Da gibt's keine eindeutige Antwort. Es hängt zunächst von deiner Stellung zur Welt ab, von deinen Vorlieben, wohl auch von deinen Vor-Urteilen; davon jedenfalls, ob du dich eher als poetisch-synthetisch denkenden oder als intellektuell-analytischen Geist empfindest. Wichtig erscheint mir so oder so nur zweierlei:
1) Fang in jedem Fall mit Primär-Literatur an, da hast du von den Vorsokratikern über die Scholastiker, Renaissance-Denker, deutsche Idealisten bis hin zu Husserl, Charles Sanders Peirce oder Wittgenstein eine riesige Auswahl. Sei dabei mutig, lass dich nicht erschrecken, überfordre dich zunächst ruhig. Selbst Marx sprach davon, dass er als junger Student über "die raue Felsenmelodie" der Hegel'schen Sprache entsetzt war. Wichtig ist, dass du die Themen und Gedankengänge verstehen lernst und dabei ohne Scheu und allzu großen Respekt ans Werk gehst. Sekundärliteratur, vor allem so genannte "Einführungen" halte ich deshalb zu Beginn für nicht empfehlenswert, weil sie dir bereits Interpretationen von Originaltexten und Original-Gedanken liefern. Diese Interpretationen sollten aber dein Werk, deine Gedankenarbeit sein. Die Lektüre der Sekundärliteratur kann dann immer noch kommen.
2) Alles Lesen nützt nichts, wenn du die geistigen Inhalte der Bücher nicht nachvollziehst und gegebenenfalls auch kritisierst. Und die größte Hilfe beim Nachvollzug sind: das Gespräch, der Dialog, auch der Streitdiskurs mit engagierten und interessierten Menschen, - am besten zunächst deines Alters (so verhinderst du zumindest ein wenig das Autoritätsproblem). Je mehr du dich an das freie Denken und das argumentative Gespräch gewöhnst, desto leichter wird dir später die weitere Lektüre fallen.
Mit der Philosophie-Lektüre verhält es sich ein wenig wie mit dem Surfen im Internet. Du kommst rasch von einem Thema zum anderen, von einer Disziplin zur anderen, von einem Autor zum anderen. Dieses Kunterbunt sollte dich nicht schrecken. Es gehört einfach zum Philosophieren dazu. Die notwendig auftretende Verwirrung macht mit der Zeit einer systematischen Kenntnis Platz, ohne dass du allzu schulmeisterlich der Philosophie begegnest.
Wenn dir bisweilen die Lektüre und das Denken allzu schwer fallen, dann denk an das Hegel'sche Bild: Um zur Oase der Erkenntnis zu gelangen, muss man zuerst durch die Abstraktionswüste des Verstandes. Viel Glück!