Hey,
die Frage, ob du Hilfszügel verwenden sollst, hängt im Wesentlichen davon ab, WAS du mit einem Pferd machen willst und WIE du dein Pferd reiten willst.
Es gibt für Pferde grundsätzlich drei unterschiedliche Ausbildungsmethoden:
1. Ausbildung zum spezialisierten Sportpferd:
Hier geht es darum, dass das Pferd möglichst schnell ein gewisses Lektionsniveau erreicht, damit man erfolgreich auf Turnieren teilnehmen (und im Idealfall auch gewinnen) kann.
2. Ausbildung in Richtung "Klassische Dressur" im Sinne der "alten Meister"
Hierbei geht es darum, dem Pferd insgesamt ein besseres Körpergefühl zu vermitteln, dem Pferd also tatsächlich die "richtige" Ausführung einer Lektion in möglichst vielen einzelnen kleinen Schritten zu lernen. So wie eine Ballerina, die ewig an der "perfekten" Pirouette trainiert.
3. Ausbildung zum vielseitigen Pferd
Dabei will man ein möglichst vielseitiges Pferd erzeugen, das mit seinem Reiter durch "dick und dünn" geht und von allem ein bisschen macht - aber nichts "perfekt".
ALLE drei Varianten sind gleichwertig. Hier ist keiner besser oder schlechter - die unterscheiden sich nur in dem Zweck, WARUM man reitet.
Variante 1 ist eher die "Hilfszügelfraktion" weil man eben mit Hilfe von Dreieckszügeln de Pferd relativ schnell begreiflich machen kann, wo sein Kopf hingehört (nämlich nicht die Nase in den Wind strecken). Allerdings passiert es relativ schnell bei eher unerfahrenen Reitern, dass sich die Pferde anfangen sich auf den Zügel zu legen und mit den Hinterbeinen nicht genug zu arbeiten.Und das merkt der eher ungeübte Reiter einfach noch nicht.
Variante 2 lehnt Hilfszügel eher kategorisch ab, weil sie eben dem Pferd eine Haltung vorgeben, die das Pferd selbständig noch nicht ehrlich halten kann. Einzige Ausnahme sind Sitzlongen für Anfänger, bei denen der Reitlehrer mit der Peitsche für genug Engagement der Hinterbeine sorgt.
Variante 3 lehnt Hilfszügel ebenfalls ab, weil sie dem Pferd die Möglichkeit nehmen, seinen Job (nämlich den Reiter sicher von A nach B bringen) möglichst gut auszuführen. Denn ein Pferd, das sich angewöhnt sich am Zügel abzustützen, ist insbesondere fürs Reiten im Gelände, unsicher.
Um die Frage für dich selbst zu beantworten, musst du daher in erster Linie für dich selbst entscheiden, WAS du mit deinem Pferd machen willst und WIE du dein Pferd reiten willst.
Wenn du möglichst schnell "den Kopf unten" haben willst (und das für dich persönlich auch wichtig ist, weil du ansonsten persönlich die "Krise" oder bekommst) und möglichst schnell Dressur-Turniere starten willst, wirst du im unteren Bereich (E/A) vermutlich schnellere Erfolge erzielen, wenn du dein Pferd eine zeitlang mit Dreieckszügeln reitest. Sobald du allerdings den Sprung zu L-Dressur angehst, wirst du bei einem Pferd, das gelernt hat, sich am Zügel abzustüzen und die Hinterbeine nicht ordentlich herzunehmen, anstehen bzw. wird es einfach mühsamer werden.
Wenn du den klassischen Dressur-Weg (NICHT Sport-Dressur!) einschlagen willst, ist der Einsatz von Hilfszügeln meist kontraproduktiv. Es gibt in dieser Ausbildungsrichtung allerdings einige Situationen, in denen Hilfszügel verwenden werden - das aber meist nur bei schon weit ausgebildeten Pferden.
Wenn du ein vielseitiges Pferd haben willst, dann sind Hilfszügel absolut kontraproduktiv, weil ein vielseitiges Pferd soll eben gerade lernen, selbst mitzudenken und seinen Körper selbst in jeder Lage in die "richtige" Position zu bringen.
Soviel zur Ausbildung fürs Pferd.
Nun gibt es aber auch noch dich als Reiter und deine reiterliche Ausbildung - denn auch wenn wir alle supertoll reiten wollen - meistens liegt zwischen Theorie und Praxis ein gewaltiger Unterschied.
Bitte nicht falsch verstehen, aber Schulpferde die "durchs Genick" gehen, halten meistens einfach nur den Kopf unten und sind "brav" - einfach weil sie gelernt haben, dass der Reiter oben weniger an den Zügel herumzieht, wenn sie den Kopf unten halten. Sie sind also praktisch darauf konditioniert und geben dir meist kein ehrliches Feedback - so lange du dich "nur" auf die Kopfhaltung fokussierst.
Dreieckszügel können dir als ungeübten Reiter aber helfen, dein Pferd erstmal "auf Kopf unten" zu konditionieren. Dadurch fühlst du dich wahrscheinlich auch sicherer, weil das Pferd zunächst vielleicht leichter kontrollierbarer für dich wird. Mit dieser Methode wirst du dein Pferd allerdings früher oder später auf oder hinter den Zügel reiten. Das ist grundsätzlich nicht dramatisch - du musst es halt dann wieder korrigieren.
Von daher: Optimal wäre, wenn du reiterlich schon so weit bist (und vor allem auch einen Reitlehrer hast, der dich in die richtige Richtung unterstützt), dass "Kopf unten" nicht alles ist, sondern, dass die Musik von Hinten kommt und gerade bei einem jungen (oder wenig ausgebildeten) Pferd die Kopf/Halshaltung nebensächlich ist.
Wenn in deinem Kopf allerdings noch alles auf "Kopf unten" eingestellt ist, tust du dir und deinem Pferd einen gefallen, wenn du Dreieckszügel verwendest. Dadurch lernt dein Pferd praktisch "von selbst" dass es den Kopf unten tragen soll und du musst nicht grob am Zügel herumfuhrwerken, damit das Pferd den Kopf nach unten nimmt.
LG Anna