Dein Schreiben berührt mich sehr. Erst einmal kann ich mich in dich nur schwer hineinversetzen, da ich niemals ein Kind unter meinem Herzen tragen kann. Alles was ich machen kann, ist dir ein paar Beobachtungen zu schildern, die dir vielleicht neue Gedanken geben, die dir helfen deine Situation besser zu bewältigen.
Für mich liest sich das so, als würdest du erst einmal eine Ruhephase benötigen - um dich zu sammeln. Deien Situation scheint sehr verzwickt zu sein, du musst wohl täglich unter Strom stehen.
Deine Entscheidung, erst einmal in das betreute Wohnen zu gehen, scheint sehr klug zu sein. Auf diese Weise kannst du die durchlebten Momente erst einmal verarbeiten und die Zeit in Ruhe Reflektieren.
Sicherlich benötigst du dann auch erst einmal Abstand vond einer Familie. Gönne dir eine kleine Auszeit, um dich erst einmal zu regenerieren und zu festigen. Deine Entscheidung ist die richtige.
Doch bedenke bitte folgendes. Sicherlich ist für dich die Zeit derzeit sehr hart. Auch wenn deine Familie sehr streng ist und dir ihren Willen aufzwängt, so versuche bitte für den Gedanken offen zu sein - das du für deine Familie sehr wichig bist. Das ist sicher schwer zu glauben, wenn man sich einfach nur in die Enge getrieben fühlt. Versuche dich einfach an den Gedanken zu erinnern, sobald du gefästigt bist - doch dass kann ein paar Jahre dauern.
Du machst gerade alles richtig. Du brauchst einen Ort der Ruhe und Erholung. Doch wenn die Zeit gekommen ist, versuche darann zu denken, dass wir alle nicht perfekt sind. Vielleicht kommen dir deine Eltern gerade wie Monster vor - doch sie werden all das nur machen, weil du ihnen wichtig bist. Ich kann mir vorstellen, dass das für dich derzeit nur schwer zu glauben ist.
Versuche für dein eigenes Seelenheil, nicht jetzt, nicht morgen - sondern in ein paar Jahren ein gutes Verhältnis zu deiner Familie aufzubauen. Versuche deinen Eltern zu verzeihen, wenn du so weit bist.
Behalte auf jeden Fall dein Kind. Du hast es eine so lange Zeit mit dir getragen - ihr seid eine Bindung eingegangen, die nicht mehr zu kappen ist. Wenn du dein Kind weg gibst - so kann es sein, dass du ein Teil aus dir selber heraus reißt - und das soll noch viel schlimmer sein, so wurde mir berichtet. Etwas ähnliches soll auch durch eine Abtreibung oder eine Totgeburt geschehen - ein Kindheitsfreund hat mir von den Erfahrungen seiner Frau berichtet, sie leidet heute noch darunter.
Die Zeit die du vor dir hast, wird sehr hart werden. Doch wenn du diese gemeinsam mit deinem Kind durchlebst - so wirst du stärker werden als du denkst. Im betreuten Wohnen wirst du erst einmal die Unterstützung kriegen, die du benötigst. Und dort wirst du auch neue Freunde finden.
Halt durch. Du kriegst das hin!