Sigmund Freud - Religion als kollektive Zwangsneurose?

10 Antworten

Es geht wohl um das Bild eines guten Christen. Der Mensch benimmt sich so, wie es sich für einen guten Christen geziemt. Also unterdrückt er gewisse Gefühlsregungen, die aus sicht der Religion nicht gerne gesehen werden. Es geht hierbei um Dogmen, die im Grunde nur eine Anhäufung von Gedanken sind – also selbsterdachte Regeln.

Dem Mensch bleibt somit nichts anderes übrig, als sich selbst zu Zügeln, und dadurch seine Gefühle zu unterdrücken. Irgendwann ignoriert er dann z.B. seine eigene Wut, und leitet die auftauchende Energie einfach um, in eine Art Ersatzhandlung. Er verleugnet sich also selbst, und er spielt dann eine Rolle, welche auf einen guten Christen hinweist.

Doch im Grunde ist es Aggression gegen sich selbst. Er muß sich immer wieder verstellen, um keine unerlaubten Gefühlsregungen zu zeigen. Doch dann wirken diese Menschen nach außen irgendwie – unecht. Sie sind auf der Hut, um ja nicht aus dem Rahmen zu fallen. Sie müssen dieses Bild eines guten Christen stets nach außen zeigen, um sich wohlfühlen zu können.

Sollten sie einmal ein sogenanntes unerlaubtes Gefühl zeigen, müssen sie Busse tun, um diesen Makel wieder zu beseitigen. Gleichzeitig leben sie in einem Spannungszustand, der irgendwann einmal im Körper Symptome zeigt. Das ist dann die leichtere Art der Psychose. Die Schwerere findet dann im Ego-Bewußtsein statt. Dort wird der Andersdenkende erschaffen und genauestens beobachtet.

Wer bewußt das Gute erschafft – erschafft gleichzeitig – unbewußt – das Böse. Und da ich nun ein guter Christ bin, und auch nur Gutes tue, müssen die Anderen zwangsläufig die Bösen sein. Hier zeigt sich die Spaltung in der Psyche – oder wie der Christ sagt – in der Seele. Nun lebt der Mensch in einer selbstgeschaffenen Illusion und weiß nichts davon.

Laufend korrigiert er die Signale seines Körpers, da ja ein guter Christ verbotene Gefühlsregungen nicht haben darf. Dann hat sich dieser Mensch von sich selbst so weit entfernt, daß er seinen Nächsten nicht mehr erkennen kann, da er ihn gedanklich zum Andersdenkenden gemacht hat.

Und so entstehen dann die Ungläubigen. Diese Menschen werden zu einem Gedankenkonstrukt degradiert. Die Folge davon ist, daß diese Menschen dann nichts mehr fühlen – nicht einmal sich selbst. So bemerken sie auch nicht, daß die unterdrückte Energie in ihrem Körper vagabundierend Unheil anrichtet. Sollte es zum Ausbruch kommen, dann ist es die Strafe des Herrn.

Doch was Freud erkannte war, daß diese Menschen in einem permanenten Spannungszustand lebten. Daraus wurde dann Aggression. Gegen sich selbst, und bald auch gegen Andere. Und wenn dies nun kollektiv geschah, dann war die Menschheit kurz vor einer nationalen Auseinandersetzung - sprich: Krieg. Freud erkannte den Krieg im Kopf, welcher jederzeit bereit war, in die Außenwelt zu gelangen.

Im Grunde geht es darum, daß sich der Mensch von der Religion erklären läßt, was er zu tun hat. Und so wird er zum Knecht, denn wer Sünde tut – der ist der Sünde Knecht. Dieser Mensch überträgt seine Autorität der Kirche – nicht unbedingt der Religion, denn diese spricht nicht von richtig und falsch, wenn es um eine Handlung geht.

Herzliche Grüße

Es handelt sich bei Freud um Deutungen von speziellen Beobachtungen, die er in Bezug auf Religion in anfechtbarer Weise verallgemeinert. Der Psychoanalytiker macht anders als der Physiker oder Chemiker kein externes Experiment, bei dem er annehmen darf, dass er - wenn überhaupt - nur marginal Teil des Experiments ist und es sich auch von anderen zur Kontrolle widerholen lässt. Der Psychoanalytiker ist Teil der Erfahrung und sie ist so einmalig und unwiderholbar wie seine Deutung, ein Los, das er annähernd mit Soziologen und Politologen und Wirtschaftswissenschaftlern teilt. In dem Maße, in dem Freud und seine Patienten Teil einer zu ihrer Zeit speziellen Gesellschaft waren, ist eine über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hinaus gehende Verallgemeinerung mehr als problematisch. Freuds Aussagen muss man zumindest auf die Rolle der Religion, speziell der röm. katholischen Konfession (in Österreich und Wien des Kaiserreichs) und ihrer Deutungs- und Sinngebungsmacht Ende des 19. JH beziehen. Dass das heute alles ganz anders aussieht und bewusst gesuchte religiöse Sinngebung heute sogar ein Gegenlebenskonzept gegen eine Vereinnahmung durch Warenvermassung darstellen kann, ist ernstzunehmende Alternative. Äußeres Zeichen der kollektiven Zwangsneurose (wenn man diesen Begriff überhaupt gebrauchen will) sind heute eher das Handy und das I-Pad.

Freud hat seine Kernerfahrungen mit Patienten gemacht, die man zumindest als "leichter extern beeinflussbar" bezeichnen kann. Ob man diese davon gewonnenen Deutungen ohne Abstriche auf alle Menschen verallgemeinern kann, ist mehr als fraglich. Dazu kommt, dass der Begriff Religion bei Freud von einer röm. kath. Konfession geprägt ist, die man als "Schuld-Fetichisten" bezeichnen könnte mit besonderer Empfindlichkeit gegenüber Sex und Frauen. Auch hier ist die Verallgemeinerung von röm. kath. Konfession auf Religion nicht zulässig. Dazu ist das Phänomen der Religion viel zu komplex. Ist der Zwang zum "Shopping" schon Religion? Womit füllen wir innere Leere? Zur Abwehr der Angst, dass uns innere Leere anödet und auffrisst gibt es viele Strategien. Ich habe heute nach einem Gespräch über unseren STARKULT einen bewussteren Blick auf die Zeitschriftenauslage geworfen: INSTYLE; GALA, IN; PROMI MAGAZIN und mehr ... das sind die Kirchenblättchen von heute.

….Freud hatte unter anderem behautet Enten bekamen durch ihre ständigen Paddelversuche ihre Schwimmflossen zwischen den Füßen….ich frage mich immer wieder, wie viele Enten dabei wohl ertrunken sind…der Mensch versucht schon seit ewiger Zeit zu fliegen..er hat es auch geschaft, er hat sich Flugzeuge gebaut…für mich hatte Freud einen zu Materiellen Verstand um die Grundlage der Evolution Geschichte zu legen

das ist alles pillepalle von überzogenen intelligenzlern, die an gefühlsnot kranken.


religion ist eine große kraft, die einen menschen durch sein leben tragen kann, wenn er noch nichrt die energie besitzt, das selber zu schaffen.


Wenn du nicht gerade mit Sigmund Freud verwandt bist, frage ich mich, warum du seinen Philosophien diese herausgehobene Bedeutung schenkst. Freud mag einige Verdienste haben. - Auf dem Gebiet seiner Bewertung der Religionen hat er jedenfalls jämmerlich versagt. Wenn Religionen dein "Reizthema" sind - deine Frage liest sich so - dann gibt es "schwergewichtigere" Meinungen die du verfolgen könntest.

frank1968  13.03.2012, 11:45

Er hat nicht versagt, sondern genau beschrieben, warum du glaubst. Und das kannst du ihm nicht verzeihen......

Du könntest auf Freuds Argumente eingehen, wenn du ihn denn gelesen hättest. Das wäre überzeugender, als jemanden als Versager zu beschimpfen.

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pasmalle  13.03.2012, 11:54
@frank1968

Oh Frank, du gehört inzwischen auch zu den Menschen, denen man nicht mehr anworten sollte, weil sie ein unehrliches Spiel treiben und genau so uneinsichtig und stur bleiben werden, wie sie gerne ihren ideologischen Gegnern zu unterstellen versuchen.

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babulja  13.03.2012, 14:01
@pasmalle

Na, frank, das ist doch mal eine Kampfansage von "pasmalle"!

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