Meine mutter meint ich muss bis zur ehe Jungfrau bleiben obwohl ich keins mehr bin, hat sie trotzdem ein recht darauf es zu entscheiden?

13 Antworten

Jungfräulichkeit wird oft völlig überbewertet. In ferner Vergangenheit war eine jungfräuliche Braut die Gewähr dafür, dass der frischgebackene Ehemann nicht versehentlich die Nachkommen eines Konkurrenten großzieht bzw. eine ledige Mutter ohne Versorger mittellos zurückbleibt. Daher haben praktisch alle Religionsstifter den vorehelichen Verkehr zur "Sünde" erklärt und entsprechend sanktioniert -was ja auch durchaus gut gemeint und mangels Alternativen der einzig mögliche Weg war. Daher hat diese Praxis und das Ideal der Enthaltung bis zur Ehe auch Eingang in viele Kulturen gefunden.Leider gibt es immer noch Kulturen, welche diese (und andere - ich sag nur "Ernährungsvorschriften") gut gemeinten jahrhundertealten Regeln bitterernst nehmen ohne diese in den Kontext der heutigen Zeit zu setzen - bis hin zum ("Ehren-")Mord... .

Aus Sicht eines Religionsstifters ist Sex ja  nur eine unerwünschte Ablenkung vom Wesentlichen (nämlich zu beten, missionieren usw.) und daher zähneknirschend zur Vermehrung (der Gläubigen) geduldet. Dies ist auch der Grund warum Verhütung, Abtreibung usw. meist ebenfalls verboten ist. Da man die Menschen in den Betten meist häufiger "Oh Gott!" rufen hört, als in der Kirche, lässt sich dieses Konkurrenz-denken gut nachvollziehen ;-)

Dank Geburtenkontrolle, Safer Sex und Vaterschaftstest sind die eigentlichen Beweggründe für die Forderung nach Jungfräulichkeit längst obsolet. Jetzt geht es nur noch um den obskuren Begriff der "Ehre" - wobei meiner Meinung nach der wichtigste Beweggrund die Angst vor dem Vergleich ist ("Was ist, wenn meine Frau/mein Mann mit einem meiner Vorgänger mehr Spaß hatte...?").

Interessant ist, dass dieses Ideal dann allerdings oft mit allerlei Doppeldeutigkeiten umgangen wird. So ist es manchen Muslimen gestattet eine Zeitehe einzugehen - d.h. ein Mann kann eine Frau (Prostituierte) für eine Stunde "heiraten" und verstößt so nicht gegen heilige Gebote. Viele Gläubige - auch in der christlich-amerikanischen "Purity-Bewegung" haben einfach bis zur Ehe ausschliesslich Oral- und Analverkehr und bleiben so "rein" und "jungfräulich" bis zur Ehe... . Sex ist ja auch etwas, was den Partner nicht "abnutzt" oder "entweiht" - warum also das ganze Bohei?

Ob man also sein modernes Leben nach den Buchstaben uralter Schriften und Gebräuche richtet und ein schlechtes Gewissen haben muss, weil man nicht mehr lebt wie vor tausend und mehr Jahren, muss jeder für sich entscheiden bzw. sich überlegen, ob er sich von anderen Menschen (Pfarrer, Imam, Rabbi oder sonstwem) sein Leben diktieren lassen möchte.

Deine Eltern sorgen in den ersten rund 20 Jahren Deines Lebens für Dich - aber für das Glück der folgenden 60/70 Jahre bist DU ALLEIN verantwortlich. Irgendwann musst Du dich zwischen Liebe und Pflicht (z.B. den Eltern zu gehorchen) entscheiden. Kein Mensch kann Dir garantieren, dass Du mit Deinem jetzigen Freund auf ewig glücklich wirst - aber wer es nicht versucht wird sich auf ewig die Frage stellen, ob man mit ihm nicht doch glücklich geworden wäre. Vielleicht ist auch erst der zweite oder dritte Mensch, auf den Du dich einlässt, "der Richtige" - meist kann man das erst nach ein paar Jahren beurteilen, wenn die erste Verliebtheit abgeklungen ist und man sich dem Alltag gemeinsam stellen muss. Blöd, wenn man dann schon verheiratet ist und eine Trennung kompliziert wird... .

Rein rechtlich darfst Du in Deutschland ab 14 Sex haben und sobald Du 18 bist, kannst Du alleine entscheidest wen Du heiratest, wo Du wohnst - und wer z.B. Deine Kinder sehen darf. Meiner Erfahrung nach kann man ohne Eltern prima zurechtkommen - aber ohne einen Partner, den man liebt sehr viel schwerer! Wenn Deine Mutter geistig noch im Mittelalter stecken geblieben ist, dann musst Du ggf. eine entsprechende Konfrontation erst einmal in Kauf nehmen. Ich habe mit 18 meine Eltern, die mit meiner Partnerin überhaupt nicht einverstanden waren, vor die Wahl gestellt diese entweder zu akzeptieren oder ich würde den Kontakt abbrechen und ihre Enkel würden sie dann höchstens auf Fotos sehen. Das ganze ist jetzt 30 Jahre her. Inzwischen haben sie sich längst aneinander gewöhnt und behaupten sie hätten schon immer gewusst, was für eine tolle Frau ich habe... .

Menschen mit gesundem Selbstbewusstsein begrüßen es, wenn die Frau/der Mann auch noch andere Erfahrungen hatte, denn sonst fragen sich viele erst später, wie es denn mit einem anderen Partner wäre und gehen irgendwann fremd... . Da Sex auch ein wichtiger Faktor in einer Beziehung ist (auch wenn einige Moralapostel und Fantasie-Romantiker dies immer wieder bestreiten), sollte man sich auch im Bett verstehen. Hier den Partner erst zu heiraten und dann herauszufinden, ob man die gleichen Vorstellungen von gutem Sex hat, ist als würde man an der Schiessbude versuchen einen Treffer zu landen - blind und mit nur einem Schuss. Viel Glück dabei... .

Die Vorstellungen einer romantischen Hochzeitsnacht zweier Jungfrauen ist in der Praxis dann auch weit weniger romantisch als verkrampft, bemüht und peinlich - dann lieber eine(n) Partner(in) mit Erfahrung.

Seid nett aufeinander!

R. Fahren

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Langjährige Tätigkeit als Life-Coach und Fachbuch-Autor

Sie kann das von dir nicht verlangen, das Beste ist jedoch, mit ihr zu sprechen und die Wahrheit zu sagen.

Die Generation deiner Eltern ist häufig im Zwiespalt zwischen der modernen Kultur und Weltanschauung... und den Traditionen ihrer Wurzeln.

Heißt, sie denken einerseits so, andererseits in manchen Bereichen eben doch anders.... Das ist für die nachfolgende Generation (deine Generation) oft kaum nachzuvollziehen (kann ich aber verstehen).

Nein, ein gesetzlich gegebenes Recht hat sie nicht. Du musst es ihr ja auch nicht sagen. Und wenn du vielleicht irgendwann wirklich mal heiratest, dann steht dir die Möglichkeit eben offen entweder ihrer Tradition zu folgen (im Sinne von "Bettlaken als Beweis zeigen") oder es strikt zu verweigern irgendwelche "Beweise" zu liefern.

Solche "Beweise" lassen sich auch gut fälschen, das weiß man (auch in Kulturen in denen es wichtig ist als Jungfrau in die Ehe zu gehen) schon seit Jahrhunderten. Eine kleine Kapsel mit ein paar Tröpfchen Blut erfüllt da seinen Zweck.

Deine Sexualität gehört zu deinem höchstpersönlichen Lebensbereich. Das heißt, du kannst in dieser Hinsicht tun und lassen was du willst, solange du damit niemanden belästigst oder gefährdet und alles einvernehmlich geschieht.

Meine Ex, sie kam aus einem mordernen Haushalt, war def. keine Jungfrau mehr, als wir uns trennten.

Sie hat einen Mann geheiratet, der bis heute glaubt, sie wäre Jungfrau gewesen.

Sie hat ihm in seinem Glauben gelassen, fertig.

Außerdem ist es eine Irrglaube, dass bei der Entjungferung grundsätzlich Blut zu sehen wäre.