Bild 1 zeigt AVERYS Experimente mit verschiedenen Bakterienstämmen. Formuliere dazu die Fragestellung, die Vermutung, die Beobachtung und die Interpretation.?

1 Antwort

Moin,

bei der Avery-(Griffith-)Versuchsreihe ging es um die Klärung der Frage, auf welcher materiellen Grundlage Erbinformationen vermittelt werden.

Man wusste durch andere Versuche, dass der Zellkern von Eukaryoten die Erbinformationen enthielt (siehe Versuche zur einzelligen Acetabularia-Alge oder von Krallenfröschen). Die chemische Untersuchung von Zellkernen zeigte dann, dass darin vor allem Proteine und Nukleinsäuren zu finden waren.

Darum entbrannte ein Streit darüber, welche dieser beiden Möglichkeiten nun die materielle Grundlage der Erbinformationen sein könnte.

Für die Proteine sprachen folgende Aspekte:

  • Proteine sind überall zu finden
  • Proteine sind an praktisch allen Stoffwechselvorgängen beteiligt (warum dann nicht auch in der Funktion von Erbinformationen?)
  • Proteine sind chemisch überaus variabel (was gut zu den sehr unterschiedlichen Merkmalen von Lebewesen passen würde)

Auf der anderen Seite gab es die Nukleinsäuren:

  • Ihr Aufbau war sehr eintönig: sie setzen sich stets aus einer Zuckerkomponente (Ribose oder Desoxyribose), einer Base (in der Regel Adenin, Thymin, Cytosin, Guanin oder Uracil) und einer Phosphatgruppe zusammen; es war unklar, ob diese scheinbare Eintönigkeit tatsächlich mit der großen Vielfalt an Merkmalen zusammenpasste?!
  • Andererseits war ihre Funktion nicht bekannt - warum sollten sie dann nicht als materieller Träger der Erbinformationen dienen?!

Dann hatte Griffith herausgefunden, dass Bakterien in der Lage sind, Erbinformationen auszutauschen. Diesen Austausch bezeichnet man als Transformation, weil Bakterien durch diese Maßnahme genetisch verändert (transformiert) werden können und danach Eigenschaften haben können, die sie vorher nicht hatten.

Aber damit war immer noch nicht geklärt, ob die Transformation bei Bakterien über Proteine oder über Nukleinsäuren erfolgte...

Und hier kommen Avery und seine Mitarbeiter ins Spiel.

Sie isolierten (laut deiner Abbildung) aus gefährlichen S-Stammbakterien (diese lösen Lungenentzündungen aus, weil sie vom Immunsystem nicht erkannt werden, da sie eine Schleimhülle besitzen, die ihr Oberflächenrelief verschleiert und damit dem Zugriff der Leukozyten entzieht) einerseits Proteine, andererseits die Nukleinsäure DNA.

Nun gaben sie zu ungefährlichen R-Stammbakterien (die keine schützende Schleimhülle besitzen, so dass sie von den Fresszellen des Immunsystems als körperfremd erkannt und rechtzeitig vernichtet werden können) in drei Versuchsansätzen

  • einmal die Proteine
  • einmal die DNA
  • einmal intakte S-Stammbakterien (zur Kontrolle)

Nun war es nicht überraschend, dass sich die harmlosen R-Stammbakterien zu gefährlich S-Stammbakterien entwickelten, wenn sie mit intakten S-Stammbakterien zusammen kamen, weil man ja bereits wusste, das es zwischen Bakterien zu Transformationsübertragungen kommt (Kontrollgruppe rechts in der Abbildung).

Aber dass sich die harmlosen R-Stammbakterien zu lungenentzündungsauslösenden S-Stammbakterien entwickelten, wenn sie mit der DNA von S-Stammbakterien zusammen kamen, zeigte, dass offenbar in der DNA (also in den Nukleinsäuren) die Erbinformationen (zur Ausbildung einer Schleimhülle) enthalten sind (Ansatz in der Mitte der Abbildung).

Das wird auch noch einmal dadurch bestätigt, dass das Zusammenführen von harmlosen R-Stammbakterien mit den Proteinen aus S-Stammbakterien nicht dazu führt, dass sich die R-Stammbakterien transformieren (Ansatz links in der Abbildung).

Somit zeigten Avery & seine Mitarbeiter, dass die Erbinformationen in der DNA, aber nicht in den Proteinen stecken...

Übrigens ist diese Abbildung eine starke Vereinfachung des Avery-Versuchs. Er hat das in Wirklichkeit etwas anders gemacht: er gab zu den durch Kochen abgetöteten S-Stammbakterien in verschiedenen Ansätzen Restriktionsenzyme, die Proteine zerschneiden (und damit funktionslos machen). Außerdem hatte er dabei einen Ansatz, der gezielt die Polymerase zerstört. Später wurden dann (zur Bestätigung) auch noch Versuchsansätze gemacht, in denen Enzyme eingesetzt wurden, die gezielt Nukleinsäuren zerschneiden. Aber das alles ist in deiner Abbildung nicht zu sehen, weshalb ich hier nicht weiter auf die Ergebnisse und deren Interpretation eingehe. Fest steht, dass auch damit gezeigt werden konnte, dass der materielle Träger der Erbinformationen die Nukleinsäure (genauer: die DNA) ist und es nicht in den Proteinen steckt.

Alles klar?

LG von der Waterkant