Sollte man den Pflichtteil beim Tod des einen Elternteils auszahlen?
Wir haben 2 Fälle mit Erbstreitigkeiten in der Umgebung, würde gerne eure Meinung wissen:
Fall 1: Ehepaar mit Landwirtschaft und grossem Grundbesitz, auf dem angebaut wird, hat 3 Kinder.
Kind 1 und 2 ziehen aus, Kind 3 bleibt im Elternhaus, gründet dort eine Familie und steigt in die Landwirtschaft mit ein.
Die Mutter der 3 Kinder stirbt, keines der Kinder erhält einen Erbteil, Kind 3 bleibt mit Familie weiterhin dort wohnen und übernimmt die Landwirtschaft bzw. den Geschäftsbetrieb vom Vater, der sich zur Ruhe setzt und eine neue Partnerschaft eingeht.
Ist es korrekt, dass Kind 1 und 2, die dort nicht wohnen, nichts erhalten (bezogen auf den Tod der Mutter)?
Rein vom Gesetz hätte jedem Kind von der Hälfte des Vermögens 1/3 zugestanden, oder verhält es sich anders, da Kind 3 durch die Arbeit im hauseigenen Betrieb ein Vorrecht hat?
Fall 2: Familie mit 3 Kindern. Kind 1 und 2 ziehen zu Hause aus. Kind 3 bleibt wohnen.
Die Mutter stirbt. Aus dem Vermögen des Vaters und der Mutter kauft der Vater mit Kind 1 und 3 ein Haus. Kind 2 erhält 5000 DM pauschale Abfindung.
Im Haus leben Vater, Kind 1 mit Frau und 2 Kindern und Kind 3.
Kind 2 lebt mit Familie woanders.
Der Vater stirbt und Kind 3 übernimmt die Wohnung, in der Kind 3 mit dem Vater gelebt hat. Kind 2 erhält auch nach dem Tod des Vaters nichts.
Korrekt?
6 Antworten
Fall 1: Ist es korrekt, dass Kind 1 und 2, die dort nicht wohnen, nichts erhalten (bezogen auf den Tod der Mutter)?
Ja, denn bei einem landwirtschaftlich geführten Betrieb gelten die besonderen Bestimmungen des Höferechts des betreffenden Bundeslandes. Danach ging der Hof der Eheleute auf den Ehemann über. Den "Aussteigern" K1 und 2 steht lediglich eine Abfindung zu, die sich allerdings nach dem Hofwert richtet und auch durch Ehegattentestament auf den Nacherbfall des Vaters gelegt werden konnte.
Fall 2: Kind 2 erhält auch nach dem Tod des Vaters nichts.
Ohne Kenntnis der Eigentumsverhältnisse und Verfügungen ist eine zielführende, gar belastende Antwort nicht möglich. Dass K2 nur zur Pflichtteilsquote auf 5000 DM am Nachlass der Mutter Anspruch hatte und auch vom Vater enterbt wurde ist ebenso denkbar wie ein garnicht werthaltiger Nachlass des Vaters, der seinerzeit das Haus gegen Wohnrecht auf K1 und K3 eingetragen hat und seine Rente gern mit seinen Enkeln zusammen für Ausflüge, Zoobesuche und Eis ausgab :-)
G imager761
Fall 1: Zustreffenderweise, wenn der Hofwert das nicht hergibt. Fall 2: Wenn K2 seinen Pflichtteilsanspruch nicht durch Vorlage eines beanspuchbaren bewerteten Nachlassverzeichnisses bezifferte und/oder sich im Ergebnis mit 5.000 EUR zufrieden gab, ist eine Nachforderung 3 Jahre nach dem Erbfall nicht mehr durchsetzbar.
Es gibt eine formale Regelung, das sog. Berliner Testament. Da wird festgelegt, dass das Erbe erst nach dem Tod beider Elternteile verteilt wird. Die Erben müssen aber damit einverstanden sein. Wenn nicht, können sie ihren Anspruch geltend machen. Normalerweise respektieren die Kinder den Wunsch ihrer Eltern. Ohne entsprechendes Testament nach der gesetzlichen Erbfolge kann es passieren, dass bei minderjährigen Kindern das Vormundschaftsgericht auf Auszahlung besteht und das Geld auf ein Sperrkonto zu Gunsten des Kindes anlegt. Dem Gericht ist es dann egal, was aus dem hinterbliebenen Elternteil wird. Ggf. muss das Haus verkauft werden.
Die Kinder waren alle 30 Jahre aufwärts.
Nein. In jedem Fall hätte den Kindern mindestens der Pflichtteil zugestanden.
Ja, so sehe ich es auch.
In Fall 1 müsste das sogenannte "Höferecht" angewandt werden. Dort mal einlesen bzw. Fachanwalt fragen.
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Wenn es sich bei den DM 5.000 um einen entgeldlichen Erbverzicht handelt, ist Kind 2 da komplett raus. Es hätte sich ja schliesslich nicht darauf einlassen müssen. Habe ich nicht gewusst, gibt's hier hinterher nicht!!
Ansonsten kommt ganz drauf an, wer im Grundbuch als Eigentümer der Immobilie eingetragen ist. Vom dortig eingetragenen Nachlass des Vaters erben die (restlichen) Kinder zu gleichen Anteilen. Dabei spielt erstmal überhaupt keine Rolle, wer in welcher Wohnung wohnt.
Fall 1: Natürlich steht jedem Kind das Vermögen bzw. der Anteil der an die Kinder fällt (neben dem Ehemann) zu gleichen Teilen zu, solange keine gewillkürte Erbfolge durch z.B. Testament besteht.
In diesem Sinne: Falsch, dass jedem Kind ein Drittel des Vermögens zusteht, solange der Ehegatte nebenbei noch da ist und erben kann und die Nähe zu den Eltern bedingt nicht den Erbteil (wie kommst du auf die Idee). Die Ausnahme in diesem Bereich wäre, wie gesagt, eine gewillkürte Erbfolge, also ein Testament, das sagt 'ich vermache alles meinem lieben Kind 3'. Dann könnten die Geschwister lediglich den Pflichtteil verlangen.
Fall 2: Auch kompletter Käse. Entweder gewillkürte Erbfolge oder gesetzliche. Wenn die gesetzliche greift, dann erbt jedes Kind des Vaters zu gleichen Teilen, nämlich ein Drittel. Mit dem Tod des Vaters treten die drei Kinder die gesamtrechtsnachfolge an, sie bilden demnach eine Erbengemeinschaft, der das gesamte Vermögen mit jeweils einem Drittel zuzurechnen ist. Wenn Kind 2 sich beim Tod der Mutter mit jämmerlichen 5000 Mark angefunden hat, hat es noch nicht die Erbansprüche auf das Erbe des Vaters abgetreten
Du hast falsch gelesen, ich habe geschrieben, dass jedem Kind von der HÄLFTE des Vermögens 1/3 zusteht, da der Vater noch lebt.
Also Vater 50%, die restlichen 50% müssen meines Wissens durch die Anzahl Kinder geteilt werden.
Es ist so, dass Kind 1 und 2 nichts bekommen haben und Kind 3 der Meinung ist, da es dort mit dem Vater den Wohnsitz hat und durch eigene Arbeitskraft dem Familienbetrieb genutzt hat und diesen jetzt alleine weiterführt gehöre das Haus (bis auf Wohnung des Vaters), der Betrieb und das Land ihm.
Die Hälfte ist aber pauschal auch nicht immer korrekt, meine ich. Egal, meine Meinung bleibt. Kind 3 kann meinetwegen auch glauben, dass Elvis lebt, aber vom Gesetz her steht jedem Kind derselbe Erbteil zu, unabhängig davon wo es wohnt
Okay, werde ich weiter geben.
Wieso, ist Elvis tot? Hatte ihn letztens im Supermarkt gesehen.
Noch einmal: Bei einem landw. geführten Betrieb wie in Fall 1 gelten tatsächlich die besonderen Bedingungen des Höferechtes nach der jeweiligen HöfeO des betreffenden Bundeslandes. Dort gehen die Nestflüchtlinge tatsächlich solange wg. ihrer Abfindung leer aus, wie der Betrieb Schulden hat.
In Fall 2 wissen wir nicht, ob das Haus überhaupt dem Erblasser gehört oder K2, von seiner Erbfolge ausgeschlossen, mangels Masse kein Pflichtteilsrecht geltend machen kann, das K1 und 3 mindestens auch zusteht.
Zu Fall 1: Kind 1 und 2 haben keine Abfindung erhalten. Sie erhielten nichts.
Zu Fall 2: die 5000 DM waren kein berechneter Wert, sondern eine frei gewählte Pauschale des Vaters.
Als dieser mit Kind 1 und 3 in ein gemeinsames Haus zog, war Kind 1 ca. 50 Jahre alt und Kind 3 30 Jahre.
Das Haus wurde aus dem Vermögen des Vaters gekauft, die restliche Schuld wurde von der Rente des Vaters und dem Einkommen von Kind 1 und 3 bezahlt.
Kind 2 war 45 Jahre alt und dessen Kinder wurden nicht vom Großvater zu Ausflügen usw eingeladen.