Mehrsprachigkeit?

1 Antwort

Ein Argument könnte sicher die unklare oder mehrfache kulturelle Zugehörigkeit dieser Autoren sein.

z.B. gibt es einen tuwinischen Autor namens Galsan Tschinag, der sich als Schamane, Stammesoberhaupt und Botschafter des Nomadismus versteht, aber (fast) ausschließlich auf Deutsch schreibt.

  • Man kann ihm zugute halten, dass er es so schafft, deutschen Lesern die tuwinische Kultur näher zu bringen als eine Übersetzung es womöglich könnte, da er mit der deutschen Sprache ebenso vertraut ist wie mit der deutschen Kultur und die kulturellen und sprachlichen Differenzen zwischen Tuwa und Deutschland aufdecken und in seinen Werken Nutzen kann
  • Er wird aber auch kritisiert. Man wirft ihm vor, eine Kultur zu repräsentieren, die er selbst gar nicht mehr lebt und die er daher nicht authentisch vertreten kann.

Ein weiteres Argument ist bei mehrsprachigen Autoren auch immer die Wahl der Sprache(n), in denen sie veröffentlichen.

  • Autoren, die nicht in ihrer Muttersprache publizieren, besonders bei Sprachen mit weniger Sprechern) tragen evtl. dazu bei, dass diese international keinerlei Gewicht haben, sie ihre eigene Muttersprache also abwerten egal wie ambitioniert sie ihre Kultur sonst repräsentieren.
  • Manche Autoren wählen aber gerade Minderheitensprachen um diese zu bewahren und zu stärken, etwa Fritz Reuter mit Plattdeutsch
  • Andererseits erreichen sie ggf. mit einer weiter verbreiteten Sprache auch direkt ein größeres Publikum. Milan Kundera etwa hätte sicher nicht so großen Erfolg gehabt, wenn er ausschließlich auf Tschechisch publiziert hätte.
  • die Wahl der Sprache hat auch politische Bedeutung - mit welcher sprachlichen Macht lässt sich der Autor identifizieren? Wählt er von der Regierung geförderte/ gutgeheißene Sprachen, oder solche, die als Angriff auf herrschende Machtverhältnisse verstanden werden können? In der inneren Mongolei in China, ebenso wie im Staat Mongolei werden z.B. gerade vermehrt Texte in der alten mongolischen Schrift veröffentlicht, da diese im staatlich organisierten Unterricht Chinas verdrängt wird. Diese Veröffentlichungen dienen nicht nur dem Schutz der Sprache und Kultur, sondern auch als Ausdruck des Widerstandes gegen die chinesische Politik.
  • Die Wahl der Sprache kann auch historisch begründet sein, etwa durch Kriege und Konflikte, die Abneigungen gegen eine bzw. Bevorzugung einer anderen Sprache forcierten und so die Haltung des Autors in Bezug auf historische Ereignisse verdeutlichen

Auch ist manchmal die Grenze zwischen Sprache und Dialekt fließend, etwa Luxemburgisch als Mischung aus Deutsch, Französich und geringeren Anteilen Belgisch, Kreolsprachen z.B. der Karibik oder chinesische Dialekte und Minderheitensprachen. Bemühen sich die Autoren um "richtige" Schreibung, die einer geläufigen Sprachform zugeordnet werden kann? Oder versuchen sie möglichst, die gesprochene Sprache wiederzugeben, ggf. zu Lasten der Lesbarkeit und Verständlichkeit bei Lesern die an die Standartsprache gewöhnt sind?

Sprache hängt eben mit vielen weiteren Dingen zusammen:

Herkunft/ Migration,

Politik/ Macht,

Kultur/ Identität

Kunstverständnis/ Authentizität

Zielpublikum/ Monetarisierung,

u.s.w.

Sicher fallen Dir noch mehr Argumente ein.

ichmache2024abi 
Fragesteller
 17.11.2023, 13:02

Ich danke dir vielmals. Es hat mein Horizont auf jeden Fall erweitert:)

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