertont und gestaltet, hab ich großen Respekt. Ich selbst folge mehreren Kanälen auf YouTube zu Themen die ich interessant finde und wo ich auch der Meinung bin, dass die Videos einen echten Mehrwert bieten.

Aber es gibt halt viel zu viele, die sich auch Content Creator nennen, die aber viel zu wenig professionell arbeiten oder deren Content einfach keinerlei Mehrwert bietet bzw. im Wesentlichen nur aus Werbung besteht. Sowas finde ich uninteressant und es macht für mich auch auch keinen Sinn solchen Kanälen zu folgen.

Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Neue Medien bringen neue Berufe, aber manche Ewiggestrigen kommen damit nicht so ganz zurecht. Damit muss man leben.

Ich kritisiere höchstens Creator, die ihre Community mit versteckter Werbung etc. blenden und beispielsweise Videos drüber machen, wie toll Produkt X ist. Aber wenn sich das auf Unterhaltung beschränkt oder Reviews ehrlich sind, find ich das nicht problematisch.

Guten Tag,

ich glaube, da kann ich einiges aus eigener Erfahrung beisteuern, da ich auch keinen "greifbaren" Beruf ausübe bzw. einen Beruf ausübe, der die Leute in meiner Heimat einerseits überfordert hat, der aber andererseits auf paradoxe Weise von extremer Bedeutung für gerade diese Gruppe gewesen ist.

Selbstverständlich vom besten Bäcker in der Region.

Da war ich heute auch schon in der Frühstückspause, es gab ein Croissant und guten Kaffee - fair gehandelt übrigens. Es war entspannend und ich gehe dort gerne hin. Generell ernähre ich mich am liebsten von Produkten mit regionalem Bezug.

Zudem habe ich in der Zeitung gelesen, dass viele Deutsche Content-Creator nicht mögen, da es für viele (überwiegend die Generation 35+) kein Job ist. Dabei ist dieser Beruf weitaus anstrengender als beispielsweise überbezahlte Beamte/Lehrer, die leider viel zu viel Urlaub haben.

Content Creator zu sein ist nichts Wesentlich anderes als Redakteur zu sein. Ich bin Technischer Redakteur und habe in meiner Heimat die Erfahrung gemacht, dass man für viele nur der "Akademikertrottel" war, der laut einhelliger Meinung einerseits "zu blöd" gewesen sei für die Fabrik und die Landwirtschaft, andererseits aber einen "völlig überbezahlten Posten" bekommen habe im Zeitungswesen - so sprach es sich rum.

Gleichwohl riefen die selben Leute, die mich auf der Straße für arrogant hielten und über mich sowie nicht selten auch meine Freundin lästerten, bei mir um sechs Uhr Leute an, wenn sie keine Zeitung bekommen hatten und wurden ggf. noch frech, wenn ich ihnen in normalem Ton sagte, dass ich kein Zusteller bin und auch nicht mit dem Abo-Service zu tun habe und auch keine Zeitungen nachliefern kann. Diese Leute warfen mir auch Vereinsmitteilungen ein, die ich drucken sollte, weil ihnen der Weg in die Geschäftsstelle der Redaktion als zu weit erschien (die waren einfach nur zu faul) oder weil sie angeblich "nicht wussten", wie man es per Mail an die Redaktion verschickt ... dabei saßen diese Typen doch ständig vor dem Kasten und trommelten vollmundig am Stammtisch rum, wie toll Amazon sei, wie schnell der Postmann klingelt und wie einfach man im Internet jetzt ein Auto kaufen könne.

Vom Alter her waren die Kritikaster bunt gemischt; ich habe die Erfahrung gemacht, dass es eher Jüngere waren, teilweise in meinem Alter, die meine Stellung für merkwürdig oder mich für einen "Nixschaffer" hielten - ich musste mir z.B. von einer ehemaligen Mitschülerin die Frage anhören, ob ich ein 450-Euro-Jobber sei (ich antworte ihr sinngemäß, dass ich mehr verdiene als sie in ihrer Zahnarztpraxis, in der sie Helferin war) und bekam von anderen die ernsthafte Frage, ob es "reichen" würde, ob ich von der Zeitung "leben könne" und ob das ernsthafte, ehrlich gemeinte Angebot eines älteren Herrn, dass ich zu ihm kommen könne, sollte ich mal "Geld brauchen" - er lebte in dem Glauben, dass "die von der Zeitung alles Künstler sind, die von der Hand in den Mund leben". Es gab auch die Frage, ob "200 Euro übrig bleiben" und als ich mich mal für eine Tagesfahrt eines Vereins anmelden wollte, wurde mir gesagt, ich könne so mitfahren. Das waren immer so kleine Gesten, die nicht immer böse gemeint waren, aber entwürdigend und die Grundlage dafür, dass ich in meiner Heimat sehr dick aufzutragen begann, indem ich mir einen gebrauchten Siebener-BMW kaufte (E38 war das damals) und einige Zeit nur noch mit Sakkos aus dem Haus ging. Ich fühlte mich verhöhnt. Für andere, die das Einkommen abzuleiten wussten oder es versuchten und denen mein Auto bzw. "Habitus" auffiel war ich hingegen der reiche Akademikertrottel, was Besseres, ein ekliger Großhals, ein dekadenter Spinner, was auch immer. Es gab auch viel Sozialneid, das war paradox. Mein Onkel sagte mal zu mir, dass die Leute frustriert seien, weil sie in der Fabrik oder auf dem Feld ackern und ich dann in meinem BMW rumflitze und mir keine Hände dreckig machen müsse dabei... nun denn!

Ebenso wurde ich gefragt, warum ich denn um zehn Uhr morgens mich mit Person XYZ im Café treffen könne, wenn ehrbare Leute arbeiten ... es war zwecklos denen zu sagen, dass das Pressegespräche waren, die ich ins Café beorderte, weil das gemütlicher ist und bei vielen besser ankommt als ein hochoffizieller Empfang im Besprechungsraum des Pressehauses, bei dem mancher an Schwellenangst litt. Die hätten das nicht geglaubt oder viel mehr wegen ihrer vorgefertigten Meinung nicht hören wollen / nicht gelten lassen. Wie gesagt, ich kenne das - und ich könnte mir vorstellen, dass deine Kritikaster aus dem Ländlichen Raum oder aus typischem kleinem Arbeitermilieu stammen, wo "ein Mann noch ein Mann ist", knechtet und pöbelt, am Abend mit dem Bier im Sessel einschläft und die Frau zur Schnecke macht, wenn ihm das Essen nicht schmeckt, aber sonntags beim Vaterunser in der Kirche, wo er mit einer Art Kommunionanzug steht, fast zu weinen beginnt.

Ich habe lang mit mir gekämpft und bin durchaus auch deswegen weg aus meiner Heimat, weil mir das mit der Zeit zu doof war und ich mich nicht anpampen lassen wollte - die Leute haben weder Wochenenddienste gesehen noch teils wirklich doofe "Events" oder kleine Veranstaltungen oder sonstiges, noch sahen sie die Arbeit mit Leseabschrift und Redigieren, noch haben sie mitbekommen, dass man am Schreibtisch nicht nur Kaffee trinkt und manchmal ein Aufmacher tagesaktuell noch fertig sein und in 30 Minuten geschrieben sein musste, weil der Termin um 15 Uhr später als gedacht endete, man um 15.25 Uhr erst wieder in der Redaktion eintraf, die Fotos noch einzupflegen waren und um 16.15 Uhr die Konferenz zur Blattabnahme tagte. Himmel hilf!

Das ging auf Dauer tief an die Substanz, es gab auch in der Nachbarschaft Anfeindungen, warum meine Freundin und ich nicht "wie alle" einen Schrebergarten hatten und uns wurde u.a. vorgehalten, dass wir nicht samstags um halb sieben die Rollos oben hatten -------> und ich war mit Ende 20 auch noch lang nicht so selbstbewusst wie heute, wo mir manches zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr raus ginge.

Wenn man im Medienbereich erfolgreich und akzeptiert sein will und langfristig (!) in dem Metier überleben will, egal ob als Freelancer oder als Angestellter (ich bin angestellt), muss man extrem gute Arbeit machen, mit den Leuten können und hundertprozentige Qualität abliefern - sonst wird das nix. Auch ich betreibe einen sehr hohen Arbeitsaufwand, aber genau deswegen bin ich auch erfolgreich geworden und betreue immer wieder sehr große Projekte, durchaus auch mit echten Promis - es war ein weiter Weg von der Lokalschau meiner Heimat bis hierher, aber er lohnte sich.

Ich kriege über den Buschfunk mit, was die Leute in meiner Heimat von mir heute mitbekommen und wie sie über mich reden; einige plagt wohl das schlechte Gewissen, andere sagen, sie hätten es schon immer gewusst, dass ich groß rauskomme. Ach ja, dann ist es halt so.

Ich bin in meiner Wahlheimat mit all dem erfolgreich geworden, für das ich in meiner Heimat gescholten oder diffamiert wurde und ein vollwertiges Mitglied meines Umfelds. Meine Arbeit spielt kaum eine Rolle oder wird ehrlich gelobt, wenn man meine Ergebnisse im Blatt liest oder mich auf Terminen wahrnimmt und anspricht. Die Wege sind kurz, es macht echt Spaß. Die Leute sind lockerer, offener, nicht so festgefahren; hier werden auch Influencer oder sonstige Themen nicht kritisiert, sondern allenfalls neutral gesehen - oder man formuliert Kritik so, dass sie ankommt und berechtigt ist.

XXX

Derzeit denke ich abrundend intensiver drüber nach, ein Buch zu schreiben nach dem Motto "Erlebtes und Erlittenes - stolz, KEIN Dorfkind zu sein" oder so was in der Art. Wenn ich mal richtig viel Zeit habe, gehe ich das auch an. Konzepte bzw. eher "Pinselstriche" dazu gibt es schon, aber so ein Projekt braucht Zeit; ich weiß es von einer Freundin, die schon mehrere (Fach-)bücher geschrieben hat und mich dazu ermutigt hat, das Ganze gezielt anzugehen.

Das wäre ein Buch, das die skurrilsten und abwegigsten Anekdoten bündelt und teilweise auch eine Abrechnung darstellt - die Vorstadt ist ein einziger Abgrund bis hin zu geschmierter Polizei (!) mitten in Deutschland und einer "CDU-Mafia" und liefert massenweise Stoff für Geschichten, wenn man da erst mal knapp drei Jahrzehnte zubringt und die Leute näher und intensiver erlebt, als man es will ... und das aus jeder Perspektive. Erlebtes und Erlittenes eben.

Mal sehen ... es wäre halt für jeden ersichtlich, der da noch wohnt, um was und wen es geht; ich würde die zu gern alle sehen, wie sie mein (hypothetisches) Buch lesen, sich wieder erkennen, aufeinander losgehen und jeder alles leugnet und sich alle gegenseitig widersprechen. 

Ich könnte mich eines Tages sehr gut als den lustigen Opa mit Sakko und Brille vorstellen, der aus seinem Buch ("Erlebtes und Erlittenes") vorträgt und Lesungen abhält wie einst Hellmuth Karasek, den ich sehr gemocht habe und auch auf Lesungen erlebte.

https://www.youtube.com/watch?v=VwEFqNukEGk

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
ps1980  25.04.2024, 09:05
Wie gesagt, ich kenne das - und ich könnte mir vorstellen, dass deine Kritikaster aus dem Ländlichen Raum oder aus typischem kleinem Arbeitermilieu stammen, wo "ein Mann noch ein Mann ist", knechtet und pöbelt, am Abend mit dem Bier im Sessel einschläft und die Frau zur Schnecke macht, wenn ihm das Essen nicht schmeckt, aber sonntags beim Vaterunser in der Kirche, wo er mit einer Art Kommunionanzug steht, fast zu weinen beginnt.

Wow, eine treffendere Beschreibung des Vorstadtmilieus habe ich glaub noch nie gelesen. Irgendwie bist du wohl doch ein Künstler, jedenfalls finde ich es eine große Kunst mit ein paar Pinselstrichen eine so genaue und detailgetreue Skizze zu zeichnen wie du es mit diesen paar Worten, die ich da zitiert habe, getan hast.

Aus meiner Sicht hat deine Antwort diesmal absolut den Stern verdient (nicht nur wegen dieser Kunst, sondern auch weil du inhaltlich die Frage gut beantwortet und deine Antwort gut erklärt hast), auch wenn es ja bei der Gugumo im allgemeinen eher unüblich ist das Sternderl zu vergeben.

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ich betrachte des mal von zwei sichtweisen.

zum einen - für viele hat ein job eine bestimmte entwicklung. man macht ne ausbildung, findet ein unternehmen (oder macht sich selbstständig) und leistet dann etwas. eine leistung die dem betrieb und auch irgendwie allen anderen menschen zugute kommt (Dienstleistung, produktherstellung usw). ein content-creator macht unterhaltung.... aber meistens ohne ausbildung. er sitzt vorm pc und spielt computer spiele. ohne ihn... würde im prinzip nichts fehlen. dadurch leistet er vermutlich für viele keinen beitrag zur gesellschaft und co.

zum anderen - nennt sich teilweise jeder content creator der 10 follower hat und 2 videos im monat raushaut. arbeit ises dann, wenn man auch davon leben kann. denn dann is zum einen auch die ausrüstung entsprechend angeschafft und man steckt entsprechend zeit (ggf. mit angestellten) in die videos.

ich bin da vor allem bei der sichtweise 2. wenn man davon leben kann, wenn man sich extra n studio baut, die ausrüstung anschafft, leute einstellt für schnitt und co - dann is man selbsständig, hat ein eigenes business ... halt als content creator.

ich denke aber auch, dass es bei vielen einfach... neid oder missgunst is - was ich auch teilweise verstehen kann wenn ich leute wie montana black und co sehe. oder auch die "creator" von instagram.... die eigentlich nur t*tten und a*sch in die cam halten und nen blöden tanz machen.

dazu kommen noch z.b. die fitness-creator.. die sich beim training filmen und dann ausrasten wenn jmd vor die cam läuft.