Darwins Evolutionstheorie im zusammenhang mit Artensterben?

4 Antworten

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Anpassung erfordert Zeit. Für gewöhnlich können Tiere (und Pflanzen) sich an sich verändernde Klimabedingungen gut anpassen. Eisbär und Braunbär beispielsweise haben sich aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt. Der Eisbär hat sich an seinen sehr speziellen Lebensraum anpassen können, weil er dafür die notwendige Zeit hatte.

Was wir gerade erleben, also den menschengemachten Klimawandel, findet jedoch innerhalb so kurzer Zeiträume statt, dass vielen Arten schlicht die Zeit fehlt, um sich anzupassen. Sie können dann nur in andere, für sie noch geeignete Lebensräume ausweichen. Ist das nicht möglich, werden viele Arten sehr wahrscheinlich aussterben.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin hat den Einfluss des Klimawandels vor ein paar Jahren auf die Anpassungsfähigkeit heimischer Vogelarten untersucht und festgestellt, dass viele Arten sich nicht schnell genug an die sich verändernde Umwelt anpassen können: Das Klima wandelt sich schneller, als sich die Tierwelt anpassen kann.

Das gleiche gilt natürlich auch für alle anderen Ursachen des Artensterbens, etwa die Zerstörung der Lebensräume (z. B. Abholzung von Regenwäldern). An die Lebensbedingungen in den neuen Lebensräumen können viele Arten sich nicht anpassen und sie werden aussterben.

Darwins Evolutionstheorie trifft aber grundsätzlich natürlich auch auf menschengemachte Veränderungen zu. Das ließ sich z. B. bei den Elefanten in Afrika gut beobachten.

Elefanten sind lange Zeit wegen ihres Elfenbeins gejagt worden. Das Elfenbein wird aus den Stoßzähnen (tusks) v. a. der Elefantenbullen gewonnen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Elefantenbullen im Lauf der letzten Jahre immer kleinere Stoßzähne bekommen haben und der Anteil völlig stoßzahnloser Elefanten hat deutlich zugenommen: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ece3.1769 . Je größer die Stoßzähne sind, umso begehrter sind sie natürlich bei Wilderern. Deshalb wurden zuerst die Bullen mit den größten Stoßzähnen (so genannte Tusker) gewildert. Übrig blieben die weniger beliebten Elefantenbullen mit kleineren (oder gar keinen) Stoßzähnen. Sie hatten dadurch einen echten Überlebensvorteil und gaben diese Eigenschaft über ihre Gene an ihre Nachkommen weiter. Nach und nach verringerte sich dadurch die durchschnittliche Stoßzahnlänge immer weiter. Ähnliches ließ sich auch beim Amurtiger beobachten. Am begehrtesten waren besonders große Exemplare bei den Großwildjägern. Heute erreichen die Amurtiger kaum mehr die Maximalmaße von früher.
Aber auch für diese Arten gilt: ändert sich die Umwelt zu schnell, können sie sich nicht rechtzeitig anpassen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
 - (Biologie, Klimawandel, Evolution)
Thiam0 
Fragesteller
 09.12.2021, 22:02

Danke, dass du das so ausführlich und verständlich erklärt hast!

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Es wird immer gerne von der Autofahrerlobby argumentiert, dass es Klimawandel ja schon immer gegeben hätte. Ja, das stimmt, aber nicht in dieser in kurzer Zeitspanne vom Menschen verursachten Heftigkeit und Ausprägung. Die Evolution kann sich nicht innerhalb von wenigen Jahren oder Jahrzehnten an völlig veränderte Klimabedingungen anpassen, es kommt zum Massensterben und zum Artensterben. Ohne Frage eine Katastrophe, die man frühzeitiger hätte aufhalten oder bremsen können, wenn die Menschheit nur gewollt hätte, bis jetzt hatte der Planet jedoch immer nur eine Minderheit als Lobby.

Vielfältige gut recherchierte Infos finden interessierte junge Menschen immer wieder unter https://www.greenpeace.de

Woher ich das weiß:Recherche
Thiam0 
Fragesteller
 09.12.2021, 08:02

Ich danke dir sehr und eine Frage hätte ich noch und zwar bei der greenpeace Seite habe ich nichts genaueres gefunden außer dass es allgemein um Klimaschutz oder Ähnliches geht. Gibt es da auch ein Artikel über mein Thema?

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Ploppy8888  09.12.2021, 19:50
@Thiam0

Suchfunktion, also ich habe da was gefunden, vielleicht muss man einfach mal mehrere artverwandte Suchbegriffe eingeben.

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Durch die schnelle Erwärmung entsteht ein Selektionsdruck (auch Evolutionsdruck genannt), durch den einige Arten aussterben werden und für neue Arten Nischen frei machen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Selektionsdruck

Ein Beispiel sind die flügellosen Fliegen auf den  Kerguelen. Normalerweise haben flügellose Fliegen keine gute Überlebenschance, und wenn sie überleben, so haben sie deutlich weniger Nachkommen als ihre geflügelten Artgenossen. Auf den Kerguelen dagegen ist es umgekehrt. Auf dieser zwischen Südafrika und der Antarktis gelegenen Inselgruppe herrschen ständig starke Stürme, die die geflügelten Fliegen auf das Meer verwehen. Hier haben sich flügellose Fliegen durchgesetzt. Die geflügelten Individuen unterlagen dem Druck des Selektionsfaktors „Sturm“. Tatsächlich sind 19 der 23 auf den Inseln  endemischen Insektenarten flugunfähig oder sogar flügellos, neben den Fliegen etwa auch eine Schmetterlingsart. Auch neu eingewanderte bzw. eingeschleppte Arten, wie eine  Schmeißfliegen-Art, zeigen eine entsprechende Tendenz.

Und jetzt müssen sich die Arten eben an Hitze und Dürreperioden anpassen, wobei einige versagen werden und andere entstehen. Allerdings muss man auch wissen, dass sich der Klimawandel nun auch nicht SOO schnell vollzieht, wie oft behauptet.

z.B. die Dansgaard-Oeschger-Ereignisse. Der Artikel in der deutschen Wikipedia ist wenig informativ, aber der englische ist gut.

Dansgaard–Oeschger event - Wikipedia

https://en.wikipedia.org/wiki/Dansgaard–Oeschger_event

 For example, about 11,500 years ago, averaged annual temperatures on the Greenland ice sheet increased by around 8 °C over 40 years, in three steps of five years (see, [3]  Stewart, chapter 13), where a 5 °C change over 30–40 years is more common. ... The course of a D-O event sees a rapid warming, followed by a cool period lasting a few hundred years. [5] This cold period sees an expansion of the  polar front, with ice floating further south across the North Atlantic Ocean. [5]

Man muss aber anmerken, dass diese Ereignisse während eines Glacials, einer Kaltzeit, stattfanden. Wir leben jetzt in einem Interglacial, einer Zwischenkaltzeit. Damals ist in der Kaltzeit die Temperatur um den nördlichen Polarkreis innerhalb von ca. 40 Jahren um ca. 6°C gestiegen, das entsprach einem Anstieg der Globaltemperatur um ca. 3°C. Danach fiel die Temperatur brutal. Wir hatten jetzt von 1975 bis 2016 einen Anstieg der Globaltemperatur um 1,3°C. Seit 2016 fällt die Temperatur, aktuell ist sie um ca. 0,5°C gefallen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dr.rer.nat. Dipl.-Chem. Dipl.-Phys.

Sie erweist sich komplett zutreffend. Zu schnelle Veränderungen von Ökosystemen aufgrund des Klimawandels, lassen den meisten Spezies nicht genügend zeit eine Anpassung vorzunehmen.

Thiam0 
Fragesteller
 08.12.2021, 22:01

Danke dir sehrrr🙏

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