Hat jemand Kurzgeschichten (7Klasse,Gymnasium)?

1 Antwort

Ilse Aichinger: Das Fenstertheater

Die Frau lehnte am Fenster und sa

h hinüber. Der Wind trieb in

leichten Stößen vom Fluss herauf

und brachte nichts Neues. Die

Frau hatte den starren Blick neug

ieriger Leute, die unersättlich

sind. Es hatte ihr noch nieman

d den Gefallen getan, vor ihrem

Haus niedergefahren zu werden. Außerdem wohnte sie im

vorletzten Stock, die Straße lag zu

tief unten. Der Lärm rauschte

nur mehr leicht herauf. Alles lag zu tief unten. Als sie sich eben

vom Fenster abwenden wollte,

bemerkte sie, dass der Alte

gegenüber Licht angedreht hatte. Da es noch ganz hell war, blieb

dieses Licht für sich und mach

te den merkwürdigen Eindruck,

den aufflammende Straßenlaternen unter der Sonne machen. Als hätte einer an seinen Fenstern

die Kerzen angesteckt, noch ehe

die Prozession die Kirche verl

assen hat. Die Frau blieb am

Fenster.

Der Alte öffnete und nickte herüber. Meint er

mich? dachte die Frau

. Die Wohnung über ihr

stand leer, und unterhalb lag eine Werkstatt,

die um diese Zeit schon geschlossen war. Sie

bewegte leicht den Kopf. Der Alte nickte wieder.

Er griff sich an die St

irne, entdeckte, dass er

keinen Hut aufhatte, und verschwa

nd im Innern des Zimmers.

Gleich darauf kam er in Hut und Mantel wied

er. Er zog den Hut und lächelte. Dann nahm er

ein weißes Tuch aus der Tasche

und begann zu winken. Erst leic

ht und dann immer eifriger. Er

hing über die Brüstung, dass man Angst bekam,

er würde vornüberfallen. Die Frau trat einen

Schritt zurück, aber das schien ihn nur Zu bestärke

n. Er ließ das Tuch fa

llen, löste seinen Schal

vom Hals - einen großen bunten Schal - und ließ ihn aus dem Fens

ter wehen. Dazu lächelte er.

Und als sie noch einen weiteren Schritt zurück

trat, warf er den Hut mit einer heftigen

Bewegung ab und wand den Scha

l wie einen Turban um seinen Kopf. Dann kreuzte er die

Arme über der Brust und verneigte sich. Sooft

er aufsah, kniff er das linke Auge zu, als

herrsche zwischen ihnen ein geheimes Einverstän

dnis. Das bereitete ihr so lange Vergnügen,

bis sie plötzlich nur mehr seine

Beine in dünnen, geflickten Samthosen in die Luft ragen sah. Er

stand auf dem Kopf. Als sein Ge

sicht gerötet, erhitzt und freundlich wieder auftauchte, hatte

sie schon die Polizei verständigt.

Und während er, in ein Leintuch gehüllt, abwechse

lnd an beiden Fenstern erschien, unterschied

sie schon drei Gassen weiter über dem Geklingel der Straßenbahnen und dem gedämpften

Lärm der Stadt das Hupen des Überfallautos. De

nn ihre Erklärung hatte nicht sehr klar und

ihre Stimme erregt geklungen.

Der alte Mann lachte jetzt, so dass

sich sein Gesicht in tiefe Falten

legte, streifte dann mit einer

vagen Gebärde darüber, wurde ernst, schien das

Lachen eine Sekunde lang in der hohlen Hand

zu halten und warf es dann hinüber. Erst als der Wagen schon um die Ec

ke bog, gelang es der

Frau, sich von seinem Anblick loszureißen.

Sie kam atemlos unten an. Eine Menschenmeng

e hatte sich um den Polizeiwagen gesammelt.

Die Polizisten waren abgesprung

en, und die Menge kam hinter i

hnen und der Frau her. Sobald

man die Leute zu verscheuchen suchte, erklärte

n sie einstimmig, in di

esem Hause zu wohnen.

Einige davon kamen bis zum le

tzten Stock mit. Von den Stufen beobachteten sie, wie die

Männer, nachdem ihr Klopfen vergeblich blieb

und die Glocke allem Anschein nach nicht

funktionierte, die Tür aufbrachen.

Sie arbeiteten schnell und mit einer Sicherheit,

von der jeder Einbrecher le

rnen konnte. Auch in

dem Vorraum, dessen Fenster auf den Hof sahen,

zögerten sie nicht eine Sekunde. Zwei von

ihnen zogen die Stiefel aus und schlichen um die

Ecke. Es war inzwischen

finster geworden. Sie

stießen an einen Kleiderständer

, gewahrten den Lichtschein am Ende des schmalen Ganges

und gingen ihm nach. Die Frau schlich. hinter ihnen her. Als die Tür aufflog, stand der alte

Mann, mit dem Rücken zu ihnen gewandt, noch immer am Fenster.

Er hielt ein großes weißes Kissen auf dem Kopf,

das er immer wieder abnahm, als bedeutete er

jemandem, dass er schlafen wolle. Den Teppich, den er vom Boden genommen hatte, trug er

um die Schultern. Da er schwerhörig war, wandte er sich auch

nicht um, als die Männer schon

knapp hinter ihm standen und die Frau über i

hn hinweg in ihr eigenes finsteres Fenster sah.

Die Werkstatt unterhalb war, wie sie angenomme

n hatte, geschlossen. Aber in die Wohnung

oberhalb musste eine neue Partei eingezogen se

in. An eines der erleuchteten Fenster war ein

Gitterbett geschoben, in dem aufrecht ein kleiner

Knabe stand. Auch er trug sein Kissen auf

dem Kopf und die Bettdecke um di

e Schultern. Er sprang und wi

nkte herüber und krähte vor

Jubel. Er lachte, strich mit der Hand über das

Gesicht, wurde ernst und

schien das Lachen eine

Sekunde lang in der hohlen Hand zu halten. Dann

warf er es mit aller Kr

aft den Wachleuten ins

Gesicht.

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Fragesteller
 20.04.2017, 17:00

hast du das jz selber geschrieben

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