Ein Kollege stottert - wie gehe ich richtig damit um?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Diese Antwort wird Dich vielleicht verblüffen, sie lautet: Rede doch mit Deinem Kollegen darüber. Ich habe viele Jahre lang extrem schwer gestottert, bin jetzt Logopäde und als solcher Spezialist für Stottern und habe in den letzten 20 Jahren mit gut über 500 Patienten Therapie gemacht.

Das Thema "Stottern" ist in unserer Gesellschaft ein Tabu, das aber weitgehend auf einem Missverständnis beruht. Die flüssigsprechenden Gesprächspartner eines Stotterers denken, dass es diesem peinlich ist, darüber zu sprechen, und die meisten Stotterer sprechen nicht darüber, weil

-- sie zu wenig darüber wissen, viele Stotterer haben noch nie in Ihrem Leben ein vernünftiges Gespräch über Stottern geführt und können sich nicht vorstellen, dass das möglich ist,

-- sie Ihre Umwelt nicht mit ihren persönlichen Problemen belästigen wollen,

-- es vielleicht, wegen des starken Stotterns, nur eine weitere unerwünschte Sprechsituation ist und sie ohnehin Sprechen überhaupt so weit wie möglich vermeiden.

Dieses Tabu kann ohne Schaden gebrochen werden. Für den Stotterer selbst kann das wie eine Befreiung wirken. Er selbst fragt sich wahrscheinlich dauernd, wie sein gestörtes Sprechen bei seinen Gesprächspartnern ankommt.

Deine Frage, die Du hier gestellt hast, bietet einen einfachen und plausiblen Einstieg. Zum Beispiel könnte man es so machen:

"Ich würde mal gerne mit Ihnen über Ihr Stottern sprechen. Ist das okay? ... Ich muss sagen, dass ich wenig Erfahrung mit Menschen habe, die stottern, und ich bin ganz unsicher, wie ich mich verhalten soll. Zum Beispiel beobachte ich, dass sie oft viele Anläufe brauchen, um ein Wort herauszubringen. Wenn ich dann schon weiß, was Sie sagen wollen, könnte ich ja das Wort sagen, für Sie sozusagen. Natürlich würde ich das nicht sofort machen, wenn sie einmal hängenbleiben. Was meinen Sie dazu?"

Das könnte der Anfang eines sehr interessanten Gespräches werden. (Du kennst sicher die Zeile aus Casablanca: "Louie, this is the beginning of a beautiful friendship.")

Mir ist vor vielen Jahren Folgendes passiert: Ein neuer Kollege (in meinem früheren Leben als Software-Entwickler) saß in meinem Büro und fragte, nachdem ich versucht hatte, ihm etwas über die Firma und die Bürogepflogenheiten zu erzählen, ganz unvermittelt: "Sagen Sie mal, Herr S., ich möchte Sie mal was fragen. Wenn Sie stottern, sagen sie immer 'Es ist ja so, dass', immer und immer wieder, und wenn sie dann weitermachen, dann stottern sie. Diese Starthilfen sind also reiner Ballast, wie leere Bierkästen, die Sie im Auto herumfahren, ohne Bier zu transportieren. Der Nutzen ist gleich Null. Warum stottern Sie also nicht gleich los?"

Ich war, ehrlich gesagt, wie erschlagen. So hatte noch niemand mit mir gesprochen. (Das war vor meiner ersten, und einzigen, wirklich nützlichen Therapie.) Aber er hatte verblüffenderweise natürlich recht. So weit reichte mein rationales Denken damals noch / schon. Das wurde dann auch der Beginn einer wundervollen Freundschaft.

Kurz gesagt, ich möchte Dir Mut machen, solch ein Gespräch zu beginnen. [Und Deinem Kollegen möchte ich empfehlen, eine ordentliche Therapie zu machen.]

Da kannst du kaum etwas machen.
Höchstens Helfen. Wenn er nervös wird, beruhige ihm. Mach ihm klar, das Nervosität manchmal gar nicht so "notwendig" ist.
Bei manchen Leuten lässt sich das Stottern auch ein wenig mit kleinen Handlungen "unterbinden"...kurzes Schnippen - oder ruhiges einatmen hilft. Oder wenn er sich kurz auf ein Bein "klapst". So als kleiner Tipp deinerseits an ihn.
Wenn du Probleme beim Verständnis hast, sag es ihm einfach - er sollte es gewohnt sein und eher damit umgehen können als wenn du später genervt mit den Augen rollst.
Regards,
Kaoro

schon dass Du diese Frage hier stellst überrascht mich ein wenig. Warum fragst Du, wie ---D u ---damit umgehen sollst ? Dein Kollege hat doch diese Behinderung und nicht Du ! Wenn er mit Dir redet und Du verstehst ihn nicht, dann frage ihn einfach ganz ruhig, was er sagen will.

Die beste Hilfe für einen sprachgestörten Menschen ist, ihn einfach ruhig seine Worte finden und aussprechen zu lassen, dann klappt es auch.

egl2091 
Fragesteller
 31.01.2012, 13:52

Der erste Teil ist mir so auch klar und ich habe auch kein Problem damit. Die Frage bezog sich eher darauf, ob ich ihm besser die Zeit lasse seine Worte selbst zu finden oder ich ihm signalisieren soll, dass ich bereits weiß, was er sagen will.

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Geh' mit ihm so normal, wie möglich um...!