HiFi-Verstärker schaltet kurz aus?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo JOberst,

Der Pioneer A-602 hat eine Lautsprecherschutzschaltung, die die angeschlossenen Lautsprecher vor einem gefährlichen Gleichspannungsanteil im Ausgangssignal schützen soll.

Sie funktioniert folgendermaßen:

1.
Beim Einschalten müssen die beiden Endstufen einen stabilen Zustand erreichen, bevor die Lautsprecher über ein Relais, welches sich zeitverzögert schließt, mit den Endstufenausgängen verbunden werden können.

2.
Gleichzeitig überprüft eine Schutzschaltung, ob die Endstufen einen stabilen Arbeitspunkt erreicht haben, was dadurch gekennzeichnet ist, dass die Endstufen keine Gleichspannung am Ausgang haben.
Wäre eine Gleichspannung vorhanden (positiv oder negativ), würde ein Gleichstrom fließen, die die Schwingspule entweder nur nach vorn oder nach hinten bewegen würde. Nach hinten würde aber bedeuten, dass der Schwingspulenträger gegen die hintere Polplatte des Tieftöners TT anschlagen würde.
Du würdest ein sehr lautes, kurzes "Tock" hören, danach wäre die Schwingspule gestaucht und würde im Luftspalt verklemmen... ein neuer TT müsste angeschafft werden.

3.
Wenn sich im Betrieb die Lautsprecher kurz wegschalten (das Relais klickt), hat die Schutzschaltung eine kurze Instabilität mit Gleichspannung festgestellt und den Lautsprecher geschützt. Wenn der Lautsprecher sofort wieder eingeschaltet wird, bedeutet es, dass es sich nur um sehr kurze Gleichspannungsanteile handelt (im Millisekunden-Bereich).

Was tun?

A:
Den Ausgang überprüfen (mit einem Oszilloskop), ob sich zum normalen Tonfrequenz-Wechselspannungssignal noch eine Gleichspannung addiert (das Bild am Oszilloskope drifte etwas nach oben oder unten).

B:
Gleichzeitig müsstest du an der Membran des TT sehen können, ob sie sehr niederfrequent (mit unter 1 Hz bis max. 2 Hz) zu pumpen beginnt, sich also langsam aus der Ruhelage nach vorn oder hinten bewegt und wenn du die Lautstärke noch etwas erhöhst, müsste ab einem bestimmten Hub wieder die Schutzschaltung ansprechen.

Reparatur:

sehr selten reicht es aus, die Platine nachzulöten, meistens ist ein Elektrolyt-Kondensator defekt, aber auch ein Halbleiter (Transistor, Diode) in der Endstufe könnte einen Defekt haben.

Lohnt sich die Reparatur?

Der A-602 ist ein gut klingender Amp und eine Reparatur lohnt sich meiner Meinung nach. Ein befreundeter Elektroniker bekommt das hin, in einem Repair-Caffee wird dir mit Sicherheit auch geholfen. Gerade ältere Elektroniker mit viel Erfahrung in analoger Elektronik haben damit kein Problem.

http://www.zeit.de/zeit-magazin/2015/21/repair-cafe-selbsthilfewerkstatt-deutschlandkarte

Oder kennst du vielleicht einen Funkamateur? Der kann das auch... wenn er Bock hat ;-).

Benötigst du noch mehr Rat, dann kannst du mich gerne ansprechen.

Grüße, Dalko

EySickMyDuck  22.05.2017, 00:48

Moin...

Das Leider habe ich keine Ahnung von der Technik in seiner Frage scheinst du zwar leicht übersehen zu haben :) aber ich danke dir für deine kleine Theorie- Auffrischung im Bereich "Troubleshooting bei Analogschaltungen"...

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dalko  22.05.2017, 08:25
@EySickMyDuck

Hallo EySickMyDuck,

Danke für den Daumen.

Gerade weil ich den Teil der Frage, in der JOberst uns mitteilt, dass er keine Ahnung hat, gelesen habe, fand ich es sinnvoll, diese detaillierte Erklärung zur Fehlersuche zu schreiben.

Da der Fragesteller Hilfe benötigt, kann er diese Anleitung ausdrucken und zu einem Technik-affinen Freund gehen, um gemeinsam den Fehler einzugrenzen.

Deiner guten Antwort entnehme ich, dass du dich in Elektronik sehr gut auskennst und dir klar ist, dass ein Laie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Amp nicht ans Laufen bekommen wird. Es besteht sogar das Risiko, noch mehr zu beschädigen oder auch bei mangelnder Vorsicht einen elektrischen Schlag zu bekommen.

Deshalb trage ich als Antwortengeber, der ja den Fragesteller nicht kennt (Alter und Fähigkeiten), ein gehöriges Maß an Verantwortung und bin mir nicht sicher, wie weit ich in meiner Antwort gehen darf.

Wenn ich mich auf der sicheren Seite bewegen will, dürfte ich eigentlich nur diese Antwort geben:

Nimm die Kiste und gehe zu einem Fachmann/einer Fachfrau und lass sie reparieren... und lass ansonsten die Finger weg, denn du hantierst mit 230 Volt Wechselspannung und das ist lebensgefährlich.

Damit wäre der Fragesteller aber nicht besonders zufrieden und diese Antwort wäre dann für "die Katz"...so nach dem Motto "wie man es macht, man macht eh alles falsch" oder auch "...mir fällt nix mehr ein, es ist noch viel zu früh, gähn".

Hat Spaß gemacht,

LG, Dalko

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JOberst 
Fragesteller
 22.05.2017, 08:20

Hi!

Danke für die ausführliche Erklärung! Ich werde erst mal die Temperatur beobachten, wie hier schon von einigen empfohlen. Wenn das nichts bringt hab ich mit Deiner Antwort jetzt zumindest eine ungefähre Vorstellung und einen Ansatzpunkt, um z.B. ins Repair Cafe zu gehen. Dass ich den Verstärker nicht gleich entsorge ist selbstverständlich, er hat mir schon lang sehr gute Dienste erwiesen und fünfzig Euro für Reparatur wären auf jeden Fall drin. Vielen Dank!

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dalko  22.05.2017, 08:39
@JOberst

Danke für deine Antwort. Die Temperatur ist höchstwahrscheinlich nicht die Ursache, dass die Lautsprecher kurz getrennt werden. Ein Temperaturproblem ist träge und führt dazu, dass eine Schutzschaltung die Lautsprecher für eine längere Zeit abschaltet, denn der Amp muss ja zuerst abkühlen, und das benötigt Zeit.

Versuche mal den Fehler zu reproduzieren, bevor sich der Amp erwärmt hat.

Eine Erwärmung (damit meine ich nicht eine Überhitzung) beeinflusst jedoch die Funktion der Halbleiter und anderen Bauteile und kann die Instabilität der Endstufe und den daraus resultierenden Gleichstromanteil erhöhen.

Wenn alle Stricke reißen und du nicht weiterkommst...du kannst mich anschreiben, vielleicht wohne ich in deiner Nähe und ich bekomme das Teil mit Sicherheit ans Laufen.

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Moin...
Entweder dat was Almuric geschrieben hat o. ' ne "kalte Lötstelle" die rumzickt wenn sie stärker belastet wird (einfach gesagt, mehr Saft darüber fließt wenn du eben lauter drehst).
Ich würde dir jetz erstmal zwei Dinge raten zu tun und wenn dann immernoch Fehler auftreten kann man immernoch weiter sehen...
Schraub dat Dingens mal auf und reinige ihn mal richtig. Also erstmal innen raussaugen, noch besser wäre mit Luftdruck ausblasen und schwierige Stellen mit 'nem Pinsel reinigen. In den meisten Fällen ist ein Temperaturproblem damit beseitigt...
Sollte dat nix bringen dann kannste nach zwei ganz eingachen Sachen gucken und zwar erstma ohne wat raus zu schrauben auf der Oberseite der Platine die Kondensatoren checken ob nich irgendeiner "schwanger" ist. Kondensatoren sind die Dinger die die Form eines Kippenfilters haben und sind in der Regel schwarz, grau o. blau. Diese sind in zig verschiedenen Größen vorhanden und einen defekt erkennst du daran das sie auf der Oberseite aufgequollen/ gewölbt sind (einen Bauch bemommen, deswegen schwanger). Geplatzt sollte keiner sein denn dann würde mehr nich mehr funzen.
Wenn da alles gut dann schau dir die Platine mal unten an den Lötstellen an. Eine mangelhafte Lötstelle ist meist etwas blassgrau und nich so schön silber glänzend wie die meissten o. man kann um den Pin in der Mitte der Lötstelle einen deutlichen Ring erkennen.
Bevor du irgendwas am offenen Gerät machst steck ihn vom Strom ab und lass ihn mal 'ne halbe Stunde stehen damit sich div. Kondensatoren entladen können. Zur Sicherheit schalte ihn vor dem öffnen im abgesteckten Zustand mal ein...
Schreib dann einfach mal wenn du das gemacht hast o. auch wenn was unklar sein sollte...

dalko  22.05.2017, 09:46

ebenfalls eine schöne Aufzählung an möglichen Fehlerquellen.

Was übrigens so an lustigen Dingen passieren kann:

1. Beispiel:

Anfänger nimmt den Super-Dust-Sucker, natürlich auf voller Leistung und saugt über die Platine... und dann ploppt es so schön, und irgend etwas ist im Beutel oder Auffangbehälter gelandet... oh welch Freude, war warscheinlich nicht wichtig...oder? Hauptsache, der Dreck ist weg.

2. Beispiel:

Anfänger erinnert sich daran, dass er einen Lötkolben in der Werkstatt hat, ist zwar ein bisschen groß...egal, Hauptsache, das Lötzinn fließt.
So, da ist ja die erste, etwas grau aussehende Lötstelle, die ist garantiert kalt. Lötkolben an, etwas Lötfett auftragen...das macht man ja, wenn man eine Kupferdachrinne nachlötet...und drauf mit dem Kolben...5 Sekunden ist wahrscheinlich bisschen knapp, besser 10 Sekunden.... oh, das stinkt aber kräftig und...was löst sich da von der Platine ab, ist das eine Leiterbahn?? Sch.., sieht irgendwie nicht gut aus, hätte ich doch bloß die Finger davon gelassen.

3. Beispiel

Die Kiste ist mittlerweile in einer Werkstatt gelandet und wurde repariert, funktioniert, aber plötzlich beginnt das Teil wieder rumzuzicken... Stecker raus, aufschrauben, reingucken... was ist das für grüne Pampe unten auf der Platine?? Sieht irgendwie komisch aus, so als würden sich die Kupfer-Leiterbahnen zersetzen, sieht aus wie Grünspan.
Kiste geht zum Spezialisten, der fragt: hast du mal Lötfett verwendet? Wenn ja, dann hast du Pech gehabt... da ist doch Säure drin, die oxidiert doch das Kupfer und wandelt es zu Grünspan, das ist das gleiche wie Rost bei Eisen.

Sch... das wars mit meinem tollen Amp, ich habs versaut, hätte ich doch bloß die Finger davon gelassen.

Genau so bzw. sehr ähnlich sahen diverse Reparaturversuche aus, die ich in über 45 Jahren sehen durfte, jedes mal für mich erheiternd, für den Besitzer der edlen Teile eher totaler Frust.

Auch du hast gelesen, dass kein technisches Wissen vorhanden ist... bist du davon überzeugt, dass JOberst in der Lage ist, geblähte Elkos auzutauschen? Ich würde es ihm nicht empfehlen.

Ich hoffe, du konntest jetzt auch mehrmals laut lachen, denn Elektronik kann manchmal wahnsinnig lustig sein... ich glaube, ich geh jetzt mal in den Keller, da kann ich immer ungestört laut und lange Lachen... bohhh, es geht schon los...Grins und LOL

LG Dalko

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EySickMyDuck  22.05.2017, 11:49
@dalko

Horst? Bist du das? Alter, wir sind schon wieder im falschen Forum ;)

Zwecks Superdustsucker kann ich dir eine Sache mit auf den Weg geben...           Elektronik + Kärcher grau = uncool 😙

Dieser "Männerstaubsauger" besitzt die Fähigkeit eine Sicherung samt Abdeckung, das Gehäuse vom Printrelaise sowie die Verriegelung vom Stecker eines Netzteils - jetz festhalten - ZEITGLEICH fachgerecht zu demontieren und hat nebenbei noch easy das zugehörige Flachbandkabel von staubig in einen aseptischen Zustand verwandelt 😂😂 Mein neuer Kärcher is einfach nur geil, da gibbet nur eine Leistung, Vollgas...

Auch so ein Löthammer hat seine Vorteile... Nimmst du etwa was anderes zum entlöten? Da kannste die Platine quasi wie mit ´ner Spachtel... OK, genug jetzt :)

Ich denke soweit kann ich es auch einem Laien noch zumuten eine erste grobe Fehleranalyse zu betreiben und hab natürlich auch gehofft das wir hier über den Arbeitsschritt "Platine demontieren" eh nich rauskommen ;)

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Moin

Das hört sich nach einem Temperaturproblem an. Prüf mal, ob der Verstärker heiß wird, bevor er abschaltet. Wenn er abkühlt, funktioniert er wieder, wenn er eine Bimetallsicherung hat. Das ist bei älteren Geräten durchaus Standard.

:-)

JOberst 
Fragesteller
 21.05.2017, 13:47

Moin moin! Der Verstärker ist auf jeden Fall nicht ganz kalt. Richtig heiß aber auch nicht. Ich werde es mal beobachten. Allerdings schaltet er wirklich nur sehr kurz aus, also nur für einen Sekundenbruchteil - kann er denn so schnell abkühlen?

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Almuric  21.05.2017, 20:59
@JOberst

Ich schätze mal, daß Timeoscillator auf der richtigen Spur ist !

:-)

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Könnte mir vorstellen, dass es an einer sogenannten "Kalten Lötstelle" liegt. Wenn eine bestimmte Temperatur erreicht ist, liegt der "angelötete" Draht quasi rundum frei in der Luft. Da dann an dieser Stelle kein Strom mehr fließt, kann diese Stelle abkühlen bis der Draht wieder erneut Kontakt bekommt und der Prozess beginnt dann wieder von vorne.

Da man solche hinterhältigen Lötstellen mit bloßem Auge kaum erkennen kann, sollte man sämtliche Platinen mit frischem Lötzinn nachlöten, um diesen Fehler auszuschließen.