Ihr möchtet ein Schlachtpferd kaufen. Das ist ein sehr edler Gedanke von euch und im Prinzip ehrt es dich. Sicherlich wird dir hier noch jemand die Frage stellen „wieso Pferd, was ist mit den ganzen Rindern, Kälbern etc.“ und das stimmt ja auch.
Aber zurück zum Schlachtpferd. Warum möchtest du ein Pferd vor dem Schlachter retten? Was ist ein „Schlachtpferd“ überhaupt? Was stellst du dir vor, was du dann mit diesem Pferd machst?
Niemand –oder kaum jemand- gibt ein gesundes, junges, reitbares Pferd zum Schlachter. Der Preis, der beim Schlachter zu erzielen ist, liegt in Deutschland bei etwa 0,6-7 € pro kg Lebendgewicht für vollfleischige Pferde, für magere Pferde entsprechend weniger, d.h. beim Schlachter bekommt man in Deutschland etwa 420 € für ein Großpferd, für ein Pony etwa 280 €. Jeder andere, normale Verkauf bringt mehr Geld!
Was für Pferde landen also beim Schlachter? Pferde, für die es keinen anderen Markt mehr gibt, so hart das klingt. Selten geht ein Pferd aus finanziellen Gründen ab in die Wurst, weil es sich jemand nicht mehr leisten kann. Schon gar keine jungen, gesunden, reitbaren – siehe oben.
Was also für Pferde? Alte, kranke, aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr reitbare Pferde. Welche mit schweren Verhaltensstörungen (ja, die gibt es. Ich kenne den Fall eines Hengstes, der eine Frau angefallen und sehr schwer verletzt hat- und ich kenne Frau und Pferd, also kein Märchen. Er hatte wahrscheinlich einen Hirntumor und war beim Vorbesitzer schon auffällig gewesen, dieser hatte ihn einem Händler überlassen, der ihn zum Schlachter bringen sollte. Da das Pferd aber auffallend hübsch war – ein Rappe mit Blesse und vier weißen Beinen- und der Händler auffallend unseriös -hat er ihn weiterverkauft. Die Frau hatte mehrere gebrochene Rippen, eine zertrümmerte Schulter, 30 (!) Bisswunden, davon viele in den Oberschenkeln, an denen er sie anscheinend hochgezerrt hat, sowie ein Stück vom Finger eingebüßt und hat es nur mit viel Glück geschafft, sich zu retten. Oder das bedauernswerte, wahrscheinlich ehemalige Schulpferd, das vorletztes Jahr bei meinem Nachbarn stand (der Pferde mästet, bevor sie nach Italien fahren, da gibt es mehr Geld)- das den ganzen Tag zungenschlagend und augenrollend am Zaun auf und ab lief... der kam nicht mal zum Fressen vor lauter Stress).
Also kaum ein Traumpferd. Willst du ein solches Pferd? Ein altes, krankes, das dich sehr viel Geld kosten wird, das du aber nicht reiten kannst? Dann meine Hochachtung. Oder vielleicht auch ein junges, nicht reitbares- da gibt es eine Menge von, sie werden durch schlechte Haltung, Aufzucht, frühen, falschen Einsatz, schlechtes Reiten etc. am laufenden Band produziert. Die begegnen einem immer wieder „Wallach, 5 Jahre alt, nicht reitbar“, „Stute, 8 Jahre alt, evtl. zur Zucht“, „Wallach, 15 Jahre alt, kann von einem leichten Reiter etwa 10 Minuten im Schritt geritten werden“- solch ein Pferd kann noch viele viele Jahre leben. Eventuell braucht es Medikamente. Eventuell spezielles Futter. Das ist sehr teuer.
Dann gibt es noch die Schlachtfohlen. Es tut mir Leid, dich zu enttäuschen, aber das ist mittlerweile eine Industrie. Ja, im Sommer sollen niedliche Fohlen für die Touristen auf der Weide stehen, die im Winter nur Geld kosten und als 2jährige unansehnlich sind, also weg damit. Die kann man bekommen, sieh dich bei einem entsprechenden Verein um, es gibt normalerweise Haflinger, Noriker und Freiberger. Billig sind die aber nicht! Die kosten normalerweise sogar mehr, als sie beim Schlachter bringen würden. Und dann hast du ein Fohlen (von dem du nicht weißt, wie es sich entwickelt). Das muss in die Aufzucht (und nur dort gehört es hin, nicht in einen Reitstall, nicht hinter’s Haus, nicht zu irgendjemandem in den Paddock, sondern zu Jungpferden gleichen Alters und Geschlechts). Und zwar für die nächsten etwa 3 Jahre. In der Zeit hast du Kosten, also den Pensionspreis, Hufpflege, Versicherung, Tierarzt etc.- aber Reiten kannst du es erst mal nicht.
Was du auf jeden Fall nicht bekommst- ein dankbares Knuddeltier, das dir jeden Wunsch erfüllt und alles für dich tut. Glaub es mir.
Ach ja-ich habe einen 12jährigen, den ich als halbverhungertes Fohlen gekauft habe "müssen weg bis Freitag sonst Schlachter" sowie einen 31jährigen Rentner, den ich als 22jährigen geschenkt bekommen habe "sonst Schlachter". Ich weiß also wovon ich rede. Beide haben Macken und auch wenn ich beide reite bzw. geritten habe- man braucht viel Geld, Geduld und guten Willen. Mehr, als du für ein Pferd bräuchtest, das du regulär kaufst.