Kann der Kolonialismus auf Grundlage des Sozialdarwinismus gerechtfertigt werden?

Das Ergebnis basiert auf 13 Abstimmungen

Nein 54%
Ja 23%
Andere Antwort 23%

4 Antworten

Nein

Sozialdarwinismus war allerdings niemals die ideologische Grundlage kolonialer Bestrebungen - nicht einmal in Großbritannien.

Andere Antwort

Es gab keinen "Kolonialismus auf Grundlage des Sozialdarwinismus". Letzterer ist einfach die moderne, pseudowissenschaftliche Formulierung des angelsächsischen Auserwähltheitsdünkels, ein Herrenvolk zu sein, das von „Gott“ bestimmt sein, über die anderen zu herrschen.

Dieser äußerte sich dann unter anderem in den beispiellosen Brutalitäten des britischen Imperiums. In Indien allein waren die Briten für über 165 Millionen Tote verantwortlich. Dazu das Leiden der Iraner, Iren, Deutschen, Mesopotamier, Chinesen und vieler anderer Völker, die zu Opfern des überheblichen britischen Herrenwahnes wurden.

Kolonialismus haben aber nicht nur die Briten, sondern auch die christlichen Länder des europäischen Abendlandes betrieben, allerdings in völlig unterschiedlicher Art und Weise: Der französische und deutsche Kolonialismus zielte stets darauf ab, die farbigen Völker zu entwickeln, ihnen die Zivilisation des Europäers zu lehren und so zuverlässigen Handelspartnern zu machen. Daher haben namentlich die Deutschen in Afrika und der muslimischen Welt bis heute einen guten Ruf. (Die Franzosen nicht ganz, da sie sich durch die Kolonialkriege in Algerien nach dem Zweiten Weltkrieg in der muslimischen Welt dann doch unbeliebt gemacht hatten.)

Andere Kolonialherren, etwa Belgier oder Portugiesen, orientierten sich hingegen leider an den britischen Methoden und gingen ähnlich brutal-sozialdarwinistisch vor. Der Ruf dieser Staaten in der Dritten Welt ist heute daher nicht viel besser als der Großbritanniens.

Sozialdarwinismus an sich hat nichts mit Kolonialismus zu tun. Diesen gibt es auch heute noch in westlichen Gesellschaften wie z. B. den USA mit ihrer brutalen Verachtung für die sozial Schwächeren, die dort nur als „losers“ abgestempelt und nur verachtet werden. Letztlich stammt diese Denkweise aus dem Calvinismus der frühen Neuzeit. Der Sozialdarwinismus ist nur eine moderne, pseudowissenschaftliche verbrämte Spielart dieses alten angelsächsischen Ungeistes.

IanGaepit  23.04.2024, 11:36
Der französische und deutsche Kolonialismus zielte stets darauf ab, die farbigen Völker zu entwickeln, ihnen die Zivilisation des Europäers zu lehren und so zuverlässigen Handelspartnern zu machen.

Es kümmert mich jetzt wenig, dass du angelsächsichen Kolonialismus schlimmer findest als deutschen oder französischen. Aber was schon sehr kritisch ist, ist wie sehr du deutschen und französischen Kolonialismus beschönigst..

Treffender wäre wohl: dass Ziel war das besetzte Land zu entwickeln um seine Früchte, sei es in Form von natürlichen Ressourcen oder z.B. Weideland für das Mutterland ernten zu können. Die lokale Bevölkerung sollte dabei als billige Belegschaft für die aus dem Mutterland stammenden Akteure dienen. In Namiba z.B. für die deutschen Bauern die dort siedelten. Kulturelle "Zivilisierung" war dabei eher ein Versuch die Bevölkerung für diese Umstände gefügig zu machen.

Was das zu zuverlässigen Handelspartnern machen angeht: Deutschland ist ja aufgrund des Ersten Weltkriegs nie wirklich weit mit seinem Kolonialprojekt gekommen, aber wie das in der Praxis aussah können wir letztlich bei den Franzosen sehen.

Noch heute kontrollieren die Franzosen die Währung ihrer "Handelspartner" und so gut wie alle wirtschaftsrelevanten Unternehmen befinden sich in französischer Hand (sei es jetzt direkt durch den Staat, oder privater Konglomerate.) Und wenn die lokale Politik versucht etwas an diesen Umständen zu ändern, dann destabilisiert Frankreich oder interveniert direkt militärisch und beruft sich darauf, dass die vorherige, von ihnen eingesetzte Regierung ja um Hilfe gebeten hat...

Das würde ich jetzt nicht unbedingt als "Handelspartnerschaft" bezeichnen. Es war auch unzweifelhaft nie Ziel der Franzosen gleichberechtigte Handelspartner aufzuziehen, sondern immer die Früchte ihrer Kolonien auszubeuten.

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PEKANSOFERPECK  23.04.2024, 15:43
@IanGaepit

Schon deine Deutung zeigt, dass du den Kern meiner Betrachtung nicht begriffen hast. Es geht hier nicht um etwas "Schlimmer-finden", sondern schlichtweg um den Hinweis auf die Tatsache, dass der britische "Kolonialismus" etwas substanziell Anderes war als der grundsätzlich auf Entwicklung und Strukturschaffung ausgerichtete der Deutschen und Franzosen.

Gut, die Spanier waren in Lateinamerika ursprünglich auch auf Raub aus, ferner auf Missionierung um Sinne der romkirchlichen Ideologie. Hier ging es im 16. Jh. um die Suche nach dem "El Dorado", durch das sich der Spanier ewigen Reichtum ohne mühevolle Arbeit versprach. Doch die - wenn auch noch so brutale - Ausbeutung Lateinamerikas durch die Spanier wurzelte eben im rücksichtslosen Ehrgeiz Einzelner, war aber nicht Ausdruck eines staatlich-ideologischen Systems, wie dies in England der Fall war.

Man kann hier von einer neuzeitlichen angelsächsischen Ideologie sprechen, deren Wurzeln irgendwo in Denkungsarten wie dem mittelalterlichen Nominalismus eines William von Ockham (1), im übernommenen Calvinismus (2) sowie in der von den Juden übernommenen Lehre vom Herrenvolk bzw., wie man es in religiösen Zeiten nannte, vom "auserwählten Volk Gottes" (3). Der moderne Manchester-Kapitalismus und daraus folgende Imperialismus sowie der Darwinismus und Galtonismus bzw. die Anbetung des Rechtes des Stärkeren bzw. "Fitteren", also besser an die selbstgeschaffenen Ausbeutungsverhältnisse Angepassten, bei völliger Verachtung für die nach Calvin zu "ewiger Verdammnis" bestimmten Armen, also die "losers" in der US-amerikanischen Spielart des angelsächsischen Weltausbeutungsmodelles – das sind nur moderne Spielarten dieses alten angelsächsischen Ungeistes.

Diese dediziert antichristliche, dabei aber pseudochristliche, d. h. sich formal nach außen hin "christlich" gebende und oft scheinheilig („cant“) auftretende Ausbeutungsmodell, führte historisch dahin, wo es immer führen musste: Zu einem systemischen Problem, nämlich der faktischen Herrschaft der Rücksichts- und Gewissenlosesten in Wirtschaft, Handel, Finanzwesen, Politik und intellektuellen Eliten. England war nach dem Urteil vieler berufener kontinentaler Denker (z. B. Kant, Montesquieu) bereits im 18. Jh. der gefährlichste und für die Welt schädlichste aller Staaten und anders konnte es auch nicht sein bei einem System, was mit derselben Zuverlässigkeit, mit der Fett in einer Suppe oben schwimmt, eben die egotistischsten und psychopathischsten Typen in die Spitzenpositionen der gesellschaftlichen Macht brachte.

Wenn große Zahlen selbst irgendwie wirken könnten, so müsste man nur die 165 Millionen Inder nennen, die allein in den Jahren 1880 bis 1920 Todesopfer des britischen Ausbeutungsmodelles wurden:

https://mronline.org/2022/12/14/british-empire-killed-165-million-indians-in-40-years/

Damit wäre dann eigentlich alles gesagt über die antichristliche und antimenschliche Bösartigkeit Großbritanniens als historischer Gestalt.

Doch Zahlen wirken leider nicht. Was Wirkung hat in Bezug darauf, das Empfinden und Denken von Menschen zu beeinflussen, das ist Propaganda in Form von Bildern, Geschichten, das Schildern von Einzelschicksalen und die ständige Wiederholung von moralisierenden Behauptungen. Darin aber sind die Eliten Englands historisch gesehen immer groß gewesen. Sie sind nicht nur Meister des cant (politische Instinkt-Heuchelei) und der Schuldabwälzung sowie – verdrehung, sondern eben auch Meister des Marketings und der Propaganda. England war das erste Land der Erde, das im Krieg ein staatlich unterstütztes Propaganda-Institut schuf, das Wellington House im Jahr 1914. Dieses ersann zunächst Kriegslügen gegen den Kriegsgegner Deutschland wie etwa die berüchtigten "abgehackten Hände belgischer Kinder", eine Propagandalüge, deren Inspiration die britischen Hetzer in ihren eigenen Methoden im Indien der 1880er fanden, wo sie Hunderttausenden indischen Weberinnen einfach die Hände abhackten, um die indische Textilproduktion zum Erliegen zu bringen und die Inder somit zu zwingen, britische Ware zu kaufen.

Wer also über Kolonialismus als etwas durchwegs Negativem sprechen will (und Marxisten verbreiten dieses in Bezug auf die Gesamteuropäer einseitige und irreführende Narrativ stets), der darf nur über den britischen Imperialismus sprechen. Allenfalls noch über den portugiesischen und belgischen, doch bezeichnenderweise wurden genau diese beiden Länder als einzige des europäischen Festlandes geschichtlich meist von England unterstützt und auch der berüchtigte König Leopold II. war von einer Reihe britischer Geschäftsleute umgeben, die offenbar massiven Einfluß auf ihn ausübten.

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IanGaepit  23.04.2024, 16:17
@PEKANSOFERPECK
Schon deine Deutung zeigt, dass du den Kern meiner Betrachtung nicht begriffen hast.

Fairerweise da hast du recht. Wenn ich das richtig verstehe beschreibst du grade, dass du die Welt komplett durch die Linse eines, ich nenne es mal Anglokritischesanalysemodell betrachtest.

Abgesehen von irgendwelchen "Duginisten," wenn diese in der Realität überhaupt existieren wäre wohl Niemand in der Lage den Kern deiner Betrachtung zu verstehen, wenn er nicht darüber bescheid weiß.

Allerdings nichts von dem was du in deinem kleinen Roman geschrieben hast, adressiert jetzt meinen Kritik. Dein, ob jetzt zur Aufklärung über das "angelsächsischen Unheil" geschriebene Ausführung oder nicht beschönigt eben immer noch den "Kontinentaleuropäischen Kolonialismus." Ironischerweise ganz im Sinne der Sprache des angelsächsischen Neoliberalismus als nicht nur fast schon mildtätig. Daran ändert deine philosophische oder ideologische Intention nun auch nichts.

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PEKANSOFERPECK  25.04.2024, 15:41
@IanGaepit

(1) Ich muss gestehen, dass ich gerade hier auf GuteFrage tatsächlich meist die Erfahrung mache, dass die meisten Leute hier alles durch die „westliche“, d. h. amerikanisiert-anglisierte Brille sehen und daher meine Kritik am historischen Angelsachsen- und heutigen US-Amerikanertum kaum oder gar nicht verstehen bzw. gar nicht verstehen wollen.

Du spielst auf Alexander Dugin und dessen Anhänger an. Es stimmt, diese stehen dem westlichen Imperialismus mit dessen Protagonisten UK (18. – 20. Jh.) und USA (ab 20. Jh.) ebenfalls grundsatzkritisch gegenüber. Ich kenne Dugin und die Herleitung der Entartung des Angelsachsentum und dessen Kultur und Ideologie aus dem Nominalismus des William von Ockham ist ein Gedanke, den Dugin entwickelt hat und der Einiges für sich hat, wenngleich er sich natürlich ausschließlich auf die geistesgeschichtliche Komponente der ganzen Angelegenheit bezieht, die für mich aber nur der entsprechende Ausdruck auf eben dieser philosophischen Ebene war / ist für ein Phänomen, was eher in der seelischen Tiefe des Angelsachsen- oder Britentums selbst begründet liegt oder jedenfalls in der überkommenen und scheinbar historisch konstanten Empfindungs- und Denkungsart von dessen stil- und mentalitätsprägenden Eliten. Ich könnte hier auf weitere Faktoren eingehen, etwa die Rolle der Elite-Universitäten in England (Oxford, Eton) usw., die Rolle der gentry, des britischen Königshauses, der Hochfinanz (Nathan Rothschild und dessen Nachkommen usw., das wäre allerdings dann ein jüdischer Faktor, über den zu diskutieren leider kaum möglich ist, ohne als „Antisemit“ beschimpft zu werden), der großen Propaganda-Institute (in England etwa der berüchtigten Lügenfabrik „Tavistock Institute“) und so weiter. Doch dann würde ich mit endlosen Ausführungen nur langweilen.

Du siehst also den europäischen Kolonialismus in seiner Gesamtheit grundsätzlich negativ. Gut, das macht Sinn, da Du deinem Profilbild mit dem Sowjetsymbol in die marxistische Richtung zu tendieren scheinst. In jungen Jahren habe ich die Welt selbst durch eine marxistische Brille betrachtet und Dir in diesem Punkt dann auch wohl vorbehaltlos zugestimmt. Ich hab mich davon aber schon lange losgelöst, als ich erkannt habe, dass der Marxismus zwar tatsächliche Probleme (Ausbeutung, soziale Ungerechtigkeit, Imperialismus usw.) anspricht und zumindest auch einen Teil der dafür Verantwortlichen benennt, aber in seinen Lösungsvorschlägen absolut in die Irre geht und die Menschheit keineswegs zur Freiheit führt, im Gegenteil.

Das dialektische Weltbild der Marxisten verbiegt die Wirklichkeit immer genau so, wie diese es für ihre Ideologie benötigen. Ein differenzierter Blick auf die Realität wird dadurch erschwert bzw. unmöglich gemacht. Nirgends wird das so deutlich wie eben bei der kolonialen Frage. Für den Marxisten ist Kolonialismus per se schlecht und böse, weil er der dialektisch-materialistischen Ideologie nach schlecht und böse sein muss. Natürlichen Wirtschaftsentwicklungen und sogar tatsächlichen idealistischen Programmen zur Hebung des Entwicklungsniveaus der Kolonialvölker (Bau von Eisenbahnen, Krankenhäusern, Schulen usw.) werden ausschließlich sinistre Ausbeutungsmotive unterstellt, ohne zu erwägen, dass das Schaffen von wirtschaftlichen Win-Win-Situationen (die Europäer profitieren vom Import von Bodenschätzen, Nahrungsmitteln usw., die Farbigen erhalten Zugang zu europäischer Bildung und Technologie und können sich deren Errungenschaften kulturell aneignen) sehr wohl die treibende Kraft kolonialer Bestrebungen in Ländern wie Deutschland oder Frankreich gewesen sein kann. Genau davon aber gehe ich aus. Wenn ich z. B. die ältere Literatur zu dem Thema lese, so finde ich hier keinen psychopathisch-rücksichtslosen Ausbeutungs-Ungeist wie bei den Angelsachsen, auch kein räuberisches Conquistadorentum wie bei den Spaniern, sondern den sachlichen Geist wirtschaftlicher und zivilisatorischer Entwicklung, die Hand in Hand gehen und die Welt insgesamt voranbringen. Die französischen und deutschen Staatsmänner und Unternehmer von damals waren keine Dämonen aus irgendeiner mythischen, dunkel-düsteren Vorzeit, sondern die natürlichen Vorfahren der zeitgenössischen europäischen Politiker, die das Nützliche mit dem Menschlichen so gut zu verbinden suchen, wie es eben möglich ist.

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PEKANSOFERPECK  25.04.2024, 15:42
@IanGaepit

(2) Dass es dabei zuweilen auch zu Disharmonien kommen kann – siehe den Hinweis von Fragesteller Yabutha auf die Herero-Tragödie – liegt in der Natur der Sache. Die Welt ist kein Paradies und natürlich konnte sich die deutsche Kolonialverwaltung nicht die Abschlachtung von Hunderten friedlicher Siedlerinnen und Kinder gefallen lassen, ohne darauf zu reagieren. Ob nun Lothar von Trotha richtig gehandelt hat kann dabei ebenso diskutiert werden (und das wurde es damals im Reichstag auch schon lebhaft) wie die Frage, ob das etablierte Narrativ vom angeblichen „Völkermord“ überhaupt stimmt - wofür eines bei näherer Betrachtung der Faktenlage keine Hinweise gibt, ich verweise auf die Forschungen von Menschen, die direkt an den Quellen wohnen und wirken wie z. B. Hinrich Schneider-Waterberg:

https://www.spiegel.de/spiegel/voelkermord-an-den-hereros-in-deutsch-suedwestafrika-a-1098649.html

Ebenso ist etwa heute auch die Politik der ukrainischen Regierung gegenüber der russischen Minderheit im Donbass seit 2014 eine solche, die einige Kritiker des Westens als „genozidal“ bezeichnen, doch genauso kann natürlich die – verspätete aber nun scheinbar überharte – Reaktion der russischen Regierung darauf in Form des Eingreifens ab Februar 2022 kritisch gesehen werden. Die jetzige westliche Presse tut letzteres und eben nur letzteres und blendet die Vorgeschichte aus, wodurch naturgemäß ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit entsteht.

Eine sachliche Erörterung geschichtlicher und zeitgeschichtlicher Fragen sollte also frei von Ideologie oder Schuldzuweisungen erfolgen, sondern vielmehr nach den Zielen, den angewandten Methoden, deren Gründen und den Ursachen für diese fragen.

Insofern bin ich hier auch offen für eine sachliche Kritik an meiner eventuell überstrengen oder auch vielleicht einseitigen Kritik am historischen Angelsachsen- und heutigen Amerikanertum. Eine solche muss aber, wie gesagt, auf einer sachlichen Ebene erfolgen, die Fakten oder Gedanken fokussiert, nicht aber von ideologischen Grundlagen ausgeht.

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IanGaepit  27.04.2024, 01:36
@PEKANSOFERPECK
1) Ich muss gestehen, dass ich gerade hier auf GuteFrage tatsächlich meist die Erfahrung mache, dass die meisten Leute hier alles durch die „westliche“, d. h. amerikanisiert-anglisierte Brille sehen und daher meine Kritik am historischen Angelsachsen- und heutigen US-Amerikanertum kaum oder gar nicht verstehen bzw. gar nicht verstehen wollen.

Mei, bin ich da auf nen (wortwörtlichen) Bot reingefallen, oder sprichst du nur so schlecht Deutsch? (Falls du kein Bot bist, dass ist wirklich kein Angriff, aber beim Überfiliegen, klingt das alles so einstudiert.)

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IanGaepit  27.04.2024, 01:59
@IanGaepit
Mei, bin ich da auf nen (wortwörtlichen) Bot reingefallen, oder sprichst du nur so schlecht Deutsch? (Falls du kein Bot bist, dass ist wirklich kein Angriff, aber beim Überfiliegen, klingt das alles so einstudiert.)

Und wieso frage ich dich das überhaupt? Weil wir die Auswirkungen Kontinentaleuropäischen Kolonialismus doch heute sehen. Du redest über den Aufstand der Herero und Nama vor 100 Jahren, bist aber völlig unfähig über die praktische Realität der letzten 20 Jahre, von Französischem Interventionismus z.B. in Lybien zu adressieren...

Nimmst du an, dass Deutschland einen anderen Weg eingeschlagen hätte?

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Yabutha 
Fragesteller
 24.04.2024, 09:36

Zum einen beschreibt ganz einfach Sozialdarwinismus „das Recht des Stärkeren“. Oberflächlich gesehen kann man‘s auch aus dem Standpunkt der Briten von damals beschreiben. Zum anderen sind sowohl die Hände der Franzosen als auch der Deutschen nicht ganz rein vor Unschuld. Allein der Umstand das sie sich fremde Länder unter Besitz genommen haben ist verwerflich. Außerdem würde ich auch nicht den Völkermord an den Herero und Nama vergessen.

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PEKANSOFERPECK  25.04.2024, 15:43
@Yabutha

Siehe meine Antwort auf IanGaepit. Ich bin auf die Herero-Tragödie kurz eingegangen. Sozialdarwinismus als wissenschaftlich verbrämte Form eines „Rechtes des Stärkeren“, allerdings garniert durch die Maskerade pseudomoralischer Heuchelei (dem berüchtigten angelsächsischen „cant“, den wir heute auch von der US-Regierung kennen, wenn diese davon spricht, die „Menschenrechte“ zu verteidigen oder „Demokratie“ zu verbreiten, wenn die USA mal wieder ein zu einem „Schurkenstaat“ deklariertes Land überfallen) war nicht nur „damals“ der britische, sondern ist bis heute der britische wie US-amerikanische Standpunkt: Macht ohne Moral, dafür aber mit umso mehr Schein derselben. –

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Nein

Der Sozialdarwinismus ist unter anderem genau wegen diesem Fehlschluss in Kritik geraten. Der Punkt ist: Darwins Theorie beschreibt, was in der Natur abläuft. Das bedeutet aber nicht, dass wir dies gut finden und uns nicht dagegen wehren sollen.

Ja

Der Sozialdarwinismus wurde mit unter ja grade dazu geschaffen und ein bereits vorherbestehendes Weltbild des biologischen Determinismus im Bezug auf Rassen in Verbindung mit Darwins Studien biologisch zu rechtfertigen.

Auf ein gewisse Art und Weise war der Sozialdarwinismus explizit dazu gemacht Kolonialismus zu rechtfertigen.

Ob der Sozialdarwinismus als wissenschaftliche Theorie bzw. Theoriensammlung haltbar ist, ist dann natürlich ein völlig andere Frage.

Yabutha 
Fragesteller
 22.04.2024, 12:50

Ganz genau!

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diderot2019  23.04.2024, 09:44

Das Problem ist aber nicht, dass die Idee unwissenschaftlich wäre. Natürlich gibt es auch in Gesellschaften Veränderungen und natürlich gibt es auch Selektion. Damit sind Darwins Hypothesen erfüllt und es gibt selbstverständlich auch eine Evolution von Gesellschaften. Der problematische Punkt ist vielmehr, der Fehlschluss, dass das, was in der Natur abläuft gut und richtig sein soll und dass deshalb schwache Gesellschaften ausgerottet gehören.

Bei Menschen tun wir das ja auch nicht mehr: Wir pflegen und schützen schwächere Menschen und stellen dabei fest, dass uns dies als Gesellschaft stärkt. Denn auch Menschen, die nicht alleine überlebensfähig sind, können hervorragende Beiträge für die Gesellschaft leisten. Man denke z. B. an Stephen Hawking!

In ähnlicher Weise sollten wir auch Kulturen nicht alleine an ihrer kriegerischen Stärke messen, wie dies in der Evolution passieren würde. Wir sollten wertvolle Aspekte anderer Kulturen erkennen und uns diese Aspekte kulturell aneignen und weiter entwickeln. Das ist eine der Grosstaten der Römer, dass sie die Griechen zwar besiegt, aber sich Vieles aus ihrer grossartigen Kultur angeeignet haben.

Das heisst aber nicht, dass wir alle fremden Aspekte schützen müssen, nur weil sie fremd sind. Frauen auspeitschen, weil sie kein Kopftuch tragen, sollten wir nicht schützen. Dies sind aber nicht wissenschaftliche Fragen, sondern ethische. Wie soll eine Gesellschaft sein?

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IanGaepit  23.04.2024, 10:32
@diderot2019
Das Problem ist aber nicht, dass die Idee unwissenschaftlich wäre. Natürlich gibt es auch in Gesellschaften Veränderungen und natürlich gibt es auch Selektion. Damit sind Darwins Hypothesen erfüllt und es gibt selbstverständlich auch eine Evolution von Gesellschaften. Der problematische Punkt ist vielmehr, der Fehlschluss, dass das, was in der Natur abläuft gut und richtig sein soll und dass deshalb schwache Gesellschaften ausgerottet gehören.

Nun, ich würde deiner Ausführung liebend gerne zustimmen, aber leider muss ich sie doch als, etwas undurchdacht kritisieren.

Sozialdarwinismus kann nicht nur als (sozial-)wissenschaftliche Legitimation für "das Recht des Stärkeren", und damit die Zerstörung des Schwachen, sondern auch als Legitimation für als moralisch verkaufbare Unterwerfung dienen. Ein Beispiel dafür ist "White Man’s Burden." Nach dieser Leseart muss der (natürlich) Starke den (natürlich) Schwachen Unterstützen in dem er ihm Zivilisation bringt.

In der Praxis war dies aber natürlich immer nur Legitimation um die meist ökonomische Ausbeutung der Kolonien zu rechtfertigen.

Auf was ich hinaus will: es ist durchaus relevant, dass der Sozialdarwinsimus unwissenschaftlich ist, da er entgegen deiner Annahme durchaus auch Grundlage "moralbasierter," wenn zwar nicht Vernichtung, aber dennoch Unterwerfung anderer Gesellschaften dienen kann.

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diderot2019  23.04.2024, 11:23
@IanGaepit
es ist durchaus relevant, dass der Sozialdarwinsimus unwissenschaftlich ist, da er entgegen deiner Annahme durchaus auch Grundlage "moralbasierter," wenn zwar nicht Vernichtung, aber dennoch Unterwerfung anderer Gesellschaften dienen kann.

Das ist ein grober Fehler. Denn wenn es so wäre, so würde es reichen, Sozialdarwinismus wissenschaftlicher zu betreiben. Dabei würde man wieder zum Schluss kommen, dass es Völker gibt, die aufgrund ihrer Kultur eher überleben, und andere, die untergehen. Das halte ich für eine wissenschaftlich korrekte und sogar triviale Aussage. Die Frage ist, was wir damit machen.

Ich finde es sogar ethisch richtig, dass die vielgescholtenen weissen Männer andere Kulturen am Fortschritt teilhaben lassen. Es ist gut, dass durch Impfungen viele Krankheiten ausgerottet wurden. Es ist auch gut, dass die Menschenrechte anderen Kulturen mit einem gewissen Druck aufgedrängt werden. Was du lediglich als 'ökonomische Ausbeutung' abtust, hat in vielen Ländern zu einer markanten Verbesserung der Lebensqualität geführt.

Wie der Westen die Lebensbedingungen anderer Kulturen verändert hat und welche Unterschiede es zwischen verschiedenen Kulturen gibt, sind wissenschaftliche Fragen. Wie wir damit umgehen sollen, sind ethische Fragen.

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IanGaepit  23.04.2024, 12:00
@diderot2019
Dabei würde man wieder zum Schluss kommen, dass es Völker gibt, die aufgrund ihrer Kultur eher überleben, und andere, die untergehen. Das halte ich für eine wissenschaftlich korrekte und sogar triviale Aussage. Die Frage ist, was wir damit machen.

Nun, "trivial" trifft es tatsächlich ganz gut. Allerdings auf einer andere Art als du sie verwendest. Den Untergang von Völkern allein auf einen einzigen Faktor wie "kulturelle Schwäche, Degeneration, oder Versagen" gegenüber anderen Völkern zurückzuführen, wäre eine massive Trivialisierung der Komplexität, der Faktoren die zum Untergang von Völkern führen...

Aber du hast in so weit recht. Was du beschreibst ist mehr oder weniger die moderne Form des Sozialdarwinismus. Aus biologischen Rassen werden Kulturen.

Ich finde es sogar ethisch richtig, dass die vielgescholtenen weissen Männer andere Kulturen am Fortschritt teilhaben lassen.

Da stimme ich zu, es ist absolut ethisch korrekt altruistisch, andere Völker, Gesellschaften, Teile der Welt wie auch immer wie es nennen wollen am eigenen Fortschritt teilhaben zu lassen.

Als Beispiel, es ist per se nichts daran auszusetzen, dass Frankreich die Ressourcenindustrie seiner ehemaligen Kolonien entwickelt. Es ist sogar gut das sie es tun. Das Problem ist nur, dass der Großteil der Profite dieser Industrie nicht in der ehemaligen Kolonie bleibt, sondern nach Frankreich abgeführt wird und sowohl der Staat, als auch die Bevölkerung mit "peanuts" abgeschspeist werden.

Was du lediglich als 'ökonomische Ausbeutung' abtust, hat in vielen Ländern zu einer markanten Verbesserung der Lebensqualität geführt.

Um beim Beispiel zu bleiben. Eine markante Verbesserung der Lebensqualität, die beim Verbleib des größten Teils der Gewinne im Land, noch um ein vielfaches markanter sein könnte.

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