Wieso mache ich immer das Gegenteil von dem was ich sage?

1 Antwort

Die Philosophen haben die "Person" des Menschen als ein mehr oder weniger gut gelungenes Konstrukt bezeichnet, die verschiedenen partiell sehr widersprüchlich agierenden Anteile des Selbst oder eben der Person so zu koordinieren, zu harmonisieren und zu einer kohärenten Einheit verschmelzen zu lassen, dass sie nach außen als in sich stimmig und berechenbar in Erscheinung tritt. 

Aus eben dieser Definition ist schon erkennbar, dass wir dieses Ideal keineswegs immer realisieren können. Weit häufiger finden wir uns in Phasen, wo wir uns ganz bestimmten Stimmungen, Neigungen und Motiven anvertrauen, und wenig später kann es durchaus sein, dass wir uns von ganz anderen Antrieben und Interessen bestimmen lassen, die keineswegs mit den vorangehenden in Einklang stehen. 

Die wenigsten Leute erkennen dies aber als großes Problem, vielleicht weil es ihnen auch nicht in so krasser Form auffällig wird, wie du das in deiner Frage formuliert hast. 

Es könnte sein, dass du dich in einer Lebenssituation befindest, in der gerade besonders wichtige Entscheidungen anstehen, sei es beruflicher Natur oder sei es in Bezug auf menschliche Beziehungen, bei denen es dir schwer fällt ob du für die Aufrechterhaltung oder den Abbruch dieser Beziehungen sein solltest. Es ist typisch für so geartete Lebensphasen, dass man dann auch bei anderen weniger bedeutsamen Entscheidungen starke Schwankungen bezüglich der Festlegung erlebt. 

Bilanz: Es ist keineswegs ein Kennzeichen einer schizoiden Persönlichkeitsstruktur, wenn man gelegentlich Phasen durchläuft, in denen man sich ganz schlecht festlegen kann, d.h. wo man erlebt, dass man starken Schwankungen in der Entscheidungsfindung durchläuft. 

Du gehst ja recht reflektiert mit deiner augenblicklichen unguten Lage um, und da wäre es sicher angezeigt, die Dinge mit einer gewissen Gelassenheit anzugehen. Versuche doch - sozusagen als kleine Therapie - Tagebuch zu schreiben (für eine Weile). Manchmal kann das schon recht hilfreich sein.

SenfAbgeberin 
Fragesteller
 19.04.2017, 02:09

Oh, das ist sehr interessant. So hatte ich die Person des Menschen noch nicht betrachtet.

Das stimmt. Mir stehen zurzeit zwei wichtige(berufliche) Entscheidungen bevor und noch hab ich mich auf nichts festgelegt. Daran könnte es liegen.

Ehrlich gesagt, konnte ich schon immer sehr schlecht Entscheidungen treffen, auch bei unwichtigeren Entscheidungen. Ich habe gerade die schizoide Persönlichkeitsstörung gegooglet und es überrascht mich etwas, wie sehr die Beschreibungen auf mich zutreffen/trafen.

Ja, ich scheine mich momentan in einer Art Phase zu befinden, in der ich meine eigenen Fehler erkenne, die ich bisher immer übersehen hatte, die aber laut anderen Menschen schon immer sehr offensichtlich waren. z.B. dass ich sehr distanziert bin und dazu neige, den Kontakt zu anderen Menschen einfach abzubrechen. Bis vor kurzer Zeit hatte ich das nie bemerkt. Ich dachte, es sind die anderen, die sich distanzieren. (Ich hoffe diese Phase endet jetzt nicht, weil ich das gesagt habe)

Danke für die hilfreiche Antwort. Ich werde hoffentlich deinen Ratschlag mit dem Tagebuch befolgen, da er mir zusagt und mal sehen, wie es wird.

LG :)

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