Welche Gedichtsform ist Herbstmorgen von Theodor Fontane. Ballade oder was?

2 Antworten

Eine Ballade ist es natürlich nicht, denn es erzählt kein Ereignis.

Ähnlich wie in dem C.F.Meyer-Gedicht "Möwen sah um einen Felsen kreisen ich..." oder in Herbstgedichten von Hebbel oder in dem berühmten Nitzsche-Gedicht  "Die Krähen schrein/ Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt..." wird hier in sofort nachvollziehbarer Weise ein Naturerlebnis als Gleichnis für das eigene Leben genommen.

Oft wird aus einem Blick in die Natur "Winterkälte, Herbst, Frühlingserwachen o.ä." in der Lyrik eine Verbindung zu den eigenen Hoffungen oder Ängsten gezogen. Das Naturereignis wird so zum Symbol für das eigene menschliche Empfinden. Das findet man vermehrt ab der Romantik. Besonders oft im literarischen Realismus, zum dem auch Fontane gehört.

Geh doch mal in einen Buchladen und lies eine Stunde lang Gedichte von Hebbel, Meyer, Storm, Rilke und Mörike, dann bist Du für jede schulische Diskussion gewappnet. Klar im Realismus findet man manchmal den lyrischen Fluss störende, eher belehrende Zeilen. Aber die muss man eben ausblenden. Gute Metaphern sollte man auch verstehen, ohne dass sie einem hinterher erklärt werden. Das ist wie mit den Pointen bei guten Witzen.


Eine Ballade vereinigt die Charakteristika von drei Dichtungsgattungen.

Diesem Gedicht fehlt mindestens eine der drei. 

Was wird in dem Gedicht hauptsächlich geschildert?

Welcher Art von Gedichten ist es also zuzuordnen?

Vielleicht siehst du dir die beiden letzten Strophen noch einmal genau darauf hin an:

Ein Bach läuft hastig mir zur Seite;
     Er ahnt des Winters Eisesketten,

15

Und stürzt sich fort und sucht das Weite

     Als könnt’ ihm Flucht das Leben retten.

Da mocht’ ich länger nicht inmitten
     So todesnaher Oede weilen;
Es trieb mich fort, mit hast’gen Schritten

20

     Dem flücht’gen Bache nachzueilen.