Gesetz der multiplen Proportion und konstanten Proportion?

1 Antwort

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Moin,

das Gesetz der konstanten Proportionen hast du ja mittlerweile verstanden, wie ich aus deinem Kommentar zur Frage eines anderen Users hier herausgelesen habe.

Zur Vollständigkeit noch einmal zusammengefasst:

Wenn zwei Stoffe zu EINER BESTIMMTEN VERBINDUNG reagieren, so tun sie das immer in einem konstanten Verhältnis.

Was nun das Gesetz der multiplen Proportionen angeht, so besagt es etwa folgendes:

Wenn zwei Stoffe zu MEHREREN VERSCHIEDENEN VERBINDUNGEN reagieren können, so stehen die Verhältnisse dieser Verbindungen stets in kleinen natürlichen Zahlen (1, 2, 3, 4...) zueinander.

Schauen wir uns auch dazu ein Beispiel an:

Stickstoff und Sauerstoff können zu verschiedenen Stickoxiden reagieren.

Dabei hat ein Stickstoffatom die Masse von 14 u. Wenn du davon eine bestimmte Menge (ein Mol) zusammenbringst, erhältst du die wägbare Masse 14 g/mol.

Ein Sauerstoffatom hat dagegen die Masse von 16 u oder (bei einem Mol Sauerstoffatomen) 16 g/mol.

Wenn nun Stickstoff und Sauerstoff miteinander zu Stickstoffmonoxid reagieren, dann sieht das Reaktionsschema dazu folgendermaßen aus:

N2 + O2 → 2 NO

Da sowohl elementarer Stickstoff als auch elementarer Sauerstoff nicht in einzelnen Atomen, sondern in Form von zweiatomigen Minimolekülen auftreten, musst du hinter das jeweilige Symbol der Elemente (N bzw. O) eine tiefgestellte „2” als Index schreiben.
Wenn du nun 28 g Stickstoff und 32 g Sauerstoff miteinander zur Reaktion bringst, kommen 60 g Stickstoffmonoxid dabei heraus.
Nach dem Gesetz zur Erhaltung von Massen muss das auch so sein, denn (2 • 14 =) 28 g/mol Stickstoff und (2 • 16 =) 32 g/mol Sauerstoff ergeben (28 + 32 =) 60 g/mol Stickstoffmonoxid.
Das Verhältnis von N : O im Stickstoffmonoxid beträgt hier 1 : 1.

Nach dem Gesetz der konstanten Proportionen müsste man nun erwarten, dass man 30 g Stickstoffmonoxid erhalten müsste, wenn man ½ Mol Stickstoff (14 g) mit einem Mol Sauerstoff (32 g) reagieren lässt, wobei ½ Mol Sauerstoff unverbraucht übrig bleiben müsste...

Doch überraschenderweise bleibt kein Sauerstoff übrig. Alles reagiert miteinander. Aber nicht zu Stickstoffmonoxid, sondern zu Stickstoffdioxid (NO2).

Dabei reagieren 14 g Stickstoff und 32 g Sauerstoff zu 46 g Stickstoffdioxid. Das Reaktionsschema dazu sieht folgendermaßen aus:

½ N2 + O2 → NO2

oder (ohne halbe Moleküle)

N2 + 2 O2 → 2 NO2

Das Verhältnis von N : O im Stickstoffdioxid beträgt 1 : 2.

Um dem Ganzen jetzt aber noch die Krone aufzusetzen, kannst du auch 1 Mol Stickstoff (28 g) mit einem halben Mol Sauerstoff (16 g) reagieren lassen. Dann kommen nicht etwa 30 g Stickstoffmonoxid (und 14 g unverbrauchter Stickstoff) oder 23 g Stickstoffdioxid (und 21 g unverbrauchter Stickstoff) heraus, sondern 44 g Distickstoffmonoxid (Lachgas; N2O).

Das klingt verrückt? Ein bisschen vielleicht. Es zeigt sich darin aber, dass Stickstoff und Sauerstoff eben nicht nur zu EINEM Produkt reagieren können, sondern (je nach Versuchsbedingungen) zu VERSCHIEDENEN Produkten.

Neben den drei bereits erwähnten Stickoxiden könnten auch Distickstofftrioxid (N2O3), Distickstofftetroxid (N2O4) oder Distickstoffpentoxid (N2O5) entstehen.

Aber was nun wieder interessant daran ist, dass es in Bezug auf die jeweiligen Massen folgenden Zusammenhang gibt:

Bei der Herstellung von Stickstoffmonoxid reagieren (zum Beispiel)

1 • 14 g Stickstoff und 1 • 16 g Sauerstoff zu 30 g Stickstoffmonoxid.

Bei der Herstellung von Stickstoffdioxid reagieren (zum Beispiel)

1 • 14 g Stickstoff und 2 • 16 g Sauerstoff zu 46 g Stickstoffdioxid.

Bei der Herstellung von Distickstoffmonoxid reagieren (zum Beispiel)

2 • 14 g Stickstoff und 1 • 16 g Sauerstoff zu 44 g Distickstoffmonoxid.

Bei der Herstellung von Distickstofftrioxid reagieren (zum Beispiel)

2 • 14 g Stickstoff und 3 • 16 g Sauerstoff zu 76 g Distickstofftrioxid.

Merkst du etwas? Die Verhältnisse der beiden Elemente Stickstoff und Sauerstoff stehen in den VERSCHIEDENEN Stickoxiden stets in kleinen natürlichen Zahlen zueinander:

1 : 1
1 : 2
2 : 1
2 : 3
...

Na und(?), fragst du dich jetzt vielleicht?!

Aber so „na-und” war das nicht, als man das entdeckte. Vor allem verlangte das alles nach einer Erklärung.

Nun, heutzutage fällt uns die Erklärung nicht schwer.

Die chemischen Grundgesetze
(Lavoisier: Gesetz zur Erhaltung der Masse)
(Proust: Gesetz der konstanten Proportionen)
(Dalton: Gesetz der multiplen Proportionen)
erhalten sofort einen logischen Zusammenhang, wenn man sich vorstellt, dass Materie aus kleinsten Teilchen, den Atomen, besteht!
Diese Erkenntnis ist uns heutzutage vertraut und erstaunt uns nicht weiter. Aber damals, als man mit der Chemie anfing, war das alles andere als klar.

Erst die Vorstellung, dass es Atome geben muss, machten die drei chemischen Grundgesetze plausibel:

Atome von verschiedenen Elementen haben verschiedene Massen. Sie können nicht erzeugt und nicht zerstört werden.
Das waren zwei Annahmen von John Dalton (Daltons Atomhypothese).

Aber wenn Atome von Elementen miteinander reagieren und sich dabei nur neu anordnen, wird logisch, dass die Summe aller Massen der Ausgangsstoffe und die Summe der Massen aller Endstoffe gleich bleiben muss (Gesetz zur Erhaltung der Masse).
Damit hatte man plötzlich nicht nur den Fakt, dass es so ist, sondern auch eine Erklärung dafür, warum das so ist.

Und wenn sich Atome von Elementen zu EINER BESTIMMTEN Verbindung zusammensetzen, wird auch klar, dass dies stets im gleichen Verhältnis zueinander passiert. Wäre das Verhältnis anders, wäre es eine andere Verbindung (zum Beispiel Wasser: H2O, aber Wasserstoffperoxid: H2O2).
Somit war das Gesetz der konstanten Proportionen nicht nur messbar da, sondern auch verständlich.

Und wenn sich die Atome zu VERSCHIEDENEN Verbindungen zusammensetzen können, dann stehen die Verhältnisse in kleinen natürlichen Zahlen zueinander, weil sich eben ein Atom des einen Elements mit zwei Atomen des anderen Elements zusammen tun oder 2 : 1 oder 2 : 3 oder 2 : 4 oder 2 : 5 usw.
Das erklärte das Gesetz der multiplen Proportionen.

Wenn es Atome gibt, dann werden die drei chemischen Grundgesetze nachvollziehbar...

Alles klar?

LG von der Waterkant


gzurihufewuf 
Fragesteller
 08.01.2022, 20:19

Das ist sehr gut erklärt. Vielen lieben Dank

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