summa ius summ iniura, erklärung bitte!

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Das lateinische Sprichwort (proverbium) steht mit Quellenangabe, Übersetzung und Literaturhinweisen bei:

Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter. Zusammengestellt, übersetzt und erläutert von Detlef Liebs. Unter Mitarbeit von Hannes Lehmann, Praxedis Möhring und Gallus Strobel. 7., vollständig überarbeitete und verbesserte Auflage. München : Beck, 2007, S. 226 – 226

Marcus Tullius Cicero, De officiis 1, 33 erwähnt das Sprichwort “summum ius summa iniuria” im Zusammenhang mit einer Schikane/Trug/Verdrehung und schlauen/verschlagenen und arglistigen/tückischen/böswilligen Auslegung des Rechts: Exsistunt etiam saepe iniuriae calumnia quadam et nimis callida, sed malitiosa iuris interpretatione. „Es kommen auch oft Ungerechtigkeiten durch eine bestimmte Rechtsverdrehung vor und durch eine allzu spitzfindige, aber böswillige Auslegung des Rechts.“ Ein Beispiel ist der Bereich des staatlichen Völkerrechts, wenn bei einem für 30 Tage abgeschlossenen Waffenstillstand jemand nachts die Felder des Gegners verwüstet, da der Waffenstillstand nur tagsüber gelte.

Wiedergaben:

„Größtes Recht größtes Unrecht“

„Auf die Spitze getriebenes Recht kann schwerstes Unrecht bedeuten.“

Zum Vergleich wird hingewiesen auf Digesten 17, 1, 29 § 4 (Ulpian): Apices juris non sunt jura.

„Die Spitzen im Recht sind nicht das Recht.“

Das Recht läßt sich nicht begreifen, wenn man nur seine äußersten Konsequenzen im Betracht zieht.

Das arglistige Auslegen, das sich formal auf die Buchstaben des Rechts bezieht, ist ein Mißbrauch des Rechts.

Im Sprichwort ist das „höchste Recht“ (summum ius) ein bis zur äußersten Rücksichtslosigkeit gehendes Geltendmachen eines Rechtsanspruches, bei dem es sich um eine arglistige Auslegung handelt. In der Sache stellt dies Ungerechtigkeit und Widerrechtlichkeit dar.

Eine Meinung, es gebe keine (absolute) Gerechtigkeit für alle, bedeutet das Sprichwort nicht. In Betracht gezogen werden kann als allgemeiner Hintergrund nur die Mangelhaftigkeit geschriebenen Rechts, das durch Billigkeit (lateinisch: aequitas“ bzw. als substantiviertes Adjektiv aequm) korrigiert wird.

Es gibt keine absolute Gerechtigkeit für alle - eine Massnahme, die dem einen Recht verschafft, bewirkt unter Umständen wieder für jemand anderen eine Ungerechtigkeit. ODer: auf die Spitze getriebenes (summum) Recht / spitzfindig ausgelegtes Recht wird wieder zu Unrecht