Warum muss Entropie nochmals im Kondensator abgeführt werden?

4 Antworten

Du brauchst einen Druckgradienten für die Turbine und du bekommst den niedrigen Druck nur, wenn du das Wasser auskondensieren lässt.

Grundsätzlich kann man in stationären Prozessen sagen, dass alles, was du reintust, irgendwann auch wieder rausgenommen werden muss. Würdest du die Entropie der zugeführten Wärme nicht abführen, dann würde sie sich im System ansammeln und es wäre nicht mehr stationär.

Es gibt aber tatsächlich die Möglichkeit, das Wasser vor dem Ofen durch die Abwärme vorzuheizen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Trust me, I'm an engineer

mechanische Energie ist nur aus der Differenz zwischen einem warmen und einem kalten Reservoir zu erzeugen. Der Wirkungsgrad ist sogar um so höher, je kälter das kalte Reservoir ist (ideal: absoluter Nullpunkt, dann ist der Carnot-Wirkungsgrad 1).

Hier in deinem Beispiel geht es um ein Atomkraftwerk. Hier ist eine gleichmäßige Kühlung erforderlich um eine Kettenreaktion zu vermeiden. Würdest du das Wasser nicht im Kondensationsbereich abkühlen lassen, könnte sich der Kreislauf mehr und mehr aufheizen bis letztendlich nur noch heißer Dampf im System vorhanden ist. Heißer Dampf kann weder das Reaktorbecken abkühlen noch würde sich ein Vorschub für die Trubinde in Form entstehenden Dampfdrucks bilden (kaltes Wasser wird ja nicht mehr in Dampf umgewandelt).

Das Kühlsystem wäre in diesem Moment zusammengebrochen, die Turbine würde aufhören zu arbeiten und die Energie könnte nicht mehr abgeführt werden. Eine Überhitzung und Kernschmelze könnten die Folgen sein.


Bevarian  15.01.2020, 15:30
Hier ist eine gleichmäßige Kühlung erforderlich um eine Kettenreaktion zu vermeiden.

Seit wann ist eine Kettereaktion thermisch induziert?!? ;)))

Das ist ein Druckwasserreaktor! Wenn Du im Kern nur noch Waserdampf hast, fehlt Dir der Moderator um die Neutronen auf thermische Energie abzubremsen: der Spaltprozess kommt von alleine zum Erliegen...

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tommgrinn  15.01.2020, 15:49
@Bevarian

Theoretisch bzw. in einem gewissen Grenzbereich drift dies zu. Die Überhitzung kann jedoch zum Bersten der Anlage und damit zum Wasserverlust führen... am Ende steht dann auch die Kernschmelze, siehe folgenden Link:

http://www.energieinfo.de/eglossar/druckwasserreaktor.html

Daher gibt es auch bei diesen Reaktoren ein weiteres Notkühlsystem, das hier in der Skizze jedoch nicht eingezeichnet ist - hier käme es also zu einer Kernschmelze.

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Das schwierige für mich ist, dass ich die Entropie nicht messen und sehen kann wie bei der Temperatur.

Gut, dass du das so klar formulierst. Deshalb gehe ich erstmal generell auf die Entropie ein.

Entropie ist einer der abstraktesten Begriffe, die es in der Physik gibt, und daher gar nicht mal so einfach zu erklären. Entropie kann man nicht anfassen, sehen oder direkt messen. Auch viele Physiker, Chemiker, Ingenieure und oft auch Physiklehrer haben mit diesem Begriff größte Schwierigkeiten und können kaum erklären, was Entropie eigentlich sein soll. Selbst bekannte Physiker wie Einstein oder Hawking hatten damit so ihre Probleme und teils sogar bezweifelt, ob es Entropie wirklich gibt oder ob das nicht bloß ein künstlicher menschgemachter Begriff sei. Inzwischen ist aber nachgewiesen, dass Entropie tatsächlich existiert und einen naturgesetzlichen Charakter hat. Insofern darfst du dich nicht ärgern, wenn auch du damit Schwierigkeiten hast, mit dem Begriff „Entropie“ etwas sinnvolles zu verbinden oder sie gar wirklich zu verstehen. Die diversen Zitate aus Lexikas dürften dir da auch kaum weiterhelfen.

Dazu kommt das generelle Problem, dass jemand nur dann etwas stark vereinfacht und verständlich erklären kann, wenn er selber den Inhalt gut durchdrungen hat und deswegen tun sich selbst Physiklehrer öfters mal schwer, Entropie zu erklären. Daher versuche ich es mal etwas anders, das Wesen Entropie zu erklären.

Was dir bekannt sein dürfte ist der Energieerhaltungssatz (1. Hauptsatz der Thermodynamik). Dieser Energieerhaltungssatz macht aber nur Aussagen über die Energiemenge.

Nun hat man aber im Laufe der Zeit festgestellt, dass Energie nicht nur nach ihrer Menge beurteilt werden kann, sondern dass Energie auch eine Qualität besitzt. Die Qualität der Energie bemisst sich danach, wie leicht man sie in andere Energieformen umwandeln kann. Die höchste Qualität besitzt dabei die Gravitationsenergie. Sie lässt sich mit Abstand am allerleichtesten in eine andere Energieform umwandeln, z.B. in kinetische Energie. Dazu braucht man einen Gegenstand nur loszulassen und er fällt von alleine nach unten, nimmt also Geschwindigkeit auf. Die geringste Qualität hat Wärmeenergie bei Umgebungstemperatur. So besitzt die Luft der Atmosphäre durch ihre Temperatur jede Menge innere Energie, aber mit dieser Energie z.B. eine Maschine zu betreiben oder einen Körper zu beschleunigen, ist praktisch unmöglich. Um die Qualität der Energie zu beschreiben, wurde der Begriff der Entropie eingeführt. Die Qualität der Energie bemisst sich also nach ihrer Umwandelbarkeit oder anders gesagt, nach ihrer Arbeitsfähigkeit. Denn das ist das wesentliche Merkmal von Energie: sie kann Arbeit leisten. Das kann sie aber nur solange, wie ihre Entropie gering ist.

Jetzt kommt noch eine Schwierigkeit beim Verständnis dazu, weil man sozusagen falschrum denken muss. Umso höher die Entropie, umso höher ist nicht die Qualität der Energie, sondern es ist genau umgekehrt. Je mieser die Qualität, umso höher ist die Entropie. Insofern kann man sich Entropie eher als ein Maß für „Energieabfall“ vorstellen, weil man mit Abfall nichts mehr anfangen kann.

Will das mal an einem Beispiel verdeutlichen. Wenn du irgendwo eine Kiste Äpfel kaufst, reicht nicht nur die Kenntnis der Menge, also 10 kg, denn du musst entsprechend der Qualität dieser Äpfel unterschiedliche Preise bezahlen.

Die teuersten Äpfel haben Handelsklasse A. Sie besitzen noch keine Entropie. Die sind makellos und die kann man unbeschränkt in andere Apfelprodukte umwandeln, sei es ein Apfel zum essen, in Apfelkuchen, Apfelsaft oder was immer du willst.

Äpfel der Handelsklasse B haben schon kleine Qualitätsmängel. Die bietet man nicht mehr unbedingt auf einer Obstschale zum Essen an, aber Apfelkuchen oder Apfelsaft kann man noch gut daraus machen.

Billig sind sogenannte Saftäpfel. Die kommen gar nicht mehr in den Handel, sondern werden nur noch zu Apfelsaft gemacht.

Die schlechteste Qualität haben völlig verfaulte Äpfel, denn aus denen kann man gar nichts mehr machen. Diese verfaulten Äpfel haben damit die maximale Entropie, sie bestehen nur noch aus Abfall.

Nun sagt der 2. Hauptsatz der Thermodynamik aus, dass in einem geschlossenen System die Entropie immer nur zunehmen, aber niemals abnehmen kann. Dieser Grundsatz gilt im gesamten Universum sowohl für die Energie als auch für die Kiste mit Äpfeln.

Wenn du eine Kiste mit Äpfeln der Handelsklasse A hast, musst du nichts tun, damit die Entropie zunimmt. Die Äpfel faulen im Laufe der Zeit ganz von alleine. Es ist aber noch niemals beobachtet worden, dass aus einer Kiste mit fauligen Äpfeln im Laufe der Zeit von alleine Äpfel der Handelsklasse A wurden.

Energie verfault nicht, da spricht man von Entwertung oder Dissipation. Alle Energie strebt danach, entwertet zu werten und das geht auch von alleine. Alle Energie strebt dazu, sich letztlich in Wärme umzuwandeln. Bei allen praktischen Prozessen, bei denen Energie umgewandelt wird, entsteht meistens durch Reibung auch Abwärme, mit der man nichts mehr anfangen kann. In dieser Abwärme steckt die entstandenen Entropie. Diese Abwärme verringert immer auch den Anteil der Energie, der umwandelbar bzw. arbeitsfähig bleibt.

Um die Entropie in einem geschlossenen System zu verringern, also die Qualität anzuheben, muss immer Energie zugeführt werden, von alleine passiert das niemals. Hättest du also eine Kiste mit Äpfeln der mittleren Entropie, sprich die sind nur halbe verfault, könntest du Energie aufwenden, indem du überall das faulige wegschneidest und wegwirfst und aus dem Rest könntest du immerhin noch Saft machen. Genauso wäre das auch mit Energie. Um die Entropie in einem geschlossenen System zu verringern, musst du von außen hochwertige Energie zuführen, um damit Entropie abführen zu können. Der Energieabfall, also die Entropie, würde dann in der Umwelt landen und deren Entropie entsprechend erhöhen.

Die Angabe der Entropie würde bei der Kiste mit Äpfeln einem „Verfaulungsgrad“ entsprechen. Diesen Verfaulungsgrad kannst du auch niemals direkt messen, sondern nur rechnerisch über andere Werte ermitteln. Du müsstest z.B. die Gesamtmasse ermitteln, danach die fauligen Anteile wiegen und beide Werte ins Verhältnis setzen. So ist es auch bei der Entropie. Die lässt sich nur rechnerisch aus messbaren Zustandsgrößen ermitteln, aber nie direkt messen.

Häufig wird Entropie zu Beginn des Unterrichtes auch als ein Maß für die Unordnung bezeichnet. Bei geschlossenen Systemen ist das auch noch in Ordnung, bei komplexen Systemen führt diese Vorstellung aber in die irre. Hohe Ordnung bedeutet dabei hohe Qualität, also niedrige Entropie, während eine maximale Unordnung eine niedrige Qualität also maximale Entropie bedeutet.

Meist wird als Vergleich ein Zimmer angeführt. Ein frisch renoviertes, neu eingerichtetes, sauberes und aufgeräumtes Zimmer hat die höchste Wohnqualität, also die minimale Entropie. Wohnt man darin und macht ansonsten nichts, nimmt die Unordnung, die Verschmutzung, die Vermüllung konstant zu. Die Wohnqualität wird immer geringer, die Entropie nimmt ständig und ganz von alleine zu. Nur wenn man Energie aufwendet, kann man die Entropie wieder verringern. Dazu muss man putzen und aufräumen und den Schmutz und Abfall aus dem Zimmer hinausbefördern.

So könnte z.B. deine Mutter sagen: "Jetzt räume endlich mal dein Zimmer auf", während dein Vater, wenn er Physiker ist, zu dir sagen könnte: "Du solltest mal wieder die Entropie deines Zimmers verringern."

Vorläufige Zusammenfassung:

Entropie ist ein Maß für die Qualität von Energie. Je höher die Entropie, umso mehr wurde die Energie bereits Richtung Abwärme entwertet und umso geringer ist ihre Fähigkeit, Arbeit zu leisten.

Kommen wir nun zu deinem Kraftwerk.

Wie schon oben gesagt, wird bei sämtlichen realen Vorgängen, bei denen Energie im Spiel ist, immer auch Entropie erzeugt. Die entsteht ganz alleine, so wie eben auch Äpfel ganz von alleine faulen. Besonders viel Entropie entsteht, wenn in irgendeiner Form bei der Energieumwandlung Wärme im Spiel ist. Auch hier passt der Vergleich: je wärme die Äpfel gelagert werden, umso schneller faulen sie. Damit nicht die ganze Kiste Äpfle ruckzuck verdirbt, müssen die fauligen Äpfel laufend entfernt werden. Auch ein Kraftwerk würde verderben, wenn man die ständig entstehende Entropie nicht kontinuierlich entfernen würde. Man spricht da von dem sogenannten Entropietod, den eine Maschine sterben kann. Der „Sterbeprozess“ würde sich in der Form abspielen, dass das gesamte Temperaturniveau in der Maschine sich kontinuierlich erhöhen würde, wodurch zuerst die Leistung abnimmt. Beim Kraftwerk würde die Leistung dadurch erstmal abnehmen, weil keine vollständige Kondensation mehr erfolgt. Der Entropietod würde dann eintreten, wenn dann irgendein Bauteil wegen Überhitzung bricht und die Maschine schlichtweg kaputt geht. Um das zu verhindern, muss aus jeder Maschine oder Gerät immer die entstehende Abwärme durch Kühlung entfernt werden. Dabei ist es völlig egal, ob das ein Handrührer, ein Automotor, ein Computer oder ein Kraftwerk ist. In der Abwärme steckt nämlich die gesamte erzeugte Entropie, das sind die faulen Äpfel. Grundsätzlich gilt: es ist immer Wärme, die die Entropie in sich trägt. Oben hatte ich es schon erwähnt: Abwärme bzw. die mit ihr verbundene Entropie ist Energieabfall.

Weil Abwärme so viel Entropie enthält, sind auch sämtliche Versuche oder Ideen, mit Abwärme noch irgendetwas anderes sinnvolles anzustellen, außer sie zum Heizen zu nutzen, im Ansatz sinnlos.

Hoffe, das hilft dir vielleicht etwas weiter. Annsonsten kannst du auch gerne nachfragen.

Um deine Frage jetzt auch noch mal kurz und bündig zu beantworten:

Warum muss Entropie nochmals im Kondensator abgeführt werden?

Antwort: weil es am Kondensator technisch am sinnvollsten ist, dort die Abwärme abzuführen und würde man die Abwärme mitsamt der entstandenen Entropie gar nicht abführen, würde die Maschine überhitzen und damit den Entropietod sterben.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung