Soziale Ungleichheit?

2 Antworten

DIW: Die soziale Spaltung eskaliert

Daten zeigen: Seit den Neunzigerjahren haben Haushalte mit geringem Einkommen kaum reale Lohnsteigerungen erfahren. Das ist sozialer Sprengstoff in der aktuellen Krise.

Eine Kolumne von Marcel Fratzscher

Die Sorgen um die soziale Polarisierung unserer Gesellschaft wachsen. Die zunehmende Ungleichheit bei Bildungschancen und Gesundheit in der Pandemie, die fehlende Generationengerechtigkeit beim Klimaschutz und nun eine hohe Inflation könnten einen immer größeren Keil in die Gesellschaft treiben. Die Bundesregierung versucht mit Entlastungspaketen, die Menschen finanziell zu unterstützen und durch eine konzertierte Aktion noch größeren Schaden zu verhindern. Der Bundespräsident schlägt ein verpflichtendes soziales Jahr vor, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Von der hohen Inflation und dem Verlust der Kaufkraft sind vor allem Menschen mit geringem Einkommen betroffen. Viele fragen sich, ob Einkommen und Löhne noch ausreichend sind, damit Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Der Blick zurück hilft dabei: Bei der Analyse, wie sich die Einkommen in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben – und auch die Ungleichheit der Einkommen in Krisenzeiten – zeigt sich ein eindeutiges Bild: Krisen verschärfen die Ungleichheit der Einkommen meist weiter. Auch die gegenwärtige Entwicklung sollte eine Warnung an die Politik sein, frühzeitig einer weiteren Polarisierung entgegenzuwirken.

Eine im Juni am DIW Berlin erschienene Studie zeigt eine sehr gespaltene und eher ernüchternde Entwicklung der Einkommen in Deutschland seit 1995. Die letzten verfügbaren Daten sind von 2019, also noch vor Einsetzen der Corona-Pandemie und des gegenwärtigen Kriegs in der Ukraine. Trotzdem sind die Erfahrungen vergangener Krisen und großer Umbrüche — der Wiedervereinigung, der Wirtschaftskrise Anfang der Nullerjahre und der Finanzkrise 2008 bis 2011 — lehrreich, um abschätzen zu können, was uns in den kommenden Jahren bevorstehen könnte.

Zuerst zu den positiven Entwicklungen: Sowohl die realen Stundenlöhne (also unter Berücksichtigung der Inflation) als auch die realen, verfügbaren Haushaltseinkommen pro Monat (also nach Steuern, Abgaben und Sozialleistungen) zeigen eine überaus positive Entwicklung in den wirtschaftlichen Boomjahren von 2014 bis 2019. Für alle Gruppen sind die realen Einkommen und Stundenlöhne in dieser Zeit gestiegen. Auch Rentnerinnen und Rentner haben einen deutlichen Zuwachs ihrer Rentenzahlungen erfahren.

Dieses Resultat war jedoch nicht nur durch den Markt und die Wirtschaft getrieben, sondern auch durch zwei andere Entwicklungen: die Einführung des Mindestlohns 2015 und eine äußerst geringe Inflationsrate. Der Mindestlohn wirkte dabei nicht nur direkt für die unmittelbar betroffenen Beschäftigten positiv, er führte auch dazu, dass viele andere mit relativ geringen Einkommen Lohnsteigerungen hatten. Die geringe Inflation hat dann dazu geführt, dass diese Erhöhung bei Löhnen und Renten auch in einem ordentlichen Anstieg der Kaufkraft der Einkommen resultierte.

Trotz dieser positiven Entwicklung haben viele, vor allem einkommensschwächere Menschen, jedoch langfristig nicht oder nur wenig profitiert. Denn die realen Einkommen der Menschen, die zu den unteren 20 bis 30 Dezilen zählen, sind in den vergangenen beiden Jahrzehnten nicht oder nur kaum gestiegen. Tatsächlich hat sich also die Ungleichheit vergrößert – nie war sie bei den verfügbaren Einkommen der Haushalte größer als 2019. Sie war 2019 sogar noch höher als im Krisenjahr 2005, als es mehr als fünf Millionen Arbeitslose gab. Mit anderen Worten: Menschen mit hohen Einkommen waren die größten Gewinner des Wirtschaftsbooms der Zehnerjahre. Und nur durch den staatlichen Eingriff des Mindestlohns und das Glück einer geringen Inflation konnten Menschen mit geringen Einkommen eine Verbesserung ihrer Einkommenssituation erfahren.

Nun wenden einige Kritiker dieser Argumentation häufig ein, ein Anstieg der Ungleichheit sei irrelevant, solange alle Gruppen einen realen Anstieg ihrer Einkommen erfahren. In diesem Punkt liegt ein grundlegender Dissens. Zu einem guten Lebensstandard gehören nicht nur ordentliche Einkommen, sondern auch eine hohe soziale Teilhabe möglichst aller Gruppen einer Gesellschaft. Eine soziale Polarisierung entsteht und wird zum Problem, wenn viele Menschen nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, weil ihnen das Geld dafür fehlt — wenn beispielsweise man selbst oder die eigenen Kinder nicht an üblichen Aktivitäten teilnehmen können. 

Die Politik muss offensichtliche Lösungen umsetzen

Und gerade deshalb ist der Anstieg der Armutsgefährdung (definiert als alle Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens haben) von circa elf Prozent in den Neunzigerjahren auf heute 16 bis 17 Prozent so problematisch und gefährlich: Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung werden immer mehr Menschen abgehängt, die Polarisierung nimmt zu. Und dabei hilft es nicht, dass man die betroffenen Gruppen klar abgrenzen kann: Besonders häufig von Armut gefährdet sind vor allem Menschen mit Migrationsgeschichte, Kinder und alleinerziehende Mütter sowie Personen, die in Teilzeit arbeiten. Im Gegenteil, es zeigt das Scheitern der Politik, die offensichtlichen Lösungen umzusetzen: Eine bessere Qualifikation und Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte, die Einführung einer auskömmlichen Kindergrundsicherung, die Abschaffung von Minijobs und steuerlicher Nachteile für Frauen und eine deutlich bessere Betreuungsinfrastruktur in Kitas und Schulen.

So viel zur Vergangenheit — aber was lässt sich aus den Erfahrungen der vergangenen drei Jahrzehnte für die Zukunft ableiten? Betrachten wir erst einmal die Krisen der Vergangenheit: Der Umbruch der Wiedervereinigung Anfang der Neunziger, die Wirtschaftskrise Anfang der Nullerjahre und der damit verbundene Anstieg der Arbeitslosigkeit haben die Ungleichheit der Einkommen stark erhöht, so sehr, dass diese dann auch in den boomenden Zehnerjahren nicht wieder reduziert werden konnte. Die globale Finanzkrise 2008/09 und die europäische Finanzkrise 2011/12 dagegen haben zu einer Stagnation oder leichtem Rückgang der realen Einkommen fast aller Gruppen geführt.

Wie sich die jüngsten Krisen auf die Spaltung auswirkten

Vermutlich werden Pandemie und Inflation sich eher wie diese beiden Finanzkrisen zwischen 2008 und 2012 auf reale Einkommen und Ungleichheit auswirken. In der Pandemie haben sowohl Menschen mit geringen Einkommen als auch Besserverdienende deutliche Einbußen ihrer realen Einkommen erfahren müssen. Eine Studie von Bertelsmann bestätigt dies und kommt zu dem Ergebnis, dass Menschen mit geringeren Einkommen – vor allem solche mit Minijobs, bei denen es sich häufig um Frauen und Beschäftigte aus Ostdeutschland handelt – relativ stärkere Einkommensverluste und eine höhere Belastung während der Pandemie erfahren haben.

Dies setzt sich jetzt durch die hohe Inflation fort. Die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro und der Arbeitskräftemangel dürften wohl einen Anstieg der Ungleichheit bei den Einkommen in den kommenden Jahren zwar verhindern. Das macht die Lage jedoch nicht weniger gefährlich und polarisierend. Denn einkommensschwache Haushalte leiden viel stärker unter der Inflation, weil sie oft das Vier- oder Fünffache ihres Einkommens für Energie und Nahrungsmittel ausgeben müssen. Diese Haushalte haben oft auch keine Ersparnisse, können sich kein Geld leihen oder mehr arbeiten, um ihren Lebensstandard einigermaßen halten zu können.

Somit wird die Inflation die soziale Polarisierung in Deutschland wohl weiter verschärfen. Deshalb sollte die Bundesregierung auch mit ihrer Politik, von der konzertierten Aktion bis hin zu weiteren Entlastungspaketen, vor allem den Schutz der vulnerabelsten Gruppen in den Mittelpunkt stellen. Steuerliche Entlastungen für Beschäftigte helfen dabei den am stärksten betroffenen Menschen nicht oder kaum und sind zu häufig eine Umverteilung von unten nach oben. Höhere Löhne und Einkommen sind der einzige Weg, wie vor allem einkommensschwache Menschen sich dauerhaft gegen höhere Preise schützen können und eine Verschärfung der Polarisierung in unserer Gesellschaft vermieden werden kann.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-09/ungleichheit-einkommen-gehaltsentwicklung-energiekrise?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

Anm: Der Autor vermeidet es, auf einen noch wesentlich groesseren Spaltpiz in der Gesellschaft hinzuweisen: Stichwort Erben. Die einen - sagen wir 50 Prozent - erben teils sehr grosse Vermoegen, die anderen nichts.

Das heisst, dass es in Zukunft so sein wird, dass diesen "einen" ausgeben koennen, was sie wollen, ohne gross noch zu arbeiten.

Die anderen arbeiten, ohne sich deshalb etwas gross leisten zu koennen.

Diese Thema wird bisher auch von der Politik, egal ob rechts oder links, ausgespart.

Thema:
Bevorzugung von Frauen und Mädchen.

Wehrpflicht nur für Männer. (Gibt ja zurzeit keine gab aber ja mal)

Es gibt eine Sexualstraftatt wo im Gesetzbuch nur Männer erwähnt werden.

Bevorzugung von Mädchen an der Schule.

Bevorzugung von Frauen beim Thema Vergewaltigung.

Bevorzugung von Frauen beim Thema Sorgerecht.

Kan8183  24.09.2022, 20:02

Desweiteren kanns du auch noch Soziale Vorteile von Frauen anbringen die jetzt nichts mit Gesetzen zutun haben.

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Cheerful855 
Fragesteller
 24.09.2022, 20:05

Ok danke. Gibt es noch weiter Punkte bezogen auf Einkommen und Vermögen?

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Kan8183  24.09.2022, 20:07
@Cheerful855

Bei dem Thema was ich vorschlage drehst du den Punkt mal um und zählst die vorteile auf die Frauen im Alltag und im Leben haben. Du kannst auch sagen das z.B Männliche Erzieher es schwer haben und von der Gesellschaft oftmals auch als Pedophile betittelt werden.

Oder auch das niedrigere Rentenalter was Frauen haben.

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