Hi,

also erst mal zu Gender allgemein. Im Englischen gibt es die Unterscheidung zwischen sex und gender, was ganz wichtig ist. Man wird mit beidem geboren, bei den meisten Menschen überschneiden sie sich oder sind völlig gleich, aber eben nicht immer.

Sex ist das biologische Geschlecht (also ein Mann hat einen Penis usw). Da gibt es die Unterscheidung zwischen männlichm, weiblich und intersexuell (Menschen, die Merkmale beider Geschlechter besitzen, die man also nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen kann).

Gender ist viel komplizierter. Das ist nämlich das soziale Geschlecht. Gender kann definiert werden als "the state of being a man, a woman, both, neither, somewhere in between, or something entirely different."

Nach der Definition bedeutet es, dass man, wenn man genderfluid ist, "ein Geschlecht hat, das sich ändert". Das kann einen Wechsel zwischen den binären, aber auch anderen Geschlechtern bedeuten (z.B. agender, non-binary, demigirl, ...). Man "hüpft" also zwischen den Geschlechtern hin und her.

Das verursacht oft eine ziemliche Dysphorie, also ein Unwohlsein, wenn Gender und Sex gerade nicht übereinstimmen (also wenn man biologisch ein Mädchen ist, sich aber gerade als Mann fühlt, dann hat man Probleme mit seinen weiblichen Geschlechtsteilen, dem Aussehen, den Pronomen und der Art, wie man angesprochen / von anderen gesehen wird, also so als wäre man transsexuell, aber halt temporär).

Wie erkennt man nun, dass man Genderfluid ist? Naja, das ist nicht so ganz einfach, aber ein paar Gedanken dazu: Es gibt einen Unterschied zwischen z.B. "sich männlich fühlen" und "gerne Männersachen" tragen und "sich tatsächlich wie ein Mann fühlen". Ich kleide mich an manchen Tagen sehr "weiblich" (Schminke, Kleid, usw), an anderen Tagen wiederum ziemlich "männlich" (Hemd und Krawatte/Fliege). Trotzdem fühle ich mich als Frau. Ich bin zufrieden damit, als "sie" bezeichnet zu werden. Ich bin weiblich und finde das auch voll ok so. Gender expression und Gender müssen nichts miteinander zu tun haben. Sie können es aber.

Was "männlich" ist und was "weiblich" ist, ist von der Gesellschaft ziemlich normiert. Aber man muss sich als Frau nicht immer besonders weiblich geben und fühlen. Das ist ganz normal. Manchmal fühlt man sich in seiner "Rolle" als Frau nicht wohl. Das gilt auch für Männer! Dieses Unwohlsein kann ganz schön stressen und einen runterziehen. Wenn man auf der Suche nach seiner "wahren Identität ist", ist das verwirrend. Wenn man dann etwas findet, was seinen Zustand erklärt und beschreibt, ein Wort dafür bietet, was man vorher für "unnormal" gehalten hat, kann das befreiend sein.

Nur die Person selbst kann wirklich sagen, was sie iist. Fühlt sie sich genderfluid? Dann ist sie es wahrscheinlich. Nicht sicher? Dann sollte man noch etwas warten, nachdenken, Berichte von (anderen) Genderfluids anhören oder lesen und gucken, ob man vielleicht ähnliche Erfahrungen macht.

Also: Es kann sein, dass man z.B. einfach "nur" ein Mann ist. Auch Männer haben manchmal "weiblichere Seiten" und das ist ok. Es kann aber auch sein, dass man genderfluid ist. Oder dass man ein ganz anderes Geschlecht hat, das man (noch) nicht auf dem Schirm hat.

Liebe Grüße

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